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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Mei Ling immer, wenn Bin über die langsame Verbindung und den zerkratzten Schirm klagte. »Zumindest dazu ist er verpflichtet. Eine Grundausbildung. Es gehört zum Big Deal.«
    Xiang Bin teilte ihre Gewissheit nicht. Große Versprechen schienen dazu bestimmt zu sein, in der Erinnerung der Armen zu bleiben, während sie von den Mächtigen schnell vergessen wurden. So war es immer gewesen. Das konnte man selbst der zensierten Geschichte entnehmen, die über den kleinen Bildschirm flackerte, wenn Bin und seine Frau abends erschöpft in den Schlaf sanken, von Wellen geschaukelt. Von eben jenen Wellen, die das alte Strandhaus schneller zerfraßen, als sie es stabilisieren konnten.
    Würden die Staatsbeamten die Registrierung von Xiao En überhaupt zulassen? Bei der Geburt war eine genetische Probe des Babys hinterlegt worden, doch genügte das für einen Anspruch auf Bürgerschaft in Neu-Schanghai? Oder würde die Meermauer auch noch eine andere Art von unerwünschtem Unrat aussperren, zusammen mit all dem Plastik und den Harzen, die der steigende Meeresspiegel immer höher an die Barriere aus Beton spülte?
    In dieser Welt vertrauten nur Narren auf Hilfe von oben.
    Selbst wenn sich ein bisschen Glück einstellte, konnte es schwierig sein, die Gunst der Stunde zu nutzen. Bin hatte sich mehr Zeit für die Erforschung der verborgenen Schatzkammer unter der großen überfluteten Villa erhofft, eines Zimmers mit schönen, bizarren Steinen, Kristallen und sonderbar gewundenen Metallbrocken. Mithilfe des Tablets stellte Bin Nachforschungen an, natürlich ganz vorsichtig, denn es gab Sniffer-Programme – Millionen von ihnen, vielleicht sogar Milliarden –, auf allen virtuellen Ebenen. Man musste sich sehr genau überlegen, wann und wo man was sagte, selbst in diesem niedrig aufgelösten Layer namens Realität. Wenn er zu auffällige Fragen stellte oder die geborgenen Gegenstände ganz offen zum Verkauf anbot, könnte jemand kommen und sie ihm wegnehmen. Immerhin war der frühere Besitzer zum Staatsfeind erklärt und enteignet worden.
    Mit einer einfachen Brille und zwei alten interaktiven Handschuhen wanderte Xiang Bin durch die billigen Viertel von World Town, The Village und Big Bazaar, in der Rolle von jemandem, der hobbymäßig Steine sammelte. Er stellte seine Fragen, so beiläufig wie möglich. Auf den virtuellen Märkten erfuhr er genug für einen Ausflug in die Stadt. Er nahm einen Beutel mit, der einige wenig spektakuläre Proben enthielt, und verkaufte sie für ein Viertel ihres Wertes einem Realladen in Ost-Pudong, nicht weit vom Vergnügungspark entfernt. Einem Laden, der in bar bezahlte: keine Namen, keine Aufzeichnungen.
    Nach so langer Zeit auf dem Meer fiel es Xiang Bin schwer, sich an den Rhythmus der Straße zu gewöhnen. Das Pflaster war hart und gab nicht unter ihm nach. Die summenden Wagen der Magnetschwebebahn verursachten einen seltsamen Juckreiz bei ihm, vor allem in den engen, schweißfeuchten Schuhen. Die ganze Zeit über dachte er an die zwanzig Millionen Bewohner, die ihn umgaben und wie eine gewaltige lebende Masse Druck auf ihn ausübten. Er fühlte ihre Präsenz ebenso deutlich wie die der Tausenden von Menschen, die auf überfüllten Gehsteigen an ihm vorbeidrängten. Viele von ihnen brummten vor sich hin oder wackelten mit den Fingern, interagierten mit Personen, die nur für sie existierten, und mit Dingen, die nirgends physische Substanz hatten.
    Der erste Trip in die Stadt hatte ihm nicht viel eingebracht. Bin dachte daran, es bald mit einem zweiten Laden zu versuchen und sich von den gewöhnlichen Gegenständen langsam zu den … ungewöhnlicheren Objekten vorzuarbeiten. Zu denen, die in verzierten Kästen aufbewahrt worden waren, in besonderen Regalen einer verborgenen Schatzkammer.
    Ein Gegenstand schimmerte sowohl in Bins Träumen als auch tagsüber, wenn er daran dachte. Bei seinen Online-Recherchen hatte er leider nichts gefunden, das dem Stein ähnelte, einer Art Mineral, von dem eigenes Licht ausging, wenn es eine Zeit lang in der Sonne gelegen hatte. In seinem Glanz funkelten kleine Steine, die zurückwichen, wenn man den Blick auf sie richtete, in eine Tiefe, die sowohl heller als der Tag als auch dunkler als die Nacht sein konnte. Bis Mei Ling darauf bestand, das Objekt in ein Tuch zu hüllen.
    Unglücklicherweise wurde die Zeit knapp. Bin fing kaum noch Fische – die Quallen-Invasion schien die Hälfte des Lebens aus der Bucht von Huangzhou verscheucht zu haben. Die Netze

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