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Exit

Exit

Titel: Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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das Grauen nicht mildern.
    Teufelswalzer…
    Babys, vergiftet mit Salz, Zucker, Alkohol, Schlaftabletten, Hustensaft, Abführmitteln, Brechmitteln, manche sogar mit Kot und Eiter, was einer »bakteriologischen Folter« gleichkommt.
    Dutzende von Fällen, in denen ein beängstigend weites Spektrum vorgetäuschter Erkrankungen vorkam - buchstäblich jedes Krankheitsbild schien vortäuschbar zu sein.
    Die Täter waren meist die Mütter. Die Opfer fast immer Töchter.
    Verbrecherprofil: mustergültige Mama, oft attraktiv und liebenswürdig, mit medizinischer Ausbildung oder Ausbildung in einem verwandten Beruf. Auffällig: ihre Ruhe angesichts der Katastrophe - Abstumpfung getarnt als Selbstkontrolle - und ein geschäftiges, beschützendes Wesen. Ein Spezialist ging so weit, die Ärzte vor »überfürsorglichen« Müttern zu warnen.
    Ich erinnerte mich, wie Cindy Jones' Tränen in dem Moment versiegt waren, als Cassie aufwachte. Wie sie sofort in Aktion getreten war, sie an die Mutterbrust gedrückt und ihr Märchen erzählt hatte.
    War das die Art, wie Kinder zu behandeln waren, oder steckte etwas Böses dahinter?
    Da war noch ein anderer Faktor, der ins Bild paßte. 1984, während einer Studie über den Familienhintergrund von 32 Kindern mit vorgetäuschter Epilepsie, deckte der Pionier Roy Meadow auf: Von den 32 Kindern hatten sieben Geschwister gehabt, die vorher gestorben waren.
    Alle sieben waren dem Krippentod erlegen.

7
    Bis sieben Uhr las ich noch weiter, dann begann ich an den Korrekturfahnen eines Berichts zu arbeiten, den ich vor kurzem fertiggestellt hatte und der in Druck gehen sollte. Es ging um die emotionalen Reaktionen von Kindern, die vor einem Jahr in ihrer Schule von einem Scharfschützen aufs Korn genommen worden waren.
    Dann rief ich Ruth in ihrer Instrumentenwerkstatt an. Sie erzählte mir, sie stecke bis zum Hals in einem schwierigen Projekt. Für eine Heavy-Metal-Band, die weder sich selbst noch ihr Budget unter Kontrolle hatte, sollte sie vier identische, bomberförmige Gitarren bauen. Es überraschte mich nicht, daß sie genervt klang.
    »Soll ich später noch mal anrufen?«
    »Nein, nein, es tut gut, mit jemandem zu reden, der nicht betrunken ist.«
    Im Hintergrund hörte ich Lärm. »Sind das die Jungs?«
    »Ach ja, die Jungs. Ich schmeiße sie ununterbrochen raus, und sie tauchen immer wieder auf, wie Schimmelpilze. Man sollte meinen, sie hätten noch etwas anderes zu tun, ihr Hotelzimmer zertrümmern oder so, aber - heh! Laß das, Lucas, faß das nicht an! Vielleicht brauchst du deine Finger irgendwann noch mal - Entschuldigung, Alex. Er fing an, neben der Kreissäge herumzutrommeln.« Ihre Stimme wurde weicher: »Ich muß jetzt aufhören. Wie wäre es mit Freitag abend? Kannst du?«
    »Ja, das paßt. Bei mir oder bei dir?«
    »Ich weiß nicht genau, wann ich fertig sein werde. Am besten, ich hole dich ab. Ich verspreche, es wird nicht später als neun. Okay?«
    »Okay.«
    Wir legten auf. Ich blieb vor dem Telefon sitzen und dachte darüber nach, wie unabhängig sie geworden war.
    Ich griff nach meiner alten Martin-Gitarre und klimperte eine Weile. Dann ging ich ins Arbeitszimmer zurück und las noch einmal die Münchhausen-Artikel durch, in der Hoffnung, auf Hinweise zu stoßen, die ich vielleicht übersehen hatte. Doch ich fand nichts; meine Gedanken waren bei Cassie Jones. Ich stellte mir vor, wie sich ihr blühendes Gesicht in eine graue Totenmaske verwandelte.
    Ich fragte mich, ob es überhaupt eine Frage der Wissenschaft war - ob alle medizinische Weisheit mir hier weiterhelfen konnte.
    Vielleicht war es Zeit, eine andere Art von Spezialist zu Rate zu ziehen.
    Ich wählte eine Nummer in West-Hollywood. Eine betörende Stimme antwortete: »Hier ist Blue Investigations, unser Büro ist geschlossen. Wenn Sie eine Nachricht hinterlassen möchten, dann tun Sie das nach dem ersten Ton. In dringenden Fällen warten Sie auf den zweiten Ton.«
    Nach dem zweiten Piep sagte ich: »Hallo, Milo, hier ist Alex. Ruf mich bitte zu Hause an«, und griff wieder nach meiner Gitarre.
    Nach zehn Takten klingelte das Telefon. Die Stimme klang weit entfernt: »Was ist denn so dringend, Alter?«
    »Wo bist du?« fragte ich.
    »Ich spreche vom Auto aus. Ich mach jetzt manchmal ein paar Dollar nebenher, bin gerade dabei, einen Fall abzuschließen.«
    »Ricks Wagen?« Rick war Milos Lebensgefährte.
    »Nein, alles meins, auch das Telefon! Wir leben in einem neuen Zeitalter, Doktor. Man ist überall erreichbar

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