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Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Titel: Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Obermaier
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wenn du ein bisschen zurechtgestutzt wirst, dass du anschließend wieder einen klareren Blick hast und das Schöne wirklich wertschätzen und es überhaupt erkennen kannst.
    Letztlich geht es immer wieder um Selbst-Bewusstsein und darum, wie verbunden ich selbst mit allem bin. Oder wie alleine. Oder wie einsam. Mein wunder Punkt ist nach wie vor der, nicht gut genug zu sein. Ich habe einen sehr hohen Anspruch an mich selbst. Obwohl ich auch weiß, dass man auch scheitern und Fehler machen darf und soll, um im Leben weiterzukommen und zu lernen. Dafür kommt keiner in die Hölle. Beim nächsten Mal macht man es einfach besser. Und wenn’s dann wieder gerade läuft, ruhig wieder die Komfortzone verlassen, damit es nicht langweilig wird.
    Der Mann meiner Mutter, Hans, starb Ende der neunziger Jahre an Krebs. In der Zeit habe ich meine Mutter regelmäßig besucht, auch zu Weihnachten, weil sie so alleine war. Auch meine Mutter ist wenige Jahre später an Krebs erkrankt, und ich bin zu den Ärzten gegangen, weil es ihr so schlecht ging. Ich fragte den Mann von einer Freundin, der Spezialist war, und auch andere Experten, ob sie sich wirklich der grauenvollen Chemotherapie unterziehen sollte oder nicht. Sie war schon in sehr schlechter Verfassung, und wir hatten beide mitbekommen bei ihrem Bruder und auch beim Hans, was die Chemo anrichtet. Da hieß es aber nur etwas unentschieden: »So, na ja, ja.« Als ich das hörte, habe ich den Arztfreund am Schlawidl genommen und gefragt: »Jetzt pass mal auf: Wenn das deine Mama wäre, würdest du das machen?« Und dann kam von ihm plötzlich: »Ähm, hmm«, und irgendetwas von doppelblinder Medizin, wo an Schwerkranken irgendwelche Medikamente ausprobiert werden, von denen man gar nicht genau weiß, wie und ob sie wirken. Da habe ich dann ganz ernst mit meiner Mama geredet: »Du, Mama, wenn du das jetzt machst, dann bleibst du im Krankenhaus. Da kommst du nicht mehr raus.« Sie wusste das ja von ihrem Mann und ihrem Bruder her. Die haben zuerst beide gesagt, dass sie die Chemo nicht wollten und all diese Medikamente schlucken. Ihr Bruder hat noch gesagt: »Ich habe alle Nebenwirkungen gekriegt. Nur die Haare sind mir nicht ausgefallen, und das wäre mir wurscht gewesen.« Na ja, Galgenhumor eben.
    Natürlich wüsste ich auch nicht, wie ich handeln würde. Man ist immer schlauer, wenn man nicht in den Schuhen von dem anderen steckt. Ich hatte einige Freundinnen, die an Krebs gestorben sind und am Anfang gesagt haben: »Nein, das mache ich nicht.« Trotzdem haben sie es gemacht, weil sie so am Leben hingen oder so Angst gehabt haben vor dem Sterben. Und manche von ihnen sind elendiglich zugrunde gegangen. Die Therapie hat es nur ein bisschen rausgezögert. Andere dagegen haben es überlebt wie meine Freundin Sylvie Winter, die Krebs im Stadium IV hatte und jetzt sogar ein Buch darüber geschrieben hat.
    Meine Mama hat aber auf mich gehört und sich dann dagegen entschieden. Ich bin auch sofort zu ihr hingeflogen, als sie im Krankenhaus war und man sie zur Chemo überreden wollte. Ich habe ihr gesagt: »So, ich nehme dich jetzt mit nach Hause.« Und das habe ich auch getan. Dann war ich noch so eine Woche bei ihr. Sie lag tagsüber immer auf der Couch. Ich werde das nie vergessen, wie sie dalag, und es war sehr später Winter im Februar. Schön gemütlich war es. Wir da drinnen und draußen so ungemütlich kalt, und da sagt sie, so schwer krank, wie sie damals war: »Mei, ich hab gar nicht gewusst, wie schön ich es habe.« Normalerweise liegt eine deutsche Hausfrau ja nicht auf der Couch … Da hat sie sich dann noch einmal alles um sich herum ganz genau angeguckt.
    Sie hat dann noch drei Monate gelebt, und es ging ihr bis zum Schluss gut.
    Wenn ich nicht da war, hat sich die Nachbarin gekümmert. Zu der hatte sie ein gutes Verhältnis. Irgendwann hat sie mich angerufen und mir gesagt, dass sie meine Mama am Boden gefunden hat und dass sie sich nicht mehr bewegen konnte. Meine Mama hatte nur zu ihr gesagt: »Jetzt hab ich schon so ein Telefon, das ich mitnehmen kann, komme aber nicht mehr dran.« Dann hätte sie sich schneller Hilfe rufen können. Die Nachbarin hat dann dafür gesorgt, dass sie wieder ins Krankenhaus kam.
    Ich habe mit meiner Mama telefoniert und mir gedacht: »Ich fliege sofort.« Der Arzt, mit dem ich auch gesprochen habe, meinte aber: »Sie brauchen noch nicht zu kommen. Das dauert noch. Das geht nicht so schnell. Sie brauchen nicht extra zu kommen.«
    Ich habe

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