Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)
später bei Wally und Joyce skimmte ich im Sommer den Pool. Die beiden waren im Urlaub und brauchten jemanden, der auf ihr Haus aufpasste und die Marihuanapflanzen pflegte. Im San-Gabriel-Valley gab es damals unglaublich viele Papageien. Das lag wohl daran, dass es einmal in einer Tierhandlung gebrannt hatte und die Tiere entkommen konnten. Die hatten sich dann völlig akklimatisiert da draußen. Hier gab es alles für ein perfektes Papageienleben: Mandelbäume, die verschiedensten Obstbäume. Ein Paradies. Diese Vögel sind sehr laut und machen einen ziemlichen Krach, wenn sie in die Bäume einfallen und alles abfressen. Und während ich also den Pool skimme, höre ich wieder eine Horde Papageien über mir, und plötzlich schwebt langsam in einer Schaukelbewegung eine Papageienfeder direkt vor meine Füße. Da wusste ich: Jetzt haben sie mir verziehen. Das war ein Zeichen.
Was übrigens Bockhorns Rabenfedern für seine Buffaloschädel betraf, so kam er doch noch zu seinen Federn, ohne ein Tier dafür töten zu müssen. Magisch oder nicht magisch: Eines Morgens hörte Wally ein Gekreische von den Raben. Irgendetwas war draußen los, ein Geraufe zwischen Vögeln. Als er hinausging, um sich das Ganze anzusehen, lag plötzlich ein toter Rabe am Boden. Ein Geschenk des Himmels, und Bockhorn hatte seine Federn.
Es machte wieder richtig Spaß
Ich hatte Erfolg mit meinem Schmuck, gute Freunde, die für mich da waren und mich beschützten. Ich hatte gelernt, meine Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen und im Jetzt weiterzumachen. Das heißt, ich übte es jeden Tag aufs Neue. Dazu gehörte es auch, gelegentlich Risiken einzugehen oder die Komfortzone zu verlassen. Wenn du deine gewohnten Pfade verlässt, auch wenn die wie in meinem Fall nie zementiert waren, sondern eher wie Spuren im Sand aussahen, dann spürst du dich wieder. Allein dieses Ausscheren aus dem Bekannten hilft, und du findest wieder neue Freude. Ich habe meine Komfortzonen ja schon als junges Mädchen immer wieder verlassen, wobei ich das nicht tat, weil ich so besonders stark war, sondern weil mir diese Komfortzonen einfach zu eng waren. Wenn ich keine Freude mehr spüren konnte, war es vorbei: mit Lebensumständen, Beziehungen, Menschen. Dabei war es nie so, dass ich mit Gewalt etwas geändert hätte. Die Veränderung fand immer eher spielerisch statt. Ich muss Freude empfinden dürfen. Früher wurde mir dann gesagt: »Ach, du bist doch so oberflächlich, du willst immer nur Spaß haben!«
Ja, vielleicht bin ich oberflächlich, ich möchte immer noch Spaß haben. Es ist mir ein Lebensziel und Lebenswunsch. Und das immer noch und trotzdem: Im Lauf der Zeit habe ich gesehen, dass Spaß zu haben und das Gute im Leben zu sehen manchmal viel anstrengender ist, als alles niederzumachen. Als ich das verstanden hatte, war es mir auch egal, als oberflächlich bezeichnet zu werden. Ich bemühe mich eben mehr, das Gute zu sehen, als alles schlechtzumachen und mich dann nicht mehr mit einer Sache auseinandersetzen zu müssen. Es ist mein Leben, das lebe nur ich allein, und ich bin zuständig dafür, wie intensiv und schön es ist und wie ich mit traurigen, leidvollen Erfahrungen umgehe, sodass ich mich wieder freuen kann. Manchmal braucht man dazu Freunde oder eine Therapie.
Was mir auch hilft, ist das Wissen, dass ich am meisten durch diese schwierigen Lehrprozesse gelernt habe. Das ist irgendwie tröstlich. Selbst das Schlimmste ist nicht für die Katz, wenn es dich auf einer anderen Ebene weiterbringt. Aber das musst du natürlich auch zulassen können, und du musst genau hinschauen und absolut ehrlich mit dir sein. Klar, man kann auch aus positiven Erfahrungen viel herausziehen. Aber die sind ja eher wie Spiegel in deiner Erinnerung, wo du ein tolles Bild siehst, ein schönes Gefühl dabei hast, wo du dich einfach nur gut und glücklich fühlst. Das Positive verschwindet dann aber auch leichter wieder in der Versenkung. Deshalb ist diese ganze Positive-thinking-Masche auch hohl. Wenn du nur happy bist und deiner happiness hinterherreist, dann wirst du auch leicht ein bisschen großkopfert, also arrogant. Du nimmst dann alles Gute, was dir passiert, als selbstverständlich an. Darum müssen, glaube ich, in einem Leben immer wieder negative Sachen passieren, damit man wieder wachgerüttelt wird, damit man gründlich darauf schaut, was du eigentlich wirklich Gutes hast. Du kommst dann in die Tiefe, an deine Gefühle. Und das ist manchmal das Gesunde im Leben,
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