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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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fahren so schnell auf die Lena Road, dass der Staub aufwirbelt.
    »Der fährt ja klasse!«, rufe ich und versuche, den Wind und den Motorenlärm zu übertönen, als wir zum YMCA-Kreisel kommen, an dem wir Moshi verlassen. Sämtliche Kinder schreien und winken beim Anblick des Wagens.
    »Ich habe ihn gerade überholt. Neu lackiert, den Motor komplett durchgesehen, alles.« Die Zigarette raucht sich im Wind beinahe von allein, mein Haar peitscht meinen Nacken. Ob Mick für seine Arbeit in Tanga bezahlt wird? Ich frage ihn.
    »Der Aufenthalt ist gratis«, erwidert er. »Essen, Schnaps, alles.« Alles? Was ist alles? Alison und ich auch? »Außerdem bekomme ich das beste Gewehr deines Vaters, und er schuldet mir einen Hotelaufenthalt, wenn ich ein paar Touristen besorge, die gern tauchen.«
    »Hast du mit Alison gesprochen?«
    »Nein, meine Mutter hat mit ihr geredet. Was macht sie in Dar?«
    »Sie hat gesagt, sie will dort einen Mann aufgabeln, den sie heiraten kann«, antworte ich, ohne ihn anzusehen. Ich merke, wie Mick mir den Kopf zudreht.
    »Ah ja.« Vielleicht ist er enttäuscht, aber sie ist ein Jahr älter als er.
    »Kann sein, dass du zu spät kommst.«
    »Ach, es gibt viele Fische im Wasser«, entgegnet er. Ich kommentiere es nicht.
    Der Asphalt hört auf, als wir an der Road Junction rechts abbiegen. Der feine rote Staub der Fahrbahn explodiert an den Rädern in Wölkchen.
    »Willst du auf der Lodge bleiben?«
    »Nein«, schreit Mick über den Motorlärm. »Ich komme mit meinem Bruder nicht klar. Aber erst muss ich mir etwas Geld beschaffen. Dann ziehe ich eine eigene Autowerkstatt für Safariveranstalter in Arusha auf. Vielleicht kann ich aus Dubai Gebrauchtwagen importieren. Ich bin dort zwischengelandet. Jede Menge guter Gebrauchtwagen, billig. Sobald die Importrestriktionen ein bisschen aufweichen, ist der Weg frei.«
    Fisch am Haken
    Wir kommen vollkommen verstaubt in Tanga an, biegen auf die Lehmpiste an der Küste und halten vor dem Baobab Hotel. Mutter kommt heraus. Umarmt mich und Mick.
    »Douglas kommt in ein paar Tagen zurück«, berichtet sie. »Und Alison ist schon hier. Sie ist gerade schwimmen. Im Augenblick sind nicht sehr viele Gäste da, ihr bekommt jeder euren eigenen Bungalow.«
    Mutter geht zur Rezeption, holt die Schlüssel und teilt mit, dass es um sechs Uhr wie immer den Sundowner auf der Terrasse gäbe. Ich werfe meine Tasche in den Bungalow und springe die kaputte Treppe zum Strand hinunter. Alison schwimmt weit draußen. Ich ziehe mich bis auf den Slip und das Unterhemd aus, werfe mich in die Wellen und arbeite mich langsam zu ihr vor.
    »Hey!«, rufe ich und winke; sie schwimmt auf mich zu und umarmt mich, dass wir mit den Köpfen unter Wasser geraten. Wir plantschen. »Ist Mick auch hier?«, fragt sie.
    »Er wollte sich die Motoren ansehen. Wie lief’s in Dar?« Alison lächelt und zwinkert mir mit einem Auge zu, während wir strampeln, um uns über Wasser zu halten.
    »Es gibt einen Fang.«
    »Du lügst!«
    »Ein großer Fisch ist am Haken.«
    »Scheiße, das ist doch nicht wahr, oder?« Alison hebt eine Augenbraue, weil ich fluche. Vater will nicht, dass wir fluchen, und Alison ist schon genauso.
    »Frans«, sagt sie. »Ein Holländer. Der neue Chef des KLM -Büros in Dar.«
    »Und? Ist er nett?«
    »Er ist hübsch.«
    »Wann wirst du ihn wiedersehen? Wann darf ich ihn sehen?«
    »Bald, Samantha. Aber ich will den Haken noch ein bisschen tiefer in ihn versenken, bevor er unsere lieben Eltern kennenlernt.«
    »Klar. Vernünftig.« Wir schwimmen an Land, duschen und treffen uns auf der Veranda. Mick zeigt mit dem Finger auf sich, als er von Frans hört. »Und was ist mit mir?«
    Alison lächelt: »Und was ist mit Samantha?«
    »Ich will doch nicht Mick – ist doch bloß ein großer Junge!«
    »Und du bist nur ein kleines Mädchen«, entgegnet Mick.
    »Nein, ich bin jetzt ein großes Mädchen.« Ich fasse mir an die Brüste und ziehe einen Schmollmund.
    Mick nickt.
    »Hör auf, dich so zu benehmen«, sagt Mutter.
    Hygiene
    Ich helfe Mick bei den Motoren. Wir nehmen sie auseinander, reinigen, schmieren und justieren sie. Mick opfert den schlechtesten, um Ersatzteile für die anderen zu haben. Wir setzen den ersten Motor wieder zusammen. Probieren ihn aus. Ich stehe auf Wasserskiern. Wir tauchen mit Harpunen nach Tintenfischen und klopfen sie auf den Felsen weich.
    »Fahr jetzt los, Mutter«, sagt Alison beim Mittagessen. »Du hast schöne Ferien verdient.«
    »Ich muss dir doch

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