Exil
der Optik halber angelegt, damit die Touristen sich in vergangene Zeiten träumen können. Es wäre wirtschaftlicher, die Büsche zu roden, Kühe darauf zu halten oder den Kaffee nach Kenia zu schmuggeln, so wie es am Kilimandscharo gemacht wird. Aber von hier aus ist es zu weit bis Kenia.
Viele Bauern haben ihre Kaffeesträucher gerodet, was inzwischen aber nicht mehr erlaubt ist. Jetzt lassen sie an der Straße vier Reihen mit Kaffee stehen, roden die Mitte des Feldes und verwenden den Boden als Viehweide oder um Bananen, Bohnen oder Mais anzubauen.
Wir überqueren den Fluss am Fischbassin, in dem die Familie Regenbogenforellen züchtet, die sie den Hotels in Arusha verkauft.
Goldmöschen
Ich spiele mit Anton, der nur Swahili, gemischt mit vereinzelten englischen Flüchen, sprechen kann.
»Gehst du mit schwimmen?«, fragt mich Sofie, als wir gegessen haben. Anton hat sie ins Bett gebracht. Es ist bereits dunkel.
»Willst du jetzt noch ins Tanzanite?«
»Nicht im Tanzanite, im Forellenteich.«
»Okay.« Der Forellenteich ist von Lampen auf einer kleinen Brücke über dem Fluss erleuchtet. Sofie hat goldene Ringe an den Zehen. Wir spüren die Fische beim Schwimmen kaum, sie weichen uns aus. Es ist total verrückt, das Wasser lebt mit silberblauen Blitzen.
Wir steigen aus dem Teich.
»Möchtest du Tee?«, fragt Sofie.
»Ja.« Wir gehen auf die breite Veranda, die sich über die gesamte Länge des Haupthauses zieht. Von hier aus sieht man die Kaffeesträucher.
Mahmoud serviert den Tee in einer alten Silberkanne auf einem arabischen Kupfertablett, in kleinen Gläsern mit Goldverzierungen. Er schenkt auf die arabische Art ein – von hoch oben. Ein Land Rover nähert sich auf dem holprigen Feldweg. Sofie horcht, dann lächelt sie.
»Ist es Pierre?«
»Ja«, sagt sie und rutscht ungeduldig auf ihrem Stuhl hin und her.
»Dann geh doch raus und begrüß ihn«, sage ich, als der Wagen hinter das Hauptgebäude fährt.
»Nein, er kommt schon.«
»Wo ist denn mein Goldmöschen?«, ruft er aus der Wohnung.
»Goldmöschen?« Ich muss kichern. Sofie schüttelt lächelnd den Kopf.
»Wir sind hier draußen!«, ruft sie. Er kommt. Sofie steht auf, sie umarmen und küssen sich. Was für ein Mist, das mitansehen zu müssen.
»Samantha«, sagt Pierre – ein wenig verlegen, glaube ich. »Hallo, ich wusste nicht, dass du hier bist.«
»Ich mach’s mir gerade mit Goldmöschen gemütlich«, sage ich. Er lacht. Sofie versetzt ihm einen kleinen Stoß: »Du sollst das doch nicht sagen, wenn Leute es hören können.« Pierre grinst. Er geht ins Haus, um zu duschen. Ich schaue Sofie fragend an.
»Sie ist vergoldet«, sagt sie und lacht.
»Okay.«
»Na ja … das war damals, bevor ich Pierre in der Serengeti traf. Ich bin mit einem Franzosen nach Kenia gekommen, einem ehemaligen Soldaten. Jacques. Wir sind im Kongo gewesen, um Gold zu kaufen, das er nach Indien schmuggeln wollte, wo die Preise höher waren. Aber zuerst mussten wir nach Kenia, und der nächste Flughafen war Kigali in Ruanda. Bist du mal da gewesen?«
»Nein.«
»Tja, aber die Landschaft ist wirklich schön, tatsächlich das hübscheste Land, in dem ich je gewesen bin. Und das Gold bereitete auch gar kein Problem, bis wir ins Flugzeug sollten. Der Flughafen war glücklicherweise total primitiv, es gab keine Metalldetektoren, aber es hätte durchaus passieren können, dass man unser Gepäck durchsucht. Also hat Jacques gesagt, ich soll mir das Gold in die Scheide stecken – natürlich in einem Kondom. Und das habe ich getan, es ging durchaus, es entsprach ungefähr einem mittelgroßen Schwanz. Aber Gold ist schwer, es wog ungefähr ein Kilo, und ich war einfach nicht stark genug, um es in mir zu behalten. Mir stand der kalte Schweiß auf der Stirn.«
»Und? Ist es herausgefallen?«
»Nein, nein, ich habe eine Hosentasche zerrissen, um es festzuhalten. Ich hatte die Hände so tief in den Taschen vergraben, als hätte ich Juckreiz.«
»Hätte es sich dieser Jacques nicht auch in den Hintern stecken können?«
»Das habe ich auch vorgeschlagen. Aber er fand das gar nicht komisch.«
Die Tage in der Lodge sind schön. Doch dann geht es zurück ins Sklavenlager.
Mutters Trick
Christian darf wieder mit dem Motorrad zur Schule fahren, weil sein Vater ihn nicht zur Schule bringen kann. Vor der letzten Stunde schieben wir das Motorrad vom Parkplatz auf die Lema Road, wo uns keiner hört. Christian startet, ich springe auf, wir fahren los und biegen auf eine
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