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Exodus der Xabong

Exodus der Xabong

Titel: Exodus der Xabong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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leicht nach unten gezogenen Schnabel bewegte sich ruckartig. Die Augen waren weit aufgerissen. Immer wieder senkte er die linke Kopfseite, so als müsste er sich etwas genau ansehen.
    »Alles in Ordnung, Priester des inneren Kreises?«, fragte der Stationskommandant Oohn-Rhaat.
    Ken-Drabon nahm dessen krächzende Stimme allenfalls am Rande war. »Beachte mich nicht weiter«, forderte der Priester schließlich, als er die Aufmerksamkeit des Stationskommandanten bemerkte. Eine Aufmerksamkeit, die ihm aus verschiedenen Gründen nicht gefiel.
    Aus dem Schnabel des Priesters erklang ein harter, durchdringender Klack-Laut, der den Kommandanten regelrecht zusammen zucken ließ.
    Unter Kridan war dies eine uralte Geste der Drohung. Eine Geste, die im Übrigen schon die fliegenden Vorfahren gekannt haben mussten. Die Kridan hatten sie mit einigen anderen, nicht-intelligenten vogelähnlichen Spezies aus ihrer näheren genetischen Verwandtschaft gemein. Sie war also weitaus älter als ihre eigene Art und damit nicht nur im kulturellen, sondern sogar im genetischen Erbe verankert.
    Kein Kridan musste ihre Bedeutung erst erlernen.
    Alle Angehörigen des zweiten von Gott auserwählten Volkes wussten ihre Bedeutung instinktiv zu deuten, auch wenn eine derart archaische Körpersprache unter ihnen unüblich geworden war.
    Tut alles ab, was tierisch ist, damit ihr würdig werdet, die Ordnung Gottes zu verbreiten! , so hieß es in den Schriften des Ersten Raisa.
    »Ehrenwerter Priester des inneren Kreises, du vernichtest Daten!«, stellte Kommandant Oohn-Rhaat jetzt fassungslos fest.
    »Wenn es jemandem zusteht, die Daten selbst zu löschen, die er zuvor erzeugt hat, so bin ich es. Und nun kümmere dich nicht länger um mich, denn ich weiß sehr genau, weshalb ich hier bin und was ich zu tun habe!«
    »Wir sollten uns mit den Priestern des inneren Kreises nicht anlegen, Kommandant«, riet der Erste Offizier, dessen Furcht davor, in diese Angelegenheit hineingezogen zu werden, offenbar größer war als die vor seinem Kommandanten. Mit schief gestelltem Kopf, sodass sein linkes Auge dem rechten des Kommandanten direkt in die Pupille sah, fügte der Erste Offizier noch hinzu: »Wir Tanjaj ziehen dabei sowieso regelmäßig den kürzeren.«
    Kommandant Oohn-Rhaat knurrte nur etwas vor sich hin. Ein Würgelaut drang aus seinem anschwellenden Hals heraus, während der Schnabel geschlossen blieb, sodass er in einer Art Glucksen endete. Dann drehte er sich um.
    Besser, ich habe nichts gesehen! , dachte er. Und im Moment gab es auch wirklich andere Sorgen. Ein Angehöriger einer Elite-Truppe von Tanjaj, die derzeit an der Oberfläche gegen die Heiden im Einsatz waren, meldete sich über Normalfunk.
    »Kommandant, wir brauchen dringend Verstärkung!«
     
     
    Ken-Drabon achtete auf das alles nicht weiter. Für ihn gab es nur die Konsole und die absolute Konzentration auf seine Aufgabe. Gott ist in deinen Taten, wenn du sie mit ganzer Niere und ganzem Verstand tust! , hieß es in den heiligen Schriften des Ersten Raisa, wobei die Niere ein Symbol für das Gefühl und die Augen eine Metapher für den Verstand waren.
    Die Priester der oberen Ränge waren allesamt in besonderen Konzentrationstechniken geübt, die sie befähigen sollten, besondere Leistungen zu erbringen.
    Beispielsweise gehörten dazu die sowohl qualitativ wie quantitativ anspruchsvollen Memorierleistungen, die man von einem Teil der Priesterschaft erwartete, um die Überlieferung tatsächlich in den Köpfen bewahren zu können.
    Ken-Drabon hatte in diesen Konzentrationstechniken immer besonders herausragende Werte erreicht.
    Wahrscheinlich war das einer der Gründe dafür, dass man ihm die Aufgabe übertragen hatte, sich die verbotenen Schriften zu merken, die ansonsten sorgsam vor dem Antlitz der gewöhnlichen Gläubigen verborgen wurden.
    Ken-Drabon führte seine Aufgabe beinahe wie automatisch aus. Als ob ein vorher eingespeistes Programm ablief.
    Die Wahrheit ist nun offenbar , ging es ihm durch den Kopf. Und dieser Gedanke schmerzte wie ein Treffer mit einem Fein-Graser, der eigentlich nur dazu benutzt wurde, um Schnabelstein zu entfernen.
    Ken-Drabon unterdrückte ein Zittern, das seinen gesamten Körper zu durchlaufen drohte.
    Alles, was du erfahren hast, wirst du in deiner Erinnerung bewahren müssen , dachte er. Mit niemandem wirst du teilen, was du erfahren hast, bevor du nicht wieder vor deinen Oberen im inneren Kreis der Priesterschaft stehst. Sie werden beraten, was

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