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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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winkte und auf einige hübsche Schnitzereien auf einem Büchergestell aus dunklem Holz deutete.
    Bitte ziehen Sie diese Rebe in Ihre Richtung. Dann sollte sich die Einheit öffnen.
    Treten Sie dann ganz leise hindurch und schließen Sie den Zugang FAST. Achten Sie darauf, dass er sich nicht verriegelt.
    Sein Herz klopfte bereits, und Hamish fand es beruhigend, dass ihm die Stimme den Rückweg offen ließ. Dadurch fühlte es sich weniger nach einer Falle an.
    Seine Fingerkuppen tasteten über Reben, die an dem Büchergestell emporkletterten, und er fragte sich, ob so gute, kunstvolle Schnitzereien heute noch möglich waren. Die Eiferer des sogenannten Zeitalters der Amateure behaupteten, jede Kunst und jedes Handwerk könnte dupliziert werden – nicht von Maschinen, sondern von engagierten Laien.
    Hamish fand diese Behauptung schmerzlich, arrogant und sogar ab scheulich.
    Er zog an der Stelle, auf die die schwebende Hand zeigte. Ohne ein Knarren und völlig reibungslos bewegte sich ein Hebel an einer Angel, und mit einem Klicken öffnete sich das ganze Büchergestell einige Zentimeter weit. Es ließ sich leicht bewegen, obwohl die vielen Bücher sicher einiges wogen – Hamish vermutete moderne Kugellager –, und dahinter erstreckte sich ein dunkler Gang.
    Das rechte Auge konnte in der Düsternis nichts erkennen. Aber dem linken zeigten sich vage Orientierungslinien dort, wo sich Boden und Wände trafen. Hamish zog das Gestell hinter sich fast zu, trat dann langsam und vorsichtig durch den Gang und dachte dabei an Geschichten von Edgar Allan Poe.
    Direkt voraus befindet sich in Augenhöhe eine Holztafel in der Wand.
    Zwei Meter, jetzt einer.
    Strecken Sie den Arm dorthin, wohin meine Hand weist.
    Hamish fühlte ein leichtes nervöses Zittern in den Fingern, als er den Arm ausstreckte. Zwar wusste er, was ihn erwartete, aber trotzdem spürte er einen kurzen Schauer, als seine Hand durch den weißen Handschuh glitt, ohne auf Widerstand zu stoßen. Millionen Jahre alte Instinkte waren schwer zu überwinden.
    Greifen Sie nach dem Riegel.
    Schieben Sie die Tafel vorsichtig nach links, bis ein Spalt erscheint.
    Nach einer kurzen Pause fügte die Stimme einige mahnende Worte hinzu.
    Sehen Sie zu, aber seien Sie still.
    Hamish schob die Holztafel nach links und bückte sich.
    Augenhöhe. Ja, vielleicht für normale Leute.
    Auf der anderen Seite der Tafel war es dunkel, aber seine Augen gewöhnten sich schnell daran, auch das rechte, nicht von KI unterstützte. Schon nach kurzer Zeit erkannte er einen holzvertäfelten Raum mit steinerner Kuppeldecke, wie in der hinter ihm liegenden Bibliothek. Doch in diesem Raum gab es keine Bücher, nur Statuen. Dutzende Figuren aus Marmor oder Bronze standen unten in Wandnischen und weiter oben auf einem Balkon im zweiten Stock. Von dieser Höhe aus blickte Hamish nach unten, vorbei an einer nahen Skulptur, die eine hinduistische Tänzerin oder Göttin darstellte, mit großen Brüsten, schmaler Taille und nur einem Armpaar.
    Hamish sah an ihrem aufreizenden Nabel vorbei und erspähte unten etwa zwei Dutzend Personen, versammelt an einem Tisch, von dem das einzige Licht kam. Ihre Schatten ragten wie die Blütenblätter einer dunklen Blume über den Boden und kletterten die Wände hoch, menschliche Silhouetten zwischen den Statuen. Die gedämpften Stimmen waren so leise, dass Hamish kein Wort verstand, aber er erkannte das falkenartige Gesicht von Tenskwatawa und die Züge des Gastgebers Rupert Glaucus-Worthington. Bei ihnen saßen mehrere Eminenzen aus beiden Lagern, ihre Gesichter blass und undeutlich, doch in ihren Augen spiegelte sich das Licht der Lampe glitzernd wider.
    Ich dachte, sie wollten unter sich sein, um Einzelheiten des Bündnisses zu besprechen, dachte Hamish. Die Aufteilung der Macht, und welche Politik es zu betreiben gilt. Doch dies sieht nach einer Art Zeremonie aus.
    Werde ich vielleicht Zeuge eines geheimen Initiationsritus der Illuminaten?
    Aufregung prickelte in Hamish. Ich habe immer geglaubt, dass es übertriebene Gerüchte sind, von meinen Sci-Fi-Kollegen in die Welt gesetzt. Könnte dies bedeu ten, dass die Oligarchie tatsächlich einen ritualisierten inneren Kern hat? Einen Kern, in den der Prophet nun aufgenommen wird?
    Aber ich nicht?
    Hamish unterdrückte den in ihm aufkeimenden Neid, konzentrierte sich stattdessen auf Neugier und fragte sich: Wie können mich meine Quellen in eine so falsche Richtung gesteuert haben?
    Es dauerte nicht lange, bis Hamish

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