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Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Titel: Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Obermaier
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Unterschied. Und dass ich in mir ein Bewusstsein entwickelte, wie viel in mir steckte, habe ich ihm zu verdanken. Und plötzlich habe ich mich auch wichtig gefühlt. Dabei war Rainer wirklich einfühlsam, er hat auf mich gehört und auch danach gehandelt!
    Anna: Wie deine anderen Männer! Es ist verrückt, dass eine junge Frau, auf die so viele Menschen stehen und die so erfolgreich war, so wenig Selbstbewusstsein hatte.
    Uschi: Ach, das ist bei vielen Models so. Klar, Schönheit ist ein Türöffner. Aber du brauchst weit mehr, um deine Wirkung zu entfalten, um echten Erfolg im Leben zu haben. Außerdem waren die anderen eben auf einem anderen Weg erfolgreich, der für sie besser passte. Wenn man an Baader/Meinhof denkt und so, das war nicht meine Welt. Da musste ich auch weg, das war nichts für mich. Das entsprach nicht meiner Gedankenwelt, und ich hatte meine eigene private Wut gegen alte Muster oder Menschen, die mir wehgetan haben, aber nicht so eine öffentliche. Auch habe ich nicht den Hass gespürt, warum ich jemandem eine Bombe in den Garten setzen sollte. Ich fand das System auch nicht gut, aber ich hatte nicht diesen Hass, um etwas Gewalttätiges zu tun. Ich kann ungeduldig sein und toben, aber niemandem Gewalt antun. Rainer ging damals ja auch mit mir. Er hätte auch sagen können: »Nein, ich bleibe bei denen.« Aber er hat gesehen, das hatte auch für ihn keine Zukunft, und Gewalt war für Rainer überhaupt kein Thema.
    Anna: Du sagtest auch, dass das Leben in der Kommune immer total überzeichnet wurde: wie wild und gefährlich alles war. Dabei wart ihr wohl sehr verspielt …
    Uschi: Ah ja, das wilde Leben in der Kommune. Es war gar nicht wild. Nein, das Gegenteil von wild. Und auch unsere »Orgien«. Das waren immer die unerfüllten Wunschträume der Spießer. Ja, da hatte man in einem großen unschönen Raum Sex, und alle anderen lagen auch drum herum auf ihren Matratzen und machten es miteinander. Gelegentlich wechselte man auch den Partner. Für mich war das nicht okay. Ich habe mir deshalb beim Sex immer die Bettdecke über den Kopf gezogen. Ich wollte nicht unbedingt so alles teilen.
    Anna: Wie egoistisch …
    Uschi (lacht): Nein, nein, das waren eben neue Wege, die man damals ging. Und bis zu einem gewissen Grad machte ich da schon mit. Das half sicher auch etwas, diese alten verklemmten Strukturen aufzubrechen, wobei ich wie gesagt dabei immer sehr bei mir war. Ich persönlich mochte keine Einengung und fand es deshalb gut, dass Menschen wie die in der Kommune das auch auf ein größeres Ganzes übertrugen. Aber mir selbst war eher die Erfahrung von diesem Aufbrechen wichtig, immer schon. Ich bin immer bereit, etwas an der eigenen Haut zu erfahren. Ich brauche kein Secondhandleben aus Erzählungen. Und diese Erfahrungen, diese Lebendigkeit und der Aufbruchsgeist waren das Ganze schon wert. Da wurde endlich mal ein Spiegel gezeigt auch auf die Beziehungen, die unsere Eltern und auch Leute aus meiner Generation miteinander hatten. Die alle so falsch waren, immer nur nach außen ausgerichtet, und innen hat nichts gestimmt. Dieses Sich-aus-so-einem-System-Rausbewegen hatte schon seine Berechtigung, da musste endlich etwas anderes kommen. Und das haben wir eben probiert. Erst am Schluss stellst du dann fest, was richtig war und was nicht. Aber das kann jeder auch nur für sich allein sehen.
    Anna: Was ist denn aus den ehemaligen Gefährten geworden aus deiner Sicht?
    Uschi: Schwierig. Was aus Baader/Meinhof geworden ist, weiß man ja. Von denen, die nicht radikal geworden sind, gehört Rainer auch heute noch in gewisser Weise zu den Authentischsten. Der bleibt bei den Geschichten. Auch dass er so etwas wie ein Guru sein will, passt. Da verliert man den Rest von seinem Humor und nimmt sich selbst am allerwichtigsten … Na ja, jeder trifft seine Entscheidungen im Leben.
    Viele andere aus der Zeit sind dann doch eher verbürgerlicht, manche auch ziemlich verspießert. Das können Linke genauso gut wie Rechte. Durch Beruf und Familie sind viele dann mehr oder weniger weich im System gelandet.

Die eine große Liebe
    Als ich Bockhorn kennenlernte, trat einer der kreativsten Menschen, die mir je begegnet waren, in mein Leben. Alle meine Männer waren auf ihre Art und Weise kreativ oder sogar mehr als das. Mit Bockhorn jedenfalls war mein Leben wirklich voll und so reich wie kaum mit jemand anderem. Eine Existenz neben einem Rechtsanwalt oder einem netten, anständigen Arzt, so wie sich das meine Mama

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