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Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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wenn diese zwei Jahre um waren?
    Ich legte den anderen Koffer flach hin und machte ihn auf.
    Noch mehr modische Herrenkleidung. Ein hübscher, schwarzer Smoking, fünf Anzughemden, Primo-Cowboystiefel, wahrscheinlich Schlangenleder, wahrscheinlich maßgefertigt. Burberry-Regenmantel, Kaschmirpullover, Wollschals, alles sehr britisch, pelzgefütterte Autohandschuhe. Und ein echter Kamelhaarmantel, wirklich hübsch.
    Jetzt die Kehrseite sozusagen. Zwei zerknitterte, zerrissene Quittungen für Wagenpflege in einem abgegriffenen Führer der Skigebiete der Welt. Mister Slater fährt, oder fuhr, einen fünfzehn Jahre alten Porsche. Das hieß diesen altmodischen Umgekehrte-Badewanne-Porsche, den niemand je mit einem anderen Auto verwechselte. Und zwei eselsohrige Dover-Taschenbuch-exemplare von Sir Richard Burtons Reisen in Arabien, mit persönlichen Notizen auf dem Buchdeckel, und schließlich ein nagelneues Exemplar von Beirut: Twenty-four Hours, noch eingeschweißt, mit einem Aufkleber, der es als Gewinner irgendeines Preises auswies.
    Ich drehte es um. Der unnachahmliche Elliott, windzerzaust in Rollkragen und Safarijacke, in angemessener Weise unglücklich dreinschauend meine Damen und Herren, dieser hat Entsetzliches gesehen, hat sein Leben riskiert, um diese Fotos zu machen das unvermeidliche Lächeln, melancholisch, Ich hatte wieder dieses flaue Gefühl, als wäre meine Highschool-Liebe eben an der Tür vorbeigekommen.
    Nun, ich war jetzt schon so weit gegangen, was war da noch ein bißchen Plastik? Ich machte das Buch ja nicht kaputt. Ich riß die Folie auf und ging zum Bett und zum Kaffee zurück.
    Beirut, eine nach Jahren von Stammeskriegen zerstörte Stadt. Das war starker Tobak. Die erschütternde Art von Fotojournalismus, die einem nichts erspart, doch der gewählte Bildausschnitt von jedem einzelnen Foto - das Nebeneinander von alt und modern, Tod und Technologie, Chaos und Abgewogenheit - ist so subtil, daß einen dieser heilige Schauer durchfährt, den nur große Kunst auslösen kann.
    Ein absolut sicherer Blick, so schien es mir, für die Eloquenz von Gesichtern, Gestalten in Bewegung. Licht und Schatten wie gemalt. Die Dunkelkammerarbeit war perfekt; er entwickelte seine Schwarzweißfotos wahrscheinlich selbst. In den Farbfotos waren Dreck und Blut so ßbar wie die Struktur einer modernen Plastik, die den Krieg zum Thema hat.
    Ich begann, den Kommentar zu lesen - er stammte auch von ihm. Er war zurückhaltend, klar, nahezu eine parallele Geschichte, in der das Persönliche dem, was gesehen und aufgenommen worden war, untergeordnet blieb.
    Ich legte das Buch beiseite. Mehr Kaffee. Elliott ist also ein guter Fotograf, und schreiben kann er auch.
    Aber was denkt er über sich selbst? Warum ist er hergekommen? Für zwei Jahre der Gefangenschaft? Was hat ihn dazu veranlaßt?
    Und warum wühle ich in seinen Sachen? Warum tue ich mir das an?
    Ich nahm noch einen Schluck Kaffee, stand auf und ging im Zimmer herum. Es war keine angenehme Erregung, es war eine unangenehRastlosigkeit. Ich erinnerte mich zweimal daran, daß ich ihn jederzeit herbringen lassen konnte, wenn ich wollte, aber das wäre nicht richtig gewesen, nicht richtig für ihn, nicht richtig für mich. Und ich konnte es kaum ertragen.
    Ich ging zum Nachttisch und nahm den Telefonhörer ab. »Verbinde mich mit Scott, falls er auffindbar ist. Ich warte.«
    Viertel vor eins. Scott war vermutlich dabei, sein Glas Scotch nach dem Essen zu trinken.
    »Lisa, ich wollte dich auch gleich anrufen.«
    »Warum?«
    »Um dir für das kleine Geschenk heute morgen zu danken. Ich habe es durch und durch genossen. Ich hatte nicht erwartet, ihn so bald in die Finger zu kriegen. Was ist in dich gefahren, ihn so wegzugeben? Wenn du behauptest, er habe dich enttäuscht, dann glaub 7 ich kein Wort. Bist du okay?«
    »Eine Frage nach der anderen, Scott. Aber laß mich die erste Frage stellen. Wie ist es gelaufen?«
    »Nun, ich habe ihn im Trainerunterricht vorgeführt, du weißt schon, Lektionen, wie man die Reaktionen eines Sklaven zu interpretieren hat, wie man seine Schwachstellen erkennt. Das hat ihn wahnsinnig gemacht. Ich dachte, er würde ausflippen, als die Klasse ihn zu examinieren begann, aber er blieb vollständig beherrscht. Auf einer Skala von eins bis zehn würde ich ihm glatte fünfzehn geben. Warum hast du ihn mir so früh überlassen?«
    »Hast du ihm was Neues beigebracht?«
    »Hmm ... Daß er mehr vertragen kann, als er sich zugetraut hat. Du weißt, was

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