Exil
bizarr.« Er schaut über die Klasse und berichtet: »Der Richter fuhr in einem Mercedes vor, der fünf Mal so viel kostet, wie sein offizielles Jahresgehalt beträgt. Und im Gerichtssaal konnte ich den Dieb nicht mal identifizieren. Als ich ihn ins KCMC gebracht habe, war sein Gesicht voller Blut und Staub. Im Saal aber saß ein sauberer Mann mit Krücken und Narben im ganzen Gesicht, ein Arm lag in Gips.«
»Wie lange hat er bekommen«, fragt Panos nach.
»Ein Jahr Gefängnis. Klau ein bisschen, und sie schmeißen dich ins Gefängnis; klau ’ne Menge, und sie machen dich zum König.«
»Haben Sie ihre Hose wiederbekommen«, will ich wissen.
»Nein«, erwidert Cooper mit einem schiefen Lächeln. »Das Beweismaterial war auf wundersame Weise aus dem Polizeirevier verschwunden. Vielleicht ist sie spazieren gegangen.«
Henry hebt den Arm, sein Vater ist mit dem Regionalkommissar befreundet: »Wollen Sie damit andeuten, dass die Polizei korrupt ist?« Henrys Schulgeld jedenfalls wird eindeutig durch massive Korruption beschafft.
»Ich deute überhaupt nichts an«, erklärt Cooper. »Ich erzähle nur, was passiert ist.«
Ein paar Tage später hören wir, dass Owen zu einem Gespräch mit dem Regionalkommissar musste, der ihn zurechtwies, weil seine Lehrer andeuten, das sozialistische tansanische Rechtssystem sei korrupt. Der Regionalkommissar soll damit gedroht haben, dass Cooper die klassischen vierundzwanzig Stunden zugebilligt bekäme, um das Land zu verlassen. Ein Vorgehen, das Tansania sich von der Sowjetunion abgeguckt hat. Es blieb bei der Drohung, vermutlich hat Owen beim Schulgeld einen Nachlass gewährt.
Bauernfängerei
Als ich nach der letzten Stunde zum Kilele komme, sitzt Alison auf einer Bank vor dem Haus.
»Willst du mit ins Tanzanite?«
»Ja, natürlich!« Ich umarme sie. Sie ist aus Tanga gekommen. Sonntag wird sie Frans am Kilimanjaro Flughafen treffen, sie fliegen eine Woche nach Holland, um Alison seiner Familie vorzustellen. Ich beeile mich mit dem Packen. Alison war bereits bei Owen und hat ihm mitgeteilt, dass ich das Wochenende mit ihr verbringe. Bestimmt hat Owen sich darüber ausgelassen, wie verschieden wir sind, und Alison gebeten, mir ein bisschen von ihrem Ordnungs- und Arbeitssinn zu vermitteln. Sie hat sich in der Schule immer benommen.
»Ziehst du danach zu Frans?«, frage ich sie auf der Fahrt nach Arusha.
»Ja. Also, Frans weiß noch nicht, dass ich das Tempo ein bisschen erhöhe, weil Halima bei uns eingezogen ist. Aber jetzt kann sie ja das Hotel für Vater führen. Clever genug ist sie, Samantha.«
»Was meinst du?«
»Sie hat den Alten an der Nase herumgeführt. Sie war überhaupt nicht schwanger, als sie es behauptet hat.«
»Hat sie das nur gesagt, um ins Haus zu kommen?«
»Nein, nein, sie hat’s schon ein bisschen geschickter angestellt. Sie hat es gesagt, um zu sehen, wie er reagiert. Und er hat sie ins Haus geholt. Na ja, und jetzt hat sie dafür gesorgt, dass sie tatsächlich schwanger ist.«
»Wie?«
»Samantha, man kann nur einmal schwanger werden. Und als Vater dachte, Halima sei schwanger, gab es keinen Grund mehr, ein Kondom zu benutzen. Er konnte einfach abspritzen. Und so wurde sie schwanger …«
»Meine Herren … weiß Vater das?«
»Ja, er sagt selbst, dass es so ablief.«
Alison grinst.
»Findet er das lustig?«
»Na ja, so etwas respektiert er – dass sie ihn drangekriegt hat. Tja, der Mann ist schon eigenartig.«
»Findest du es denn komisch?«
Alison wird ernst.
»Mutter hat ihn verlassen. Das ist jedenfalls besser für sie.«
»Wenn es stimmt, was du sagst, und er jahrelang alles flachgelegt hat, was nicht rechtzeitig auf den Bäumen war, warum ist er dann so lange mit Mutter zusammengeblieben?«
»Er wollte uns auf einem guten Weg sehen, und sie hat dafür gesorgt.«
»Ich bin auf keinem guten Weg.«
»Nein, vielleicht nicht«, meint Alison. »Aber du kannst bei Mutter wohnen, wenn du nach England kommst.«
»Aber dazu habe ich keine Lust.«
»Ich weiß. Aber du könntest etwas lernen und hinterher wieder herkommen, so wie ich.«
»Wie?«
Alison seufzt.
»Samantha, du fragst ständig: Was passiert jetzt? Mit mir, mit dir, mit … allem. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass wir Vater nicht mehr brauchen. Er wird sicher bezahlen, wenn du bis zur zwölften Klasse in der Schule bleiben willst, und du kannst auch bei uns in Dar wohnen, wenn du Ferien hast. Aber anderenfalls fliegst du nach England. Ich freue mich
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