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Exit

Exit

Titel: Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Bus und schaltete den Motor aus, doch niemand schien mich zu bemerken, bis auf den kleinen Hund, der zu bellen anfing.
    »Platz, Homer«, rief der Mann und schnitt weiter an seinem Busch herum. Die Frau hörte auf, Unkraut zu zupfen, und hielt nach dem Störenfried Ausschau.
    Sie fand ihn und starrte mich an. Ich stieg aus und wünschte einen guten Morgen.
    »Kann ich etwas für Sie tun?« fragte sie. Ich war sicher, daß ich die melodiöse Stimme schon einmal gehört hatte. Aber wo?
    »Ich suche Denise Herbert.«
    »Die wohnt nicht mehr hier«, sagte der Mann und musterte mich argwöhnisch.
    »Wissen Sie vielleicht, wo sie jetzt wohnt?«
    Die beiden tauschten ängstliche Blicke.
    »Keine Sorge«, sagte ich, »ich bin Arzt drüben im Western Pediatric in Hollywood. Denise hat früher einmal dort gearbeitet und könnte etwas wissen, das mir in einem schwierigen Fall weiterhilft. Dies ist die einzige Adresse, die ich von ihr habe.«
    Der Mann wischte Blätter von seinen Shorts. Seine Kiefermuskeln arbeiteten sichtbar. »Deswegen sind Sie den ganzen Weg gekommen?« fragte er.
    »Die Sache ist etwas kompliziert.« Ich druckste herum, bis ich eine glaubwürdige Geschichte zusammenhatte. »Es ist ein wichtiger Fall. Es geht um ein kleines Kind, das in Gefahr ist. Denise hat die Akte dieses Kindes aus dem Archiv des Krankenhauses entnommen und nie zurückgegeben. Normalerweise hätte ich mich an Denises Chef gewendet, einen Arzt namens Ashmore, doch der ist vor zwei Tagen in unserem Parkhaus überfallen und getötet worden - vielleicht haben Sie davon gehört.«
    Der Ausdruck in ihren Gesichtern änderte sich: Furcht und Verwirrung.
    Und dann fiel mir endlich ein, wo ich sie gesehen hatte.
    Es war in Ruths Laden gewesen, voriges Jahr. Reparaturkunden, eine Mandoline und eine Gitarre, letztere in ziemlich erbärmlichem Zustand. Bodenständige Folkmusiker mit einigem Talent und wenig Geld. Die Reparaturen hätten fünfhundert Dollar gekostet, doch Ruth hatte sich mit ein paar selbstproduzierten Schallplatten, einem Teller frisch gebackener Törtchen und fünfundsiebzig Dollar in bar zufriedengegeben. Ich hatte den Handel vom Schlafzimmer aus beobachtet. Später hatten wir uns zwei der Platten angehört. Die meisten Stücke waren traditionelle Balladen und Tänze - solide gemacht.
    »Bobby und Ben, stimmt's?« fragte ich.
    Nun waren sie vollkommen verwirrt.
    »Ich bin mit Ruth Castagna befreundet. Sie hat im letzten Winter Ihre Instrumente zurechtgeflickt. Eine Gibson A4 mit gesprungenem Kopf und eine D18 mit gebogenem Hals, abgenutzten Bünden und kaputtem Steg, erinnern Sie sich? Die Törtchen waren jedenfalls Spitze, wer immer die gebacken hat.«
    »Wer sind Sie?« fragte die Frau.
    »Ich habe mich schon vorgestellt. Rufen Sie doch Ruth an. Sie ist in ihrem Laden. Fragen Sie nach Alex Delaware. Und wenn Ihnen das zuviel Mühe macht, dann sagen Sie mir doch bitte, wo ich Denise Herbert finden kann. Ich habe nicht vor, ihr Schwierigkeiten zu machen, ich möchte nur die Akte zurückhaben.«
    »Ruf an«, sagte die Frau.
    Er ging ins Haus. Sie blieb im Garten und schaute mich an. Sie atmete tief, ihr Busen bebte. Auch die Hunde starrten mich an. Niemand sprach ein Wort.
    Als er nach ein paar Minuten zurückkam, hatte er einen hellblauen Teller mit Gebäck in der Hand. Er lächelte, als wä re ihm der Heilige Geist erschienen. Seine Erleichterung war so offensichtlich, daß die Hunde mit den Schwänzen zu we deln begannen.
    »Wie klein die Welt doch ist«, sagte seine Frau, nachdem er offiziell Entwarnung gegeben hatte. Ich erinnerte mich an ihren Gesang, ihre helle, klare Stimme mit dem feinen Vibrato.
    Ihre Sprechstimme war auch nicht schlecht. Sie hätte ohne weiteres von Telefonsex leben können.
    Ben ließ den Teller herumgehen, und wir aßen. Es kam mir vor wie ein Stammesritual, doch mir entging nicht, daß die beiden schon wieder besorgt aussahen.
    Bobby war zuerst mit ihrem Törtchen fertig und schob zwei Plätzchen nach. Sie wischte die Krümel fort, die auf ihren Busen gefallen waren, und sagte: »Gehen wir hinein.«
    Die Hunde trotteten an uns vorbei in die Küche, wo ich sie aus ihren Wassernäpfen schlürfen hörte. Wir blieben im Wohnzimmer, einem niedrigen, dunklen Raum mit braunen Wänden, ungehobeltem Holzfußboden und windschiefen, selbstgebauten Regalen. Instrumentenkoffer dienten als Kaffeetische, und in einer Ecke stand ein überladener Notenständer.
    »Setzen Sie sich doch«, sagte Ben.
    Bevor ich seiner

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