Exit to Eden
wäre ich aus Ton. »Schlag sie dir aus dem Sinn. Männliche Sklaven kommen nicht in ihre Nähe. Denk an all die wundervollen Damen und Herren, für die sie dich ausbildet.«
»Was willst du damit sagen? Sie mag keine Männer, meinst du das? Und diese Diana und sie ...?«
»Du machst dich wegen nichts und wieder nichts verrückt. Sie mag überhaupt niemanden. Sie kann einfach nur mit allen Leuten besser umgehen als irgendwer sonst, klar?«
Aber eines bestätigten sie alle einhellig, wieder und wieder, daß sie die eigentliche Schöpferin des Clubs war. Sie hatte fast jedes der kleinen Spiele erfunden; die Sportarkaden waren ganz und gar ihre Idee gewesen, und sie hatte noch manch anderes Spiel im Entwurf bereitliegen.
Ich dachte immer wieder daran, wie sie gestern abend ausgesehen hatte, als sie in der Mitte der Sportarkaden gestanden und mit jenem seltsam ironischen Ton gesagt hatte: »Sind wir nicht Genies des exotischen Sex?« Sie war wirklich eine Art Genie. Aber ein Verdacht war in mir wach geworden. Wie stand sie zu dem, was sie erreicht hatte? War sie nur einen Bruchteil so beeindruckt davon wie ich? Wahrscheinlich nicht. Ich wünschte, ich hätte sie gepackt und geküßt wie Rudolph Valentino in Der Scheich.
Es war zu abwegig. Wie konnte ich solche Phantasien über sie haben, mir einbilden, sie könne lieben, sie könne fühlen, ich könne etwas in ihr auslösen? Es war ... wie in diesem verfluchten Song ... fast wie Verliebtsein.
Was, zum Teufel, hatte Martin noch gesagt? Daß Sadomasochismus möglicherweise die Suche nach etwas Bestimmten sei. Vielleicht suchst du nach einem Menschen, Elliott, und nicht nach einem System, und im Club bekommst du nur das System.
Ich brauchte Martin nicht, um mir zu sagen, daß ich nicht noch tiefer in diese Falle tappen sollte.
Hör auf das, was Mr. Eisenfinger dir sagt. Du mußt das System erwarten. Du mußt beweisen, daß Martin sich geirrt hat.
Aber den ganzen Tag spielte ich dieses nervtötende Spiel, nach ihr Ausschau zu halten. In Scotts Unterricht war ich halbwegs erleichtert gewesen, daß sie nicht anwesend war. Und halbwegs enttäuscht, daß sie nicht da war. Ich hielt in der Menge Ausschau nach ihr, während ich Drinks mixte und servierte und versuchte, die Komplimente und das Lächeln und das Gezwicktwerden zu genießen, wie es sich gehörte.
Andererseits waren da diese letzten, verwirrenden Augenblicke gestern nacht, als sie nackt in ihrem offenen Neglige ganz feucht und süß und rosig dastand und dieser Aufseher sie anglotzte, und sie alle diese Anweisungen stammelte, als stünde das Haus in Flammen. Zur Hölle mit ihr. Ich wollte sie packen und an mich drücken. Ich wollte sagen, laß mich hierbleiben, laß uns ein bißchen reden, laß uns ...
Ich wünschte, ich könnte mit Martin sprechen. Ihn fragen, was ich tun soll. Notlage. Hilfe. In meinem Kopf geschah etwas Gefährliches, der Gedanke, ich könnte sie dazu bringen, mich zu lieben, mich wirklich zu lieben. Ach, Hochmut kommt vor dem Fall, wie jedermann weiß.
Und hin und wieder dachte ich daran, richtigen Mist zu bauen, um von ihr wegzukommen, nach unten geschickt zu werden.
Aber dafür war es längst zu spät.
Während des Trainer-Unterrichts, als ich fast vor den Händen geflüchtet wäre, die mich untersuchten, war ich entsetzt gewesen über den Gedanken, wieder nach unten geschickt, von ihr getrennt zu werden. Und dann war da dieses elektrische Feuer in meinem Kopf aufgeflammt, als Scott, der dunkle, raubkatzenhafte Trainer, in mein Ohr geflüstert hatte: »Denkst du an sie, Elliott? Träumst von ihr? Was würde sie tun, wenn ich einen negativen Bericht über dich abgäbe, Elliott?«
Martin, ich sitze in der Tinte. Und das Problem ist, es ist schon zu spät.
ELLIOTT
Ankleiden
Sechs Uhr, und nirgendwo auf der Insel läutet eine Glocke. Nur das Klopfen in meiner Brust. Der Aufseher schaute auf seine Uhr und sagte dann, ich solle hineingehen und neben der Tür warten.
Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als diesen ersten Blick auf sie auszukosten. Ich wollte die Zeit anhalten, so daß ich sie in jenem Moment wirklich sehen und gleichzeitig festhalten konnte, was mir durch den Kopf ging.
Ich hänge nämlich der Theorie an, daß man nach einer längeren Abwesenheit in diesem ersten Augenblick erkennen kann, was man in bezug eine andere Person wirklich denkt und fühlt. Du erkennst Dinge, die du vorher nicht wissen konntest.
Vielleicht war ich gar nicht so verrückt nach ihr;
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