Exit
sicher dieses Madonnenlächeln, das sie manchmal hat. Nein, nicht heute morgen. Ich mache mir solche Sorgen, Alex. Wer weiß, wozu ich Cassie verurteile, wenn ich sie nach Hause entlasse.«
Ich konnte ihr nicht helfen in ihrem Dilemma, also versuchte ich das Positive an der Situation herauszustreichen.
»Wenigstens kann ich dann den Hausbesuch machen, den ich ihnen angekündigt habe.«
»Ja. Vielleicht findest du bei der Gelegenheit eine heiße Spur - eine Schreibtischschublade voller gebrauchter Spritzen oder Insulinampullen im Kühlschrank. So idiotisch sich das anhören mag, so nah bin ich daran, alle Vorbehalte fallenzulassen und Cindy zur Rede zu stellen. Das nächstemal, wenn dieses kleine Mädchen krank wird, werde ich mich wahrscheinlich nicht mehr zurückhalten können. Und wenn sie dann ausrasten und sich ein anderes Krankenhaus suchen, ist mir das auch egal. Wenigstens weiß ich dann, daß ich nichts unterlassen habe. - Warte mal, mein Piepser ruft. Ich muß jetzt weg, Alex. Bitte melde dich, sobald du etwas Neues erfährst!«
Als nächstes rief ich Milo zurück.
»Wie geht es denn der guten Steph?« fragte er ironisch.
»Niemand findet eine Erklärung für den Blutzuckermangel, das heißt, Münchhausen ist wieder in, auch für Steph.«
»Zu schade«, sagte er. »Ich habe inzwischen herausbekommen, was aus Ronald Bottomley geworden ist. Er war Vickis Sohn und ist schon seit zwei Jahren tot. Selbstmord. Aus irgendeinem Grund ist sein Name nicht aus den Registern gestrichen worden.«
»Weißt du Genaueres?«
»Ja. Er ging ins Badezimmer, zog sich aus, setzte sich aufs Klo, rauchte Crack, wahrscheinlich zuviel, setzte sich eine Flinte an den Kopf und drückte ab. Muß ziemlich unappetitlich ausgesehen haben, hat mir die Kollegin erzählt, die damals Dienst hatte und die Sache aufgenommen hat. Und Vicki saß im Nebenzimmer vor dem Fernseher, als es passierte.«
»Was?«
»Ja. Es hatte wohl Streit gegeben über Ronalds Lebenswandel. Er stampfte schließlich aus dem Zimmer, holte Crack und Kanone aus seinem Kleiderschrank, schloß sich im Klo ein:
Bumm. Sie hörte den Schuß und versuchte, die Tür zu öffnen. Ohne Erfolg, obwohl sie eine Axt zu Hilfe nahm. Als die Sanitäter eintrafen, saß sie vor der Klotür und winselte, er solle doch herauskommen und mit ihr reden. Sie brachen die Tür auf, und als sie sahen, wie er zu gerichtet war, versuchten sie, sie zurückzuhalten. Doch sie muß wohl etwas mitbekommen haben. Das erklärt vielleicht ihre Bärbeißigkeit.«
»Allerdings. Sind irgendwelche Vorfälle in der Familie bekannt, die zu dem Selbstmord geführt haben könnten?«
»Die Kollegin sagt nein. Im Prinzip handelte es sich um eine nette Mutter mit einem mißratenen Kind.«
»Und was ist mit dem Vater?«
»Der starb, als der Sohn noch klein war. Ein schwerer Trinker, das wußten wir ja schon. Ronalds Schwierigkeiten begannen im Kindergarten. Später die übliche Drogenkarriere: Joints und dann immer weiter die pharmazeutische Leiter hinauf. Lernschwierigkeiten, nicht allzu intelligent, unfähig, einen Job zu behalten. Als Krimineller war er auch ein Versager. Er wurde ständig geschnappt, aber weil er so eine bemitleidenswerte Visage hatte, haben die Richter ihn immer mit einem blauen Auge davonkommen lassen. Gewalttätig wurde er erst kurz vor seinem Tod, und sogar da hat er sich nicht sonderlich hervorgetan - eine Kneipenschlägerei, in deren Verlauf er ein Billardqueue auf dem Kopf eines anderen Penners zertrümmerte. Die Kollegin sagte, das Crack hätte seine Aggressionsbereitschaft gefördert und es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, wann ihn ein vorzeitiger Tod ereilen würde. Die leidgeprüfte Mutter hatte in ihren Augen ihr Bestes getan. Das ist alles, was ich dir sagen kann. Gibt dir die Geschichte irgendwelche Aufschlüsse, was sie als Verdächtige angeht?«
»Wohl kaum. Trotzdem danke.«
»Was wirst du als nächstes unternehmen?«
»Denise Herbert einen Besuch abstatten. Gestern habe ich mit Ashmores Frau gesprochen. Sie sagt, er hätte Doktoranden von der Universität beschäftigt. Das läßt mich zumindest hoffen, daß Miss Herbert genug von Ashmores Arbeit verstanden hat, um zu wissen, wonach er in Chads Akte suchte.«
»Du warst bei Ashmores Frau? Kondolieren?«
»Ja. Sie ist sehr nett. Ashmore scheint ein interessanter Mensch gewesen zu sein.« Ich erzählte ihm von ihrer Zeit im Sudan, von seinen Glücksspielsystemen und von seinem Erfolg als Spekulant.
»Black
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