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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Blick und nickte. Der andere navigierte mit Zahnklicken und leisem Brummen durch virtuelle Räume, während er mit verschränkten Armen dastand.
    Nichts deutete darauf hin, dass Hamish sie irgendwie interessierte. Natürlich konnten sie gute Schauspieler sein, aber das bezweifelte er.
    »Nun, Mr. Brookeman?«, flüsterte die Stimme in seinem Ohr. »Dies wird interessant, das verspreche ich Ihnen.«
    Hamish zögerte, bevor er einen zweiten Spieß nahm und lässig-locker durch den Mittelgang wanderte. Seine Entscheidung hatte von vorneherein festgestanden. Neugier war ebenso fest in seiner DNS verankert wie schadenfroher Pessimismus im Rahmen seiner Arbeit. Eine katholische Doktrin lautete: Gott führt den Menschen nur so weit in Versuchung, wie er ihr widerstehen kann. Das ließ sich zu seiner Verteidigung anführen, wenn dies tatsächlich ein Test war. Ich muss herausfinden, was vor sich geht.
    »… haben die früheren Aristokratien gelegentlich die Zufuhr frischen Blutes von unten erlaubt.« Mit einem Signallaser schob der Referent grafische Holos in der Luft beiseite und ließ andere 3D-Bilder entstehen, die Männer in Kettenhemden und Frauen in höfischer Kleidung zeigten. »Tapfere Fußsoldaten, die auf dem Schlachtfeld Ruhm und Ehre erwarben, konnten in der Gesellschaft aufsteigen. Schöne Frauen heirateten in höhere Stände ein oder errangen als Mätressen mittleren Status …«
    Hamish nahm auf der anderen Seite des Mittelgangs Platz, knabberte am zweiten Spieß, tastete mit der freien Hand übers Polster … und fand eine kleine Beule im Stoff. Sie ließ sich beiseite schieben, und darunter fand er etwas, das sich nach einem mehrfach gefalteten Zettel anfühlte.
    »Gut«, flüsterte die Stimme in seinem Ohr. »Nehmen Sie jetzt die Linse heraus und machen Sie Gebrauch von ihr. Wenn Sie Schwierigkeiten dabei haben, können Sie es auf der Toilette machen. Dort gibt es keine Sicherheitskameras.«
    Hamish runzelte die Stirn. Unter dem Papier fühlte er die Konturen einer weichen Scheibe. Ich verabscheue die Dinger . Moderne Kids hielten sie für selbstverständlich. Natürlich konnte heutzutage jeder perfektes Sehvermögen erlangen, aber es mangelte nicht an Leuten, die sich solche Linsen in die Augen schoben und die Welt durch künstliche Layer betrachteten. Wer dies geplant hatte, musste wissen, dass Hamish derartigen Spielereien ausgesprochen skeptisch gegenüberstand. Aber vermutlich wusste er auch, dass Hamish gelegentlich KIntaktlinsen benutzte. Wenn es sein musste.
    Na schön. Ich kriege das schon hin. Und zwar ohne einen Abstecher auf die Toilette, ihr herablassenden Dussel.
    Mit der linken Hand außer Sicht befreite Hamish die Linse vom Papier und balancierte sie dann auf der Fingerkuppe. Lass sie nicht fallen. Selbst bei den Schweizern ist der Boden für KIware nicht sauber genug .
    Er gab vor, sich an einem Stück Schweinefleisch verschluckt zu haben, hustete, beugte sich vor … drückte ein Lid nach oben und setzte sich die Linse aufs Auge. Vielleicht ein bisschen zu grob – er war außer Übung. Das letzte Mal lag Monate zurück. Das linke Auge brannte, als er blinzelte, beschwerte sich auf diese Weise über den Fremdkörper. Tränen flossen, und für fast eine Minute blieb jener Teil der Welt verschwommen. In der Zwischenzeit teilte der Referent seinen Zuhörern mit:
    »… war es bei einigen afrikanischen Stämmen üblich, dass der Häuptling seine Braut aus armen Clans wählte. Die Juden im mittelalterlichen Europa hatten keine Aristokratie, die sich auf Land oder militärische Macht stützte, weshalb ihre Elite auf akademischer Leistung basierte. Die intelligentesten jungen Rabbis, selbst die einfach geborenen, heirateten Töchter der Reichen, mit gut bekannten genetischen Konsequenzen. Ebenso gut bekannt sind die Folgen in Kulturen mit priesterlichem Zölibat, das zu einer Auslese führte bei …«
    Schließlich versiegten die Tränen, und Hamish konnte wieder sehen. Die geheimnisvolle Stimme brauchte jetzt nicht mehr auf Wriggles zurückzugreifen, um sich verständlich zu machen. Sie schrieb Worte vor Hamishs linkes Auge.
    Bitte stehen Sie auf, wieder ganz beiläufig, und folgen Sie dem Punkt.
    Ohne Zögern oder Vorbehalte (er hatte den nervigen »Eugenik«-Sprecher ohnehin satt) erhob sich Hamish und ging zum Hinterausgang. Er kam erneut an den beiden Männern vom Sicherheitspersonal vorbei, aber diesmal sah er sie nicht an. Kaum durch die Tür, erschien ein gelber Punkt in seinem

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