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Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Titel: Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Obermaier
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so gelitten, dass ich mir denke, das will ich mir nicht mehr antun. Es war genauso wie damals bei Bockhorn. Ich brauche sehr lange, bis ich mit so einer Geschichte durch bin. Manchmal denke ich sogar, länger als andere Menschen. Ich muss nicht nur die gemeinsame Freude, sondern auch das Leid bis zum letzten Tropfen auskosten.
    Es hatte schon vor der Trennung eine Weile gekriselt, und so passierte es, dass ich neben diesem Lover auch noch eine »kleine Liebe« hatte. Das hatte sich auf einer Reise nach Marokko so ergeben. Ich habe mir einfach gedacht: Gut, den einen kannst du nicht ganz haben, weil er in einer Beziehung steckt. Ich will aber auch meinen Spaß haben.
    Als ich meinen »kleinen« Lover – meine »Perle des Orients« – kennenlernte, war ich in dieser schwierigen Phase. Ich war sehr verletzlich, oft schlecht gelaunt, fing mit meinen Freundinnen Streit an. Da wohnte ich nun in meinem schönen Haus mit meinen Tieren, finanziell war alles okay, ich musste mir keine Existenzsorgen machen, aber ich war unglücklich. Ich wusste, dass unsere Liebe zu Ende ging, auch wenn wir nie darüber sprachen. Es war ein schlimmes Gefühl, das mich aushöhlte und an mir riss. Dann meldete sich eines Tages meine marokkanische Freundin Kinza.
    Mit ihr wollte ich schon seit Jahrzehnten nach Marokko reisen, aber sie hatte ihre beiden Kinder, und es ging irgendwie nie etwas zusammen. Jetzt hat es endlich geklappt! Das war schon immer mein Lieblingsrezept gegen aufkommende schlechte Stimmungen und Selbstzweifel: Wenn es einem ganz schlecht geht, dann muss man etwas ganz anderes machen. Am besten reisen, unterwegs sein, mein (Fast-)Allheilmittel.
    Wir wollten auf das Festival Gnaoua in Essaouira. Die Gnaouas sind ja die Nachkommen der ehemaligen Sklaven aus Schwarzafrika. Heute sind sie in Marokko die Musiker und Zauberer, Schlangenbeschwörer, Medizinmänner und Hellseher. Für ihr Festival laden sie Musiker ein, die Jazz, Rock, Pop und tribal music machen und hier ihre Stile verschmelzen. Das ist einzigartig von der Stimmung, und du triffst viele spannende Menschen. Ich lernte hier Abdul kennen, 27 Jahre jünger als ich, und verknallte mich in diesen schmalen, sehnigen Berber und er sich in mich.
    Das war so schön, weil, heutzutage rennen einem ja nicht mehr literally die Männer nach …
    Na ja, wenn ich so sehe, wen du alles anschießt. Als wir heute an den Santa Monica Stairs (einer Treppe mit sehr vielen Stufen, die sehr beliebt bei Fitnessfreaks ist) vorbeifuhren und du diesem Typen zugelächelt und -gewinkt hast, konnte der gar nicht mehr die Treppe hochrennen, so war der aus dem Häuschen.
    Auf dem Festival also kommt plötzlich dieser hübsche Berber-Kerl mit Dreadlocks bis zur Hüfte her und lacht mich an. Dann nimmt er meine Hand und dreht mich um zum Tanzen, und wir haben toll getanzt. Das fand ich exciting, ich war auf einmal wieder so gut gelaunt. Danach waren wir beim Essen, und am nächsten Tag haben wir uns wieder getroffen. An einem Abend war es dann so weit. Ich Wahnsinnige zog an seiner Hand durch die Gassen Marokkos. Ich sagte mir zwar: »Geh, Uschi, wirst du nicht gescheiter mit deinen sechzig Jahren oder so.« Das war das, was meine Mama (nicht nur) in dieser Situation gesagt hätte. »Bist du jetzt immer noch nicht gescheiter?«
    Mir war aber einfach so danach und vor allem nach ihm, nach Liebe, nach einer tollen, aufregenden Nacht. Wir sind dann in einem alten, halb verfallenen Haus gelandet. Und da hat es mich dann doch gerissen, nein, hier nicht, auf keinen Fall, ich kann doch hier nicht love machen. Ein bisschen gescheiter bin ich wohl tatsächlich geworden … Auf alle Fälle habe ich ganz kurz einen Horror gekriegt. Er wollte gerade Tee machen und war in der Küche. Da bin ich aufgestanden und davongelaufen. Es war unheimlich. Zuerst habe ich die falsche Tür erwischt und dann endlich raus. Er kam dann gleich hinterher, und ich habe alles abgeblockt: »Nee, also weißt du, ist nicht mein Ding, das kann ich nicht. Das will ich nicht.« Ich war sehr aufgebracht und wollte nur noch flüchten und zurück ins Hotel. Er hat mich dann dorthin gebracht.
    Am nächsten Tag wollten Kinza und ich mit dem Taxi nach Marrakesch weiter. Als wir dann im Taxi saßen, habe ich mich über mich geärgert. »Wieso habe ich mir keine Telefonnummer geben lassen? Das war ja ein interessanter Typ, den würde ich so gerne wiedersehen.« Irgendwie war da was Besonderes. Ich war so sauer auf mich und dass ich mir diese

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