Exil
segele nicht. Mein Mann benutzt das Boot hin und wieder«, sagt sie und wendet sich wieder Alison zu. Melinda hat ein Junges ausgeschissen, und Alison plant, den Haken ganz tief in Frans zu versenken, damit auch sie nach Daressalaam kommen und ein Junges ausscheißen kann – sie haben viel zu bereden. Ich laufe ein bisschen auf dem Platz herum, wo die Boote stehen, an den Strand und zurück zum Bar- und Restaurantbereich.
»Sam?« Ich drehe mich um. Ein sonnenverbrannter Junge in Shorts und Spiegelglassonnenbrille.
»Jarno!«
»Ja, beinahe.«
»Was machst du hier?« Er zuckt die Achseln und zeigt auf die Bierflasche, die er in den Sand gebohrt hat. Ich lächele und setze mich zu ihm. »Tja, es bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als sich daran zu gewöhnen. Hast du eine Zigarette?«
»Ja«, sagt er und breitet die Arme aus. Er war zu Hause in Msumbe, hat sich ein paar Tage gelangweilt, nun wohnt er die letzten Tage der Semesterferien in Norads Gästehaus in Dar. Norad arbeitet für seinen Vater. Das Haus liegt in unmittelbarer Nähe vom Drive-in-Kino. »Du musst mal vorbeikommen und mit mir essen.«
»Gibt’s einen Koch?«, erkundige ich mich.
»Ja, klar. Fest angestellt. Er kauft ein und kocht. Als wäre man zu Hause, nur ohne Vater und Mutter, ist also ziemlich optimal.« Jarno ist ziemlich angetrunken, sonst könnte er so viele Worte hintereinander überhaupt nicht herausbringen.
»Gibt’s auch einen Barschrank?«
»Leider nicht.« Jarno schüttelt den Kopf.
»Ist heute Abend irgendwo eine Fete?«
»Ich habe nur vom Marine’s Club gehört.«
»Das ist so langweilig.«
»Weiß«, erwidert Jarno und sieht sich um. Die einzigen Schwarzen hier sind die Kellner, der Barkeeper, der Koch und der Mann mit dem Besen. »Wir kommen ins schwärzeste Afrika und landen im weißesten Klub.«
Endless Love
Am Abend fahre ich mit Jarno auf einem Motorrad, das er sich geliehen hat, ins Autokino. Zum Glück regnet es nicht, und ich muss mit diesem geilen Burschen nicht in einem geschlossenen Auto sitzen.
»Hey, Sam, Jarno!«, grüßt eine Stimme. Es ist Aziz, der meint, den Playboy spielen zu müssen, getönte Sonnenbrille trotz der Dunkelheit. »Kommt her und stellt euch hierhin, wir haben Schnaps dabei«, sagt er und erklärt uns, wo er parkt. Dann geht er zum Kiosk, um Chips zu kaufen. Jarno lässt das Motorrad an, wir fahren dorthin. In einigen Wagen wird gehupt, als wir vorbeifahren, denn der Film hat schon angefangen. Wir zeigen ihnen den Finger. In Aziz’ Auto sitzen ein paar junge einheimische Mädchen; sie stammen nicht aus Msasani, dazu sind ihre Klamotten nicht teuer genug. Im Wagen daneben sitzt Diana mit ein paar italienischen Mädchen, die auf die internationale Schule in Dar gehen.
Wir plaudern ein bisschen, sehen uns den Film an. Endless Love , der so lächerlich ist, dass die Afrikaner in ihren Autos laut lachen. Ich lache mit. Die Romantik der Weißen mit sanfter Musik und verschwommenen Bildern. Als würde in den Menschen nicht das Tier wohnen. Das Paar im Film sieht nicht einmal aus, als hätten sie Spaß dabei. Uhhh – ist das alles ernst.
»Da gibt’s gar nichts zu lachen«, erklärt Diana barsch.
»Nein, das ist wirklich ein guter Film«, unterstützt sie Jarno, den ich schon mehrmals dabei erwischt habe, wie er Dianas Busen angestarrt hat. Er geht vollkommen in dem Film auf – sanft und romantisch. Begreift er denn nicht, dass Diana genommen werden will, damit sie sich selbst einreden kann, sich in den Armen des Eroberers geborgen zu fühlen?
Africana
Ich trinke ein bisschen von dem Konyagi, den Aziz mitgebracht hat. Salomon mit seinen Dreadlocks taucht auf und fragt, ob wir mit ins Africana kommen, das große Touristenhotel an der Nordküste. Dort ist heute Abend Disko – ziemlich finster, die achten überhaupt nicht darauf, wen sie hineinlassen. Die einzige andere Möglichkeit ist das Kilimanjaro Hotel am Hafen, in dem The Bar Keys spielen, aber das ist teuer. Hotel Africana, okay. Jarno versucht, Diana zum Mitkommen zu bewegen, aber sie will nicht.
Als der Film vorbei ist, fahren wir hin; eine lange Fahrt in der Dunkelheit entlang der Küste. Der Duft des Meeres.
Das Africana ist voller fetter weißer Männer mit feisten schwarzen Frauen. Die Musik ist okay, aber Jarno tanzt nicht, bevor er nicht besoffen ist; er steht nur da und wiegt sich mit geschlossenen Augen zur Musik. Aziz will, dass ich ihn in eine Ecke begleite.
»Ich hab was Gutes«, sagt er und holt eine
Weitere Kostenlose Bücher