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Exit Mosel

Exit Mosel

Titel: Exit Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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sich kaum von denen unterscheiden, die gleich gemacht wurden. Sie waren nicht dazu geeignet, an einer Pinnwand im Büro oder sonst wo zur Schau gestellt zu werden. Sie würden zwischen den Akten landen und nur von denen länger betrachtet werden, denen keine andere Wahl blieb. Hinzu kam dieser Gestank, ein Gemisch aus beißendem Brandgeruch und fauligen Moselwassers. Ersterer hatte Facetten von Fleisch, Plastik und Stoff. Vielleicht spielte ihm aber auch seine Einbildung einen Streich und er nahm den Geruch so wahr, weil es seiner Konditionierung entsprach.
    Walde machte den Platz für Dr. Hoffmann frei und ging zu Sattler, der etwas abseits in einer dem Wasser zugewandten Ecke des Prahms stand. Er atmete schwer.
    »Wir sollten …«, Sattler musste sich räuspern, »den Wagen ins Präsidium bringen und da in Ruhe untersuchen.«
    Nebenan flammten schnell hintereinander die Blitze einer Kamera auf.
    »In Ordnung. Dann nehmen wir uns erstmal die Stelle vor, wo das Auto gebrannt hat und in die Mosel gerollt ist«, sagte Walde und registrierte, wie Sattler verstohlen auf seine Uhr schaute.
    Walde drehte sich zu Dr. Hoffmann um, der mit einem Senken der Augenlider sein Einverständnis signalisierte, bevor er den beiden Männern zunickte, die am Ufer mit dem Alusarg warteten. Der Gerichtsmediziner half persönlich, die Leiche in eine Folie zu hüllen und dann in den Sarg zu heben.
    Nachdem der Leichenwagen abgefahren war, setzte ein Abschleppwagen zurück. Als die Hinterräder über die Stahlplattform an Deck rollten, neigte sich der Prahm, wobei die Verbindungen zu dem Schlepper markerschütternd knirschten. Nebenan öffnete sich auf dem Polizeiboot die Tür des Steuerhauses. Grabbe kam heraus. Er ging an der Reling entlang und reckte den Kopf, bis er eine Stelle fand, wo er, sich vorsichtig am Geländer festhaltend, auf den Prahm wechselte.
    Gabi und Stadler kamen ebenfalls auf das Schiff. Alle trafen sich am Wrack, vor dem Sattler in die Hocke gegangen war, um zu überwachen, wie das Abschleppseil befestigt wurde.
    »Der Brand ist eindeutig nicht im Motorraum entstanden«, rief der Techniker.
    »Ist der Tank explodiert?« Gabi ließ sich von Stadler Feuer geben.
    »Du guckst zu viele Actionfilme.« Der Chef der Kriminaltechnik zeigte auf den hinteren Teil des Kastenwagens. »Nach dem Zustand der Reifen zu urteilen, ist es hinten losgegangen.«
    »Also hat jemand Benzin oder Ähnliches darunter gekippt.«
    »Nicht unbedingt«, sagte Sattler. »Auch wenn ein Brandbeschleuniger über das Auto gegossen wurde, so kann er sich dennoch darunter gesammelt haben.«
    Walde ging neben den Wagen. Die Vorderreifen waren zwar platt, aber noch vorhanden, wohingegen an der hinteren Achse nur noch die blanken Felgen übrig geblieben waren. Der Lack auf der Karosserie war verschwunden, als hätte ihn jemand abgeschliffen. Um die Heckklappe herum hatte das Blech eine rostbraune Farbe angenommen.
    »Der Wagen weist keine Beschädigungen auf, die auf einen Unfall schließen lassen«, sagte Sattler.
    »Kann es Selbstmord gewesen sein?«, fragte Gabi.
    »Wenn du mir zeigst, wie jemand den Brandbeschleuniger, den er draußen verschüttet hat, von innen entfacht?«
    »Indem er eine Kippe aus dem Fenster wirft.« Gabi schnippte ihre über Bord.
    »Okay, aber wie macht er das, wenn er im Kofferraum liegt?«
    »Ich bin dann mal weg«, verabschiedete sich Dr. Hoffmann.
    »Wann werden wir von Ihnen hören?«, rief Walde ihm nach.
    »Möchte jemand der Obduktion beiwohnen?« Der Gerichtsmediziner war auf der Rampe zum Ufer stehen geblieben und drehte sich um. Außer Walde sah ihn niemand an.
    »Ich melde mich, sobald ich Ergebnisse habe.« Hoffmann geriet ins Stolpern, weil er die Schräge der Rampe anscheinend unterschätzt hatte.
    »Wann etwa?«, rief Walde.
    »Sobald ich was habe.« Hoffmann war schon kaum mehr zu verstehen.
    *
    Auf der stadtauswärts führenden Uferstraße gerieten sie in einen Stau. Nebenan auf den Fußgänger- und Radwegen waren viele Menschen unterwegs, alle in die gleiche Richtung. Als Walde den ersten blauweißen Schal entdeckte, wurde ihm klar, dass die Eintracht heute wohl ein Heimspiel hatte. Hinter dem Moselstadion löste sich der Stau auf. Eine Zeitlang schwiegen sie. Dann stöhnte Grabbe auf. »Ich bin total fertig. Meine Klamotten sind dreckig. Meine Schuhe sind nass.« Er nahm etwas in graues Papier Gewickeltes aus der Tasche. Es war Butterbrotpapier, wie Walde es zuletzt, er wusste es nicht, vielleicht vor

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