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Exit

Exit

Titel: Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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erzählte ihm den Rest der Geschichte, ohne Namen zu nennen.
    »Okay«, sagte er am Ende, »was soll ich also tun? Die Mutter durchleuchten? Oder beide Eltern? Die Krankenschwester?«
    »Daran habe ich eigentlich nicht gedacht.«
    »Nein? Was denn?«
    »Ich weiß nicht, Milo, vielleicht brauche ich nur einen Rat.«
    Er legte seine Hände auf den Bauch und beugte sich zu mir herunter. »Der ehrwürdige Buddha ist zur Stelle. Der ehrwürdige Buddha gibt folgenden Rat: Erschieße alle Bösewichter. Soll sich eine andere Gottheit um sie kümmern.«
    »Zunächst wäre es gut zu wissen, wer die Bösewichter sind.«
    »Genau. Deshalb habe ich auch Durchleuchtung vorgeschlagen. Wenigstens für den Hauptverdächtigen.«
    »Das wäre in diesem Fall die Mutter.«
    »Dann werde ich mir die als erste vornehmen. Solange ich tagsüber nur Knöpfe drücke, kann ich mich auch noch um anderes kümmern, als Bonus, sozusagen. Das macht viel mehr Spaß als die Lohnlisten, mit denen sie mich strafen.«
    »Wo würdest du anfangen?«
    »Als erstes würde ich die Kriminalgeschichte befragen. Da hat die Polizei eine Datenbank. Übrigens, wird deine Frau Doktor im Bilde sein, daß ich herumschnüffle?«
    »Wieso?«
    »Ich fühle mich wohler, wenn ich weiß, wer informiert ist. Was wir tun, ist eigentlich nicht erlaubt.«
    »Dann wollen wir sie lieber aus dem Spiel lassen. Warum sollten wir sie in Gefahr bringen?«
    »Gut.«
    »Was die Kriminalgeschichte angeht«, fuhr ich fort, »kann ich dir folgendes sagen: Münchhausens präsentieren sich gewöhnlich als Musterbürger. Und vom Tod des ersten Kindes wissen wir schon. Der ist als Krippentod zu den Akten gelegt worden.«
    »Es muß gerichtsmedizinische Berichte darüber geben, aber wenn niemand Verdacht geschöpft hat, dann ist auch dort nichts zu holen. Ich will sehen, ob ich die Akten bekommen kann. Vielleicht kannst du sogar selbst etwas herausfinden - in den Krankenhauspapieren. Aber du mußt diskret sein.«
    »Ich bin nicht sicher, ob das möglich ist. Das Krankenhaus hat sich total verändert.«
    »In welche Richtung?«
    »Man kümmert sich viel mehr um Sicherheit als früher.«
    »Na ja, daraus kannst du ihnen keinen Vorwurf machen. Es ist wirklich übel geworden in dem Teil der Stadt.«
    Er stand auf, holte sich eine Orange aus dem Kühlschrank und begann sie nachdenklich zu schälen.
    »Was ist los?« fragte ich.
    »Ich versuche, mir eine Strategie zurechtzulegen. Im Moment sehe ich nur die Möglichkeit, den Täter auf frischer Tat zu ertappen. Geschieht es immer zu Hause?«
    Ich nickte.
    »Das heißt, wir müßten ihr Haus elektronisch überwachen. Versteckte Mikrofone und Kameras. Aber ohne Gerichtsbe-Schluß ist da nichts zu machen. Und einen Gerichtsbeschluß bekommen wir nicht ohne handfeste Beweise, die wir nicht haben.«
    »In England hat es zwei Fälle gegeben, bei denen man die Mütter auf Video filmte, wie sie ihren Babys die Luft abdrückten, und da gab es vorher auch keine Beweise.«
    »Haben die zu Hause gefilmt?«
    »Nein, im Krankenhaus.«
    »Das ist ein großer Unterschied. Und außerdem sind die Gesetze in England anders, soviel ich weiß. Laß mich darüber nachdenken, Alex. Vielleicht fällt mir etwas Machbares ein. Inzwischen schaue ich in die hiesigen Verbrechensregister. Vielleicht haben wir ja Glück.«
    »Sei vorsichtig; ich will nicht, daß du dich kompromittierst.«
    »Keine Sorge. Zu Beginn mache ich nur, was jeder Beamte nach einer normalen Verkehrskontrolle tut. Wenn ich danach beschließe, tiefer zu graben, werde ich sehr vorsichtig sein. Haben die Eltern je außerhalb von Los Angeles gelebt?«
    »Ich weiß nicht. Ich weiß eigentlich gar nichts über sie. Das sollte ich schnellstens ändern.«
    »Ja, du schaust, was du herausbekommst, und ich fange von meiner Seite an.« Er lehnte sich an die Durchreiche und dachte laut: »Reiche Leute. Das könnte heißen, sie waren auf Privatschulen. Das macht die Sache schwieriger.«
    »Für die Mutter trifft das nicht unbedingt zu. Sie ist ein einfaches Mädchen. Er ist Hochschullehrer. Vielleicht war sie eine seiner Studentinnen.«
    Er öffnete sein Notizbuch. »Wo lehrt der Vater?«
    »West Valley Community College. Soziologie.«
    »Arbeitet die Mutter auch?«
    »Nein, sie ist nur für das Kind da.«
    »Hm - vielleicht gibst du mir jetzt besser einen Namen, mit dem ich arbeiten kann.«
    »Jones.«
    Er schaute mich an. Ich nickte.
    Sein Gelächter war laut und kehlig, als sei er betrunken.

8
    Am nächsten Morgen

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