Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
Freude an so etwas haben können. Was Wunder, wenn in nur kurzer Zeit unter den Glasdächern mutierte Nutzpflanzen verschiedener Arten, mutierte Nutztiere und entsprechend aufbereitete Materialien in großen Mengen produziert waren.
    Es muß ein Ereignis höchster Euphorie gewesen sein, als der erste mutierte Mensch geboren wurde. Es wurde zum öffentlichen, fast sakralen Akt! Ein Akt, der das Geburtengesetz einleitete: Jedes Ehepaar mindestens vier Kinder! Da die Embryos im Mutterleib klein blieben, wurde das Gebären zum Spaß. Das erste Baby hatte eine Größe von…«, Chris Noloc stockte, überlegte, »…vierzehn Zentimetern – nach euren Maßen.« Er nickte einigen seiner Gefährten zu, die sich seit ein paar Minuten an der vorbereiteten Filmapparatur zu schaffen machten.
    Und dann lief vor den Zuschauern ein Film ab, körnig und unscharf zwar, aber dennoch instruktiv. Er zeigte Ausschnitte aus jenem Fest. Die Euphorie, Verzückung und Ekstase waren unglaublich und ekelhaft. Und doch starrten die Großen wie gebannt auf die Schirme. Ein Stück lebendiger Vergangenheit, kein Vergleich zu anderen Zeitdokumenten. Was hier lief, war ein Film, der nur für das Geheimarchiv gedreht worden war.
    Dann war da ein Tuch, gehalten von zwei Händen, ein Würmchen strampelte da, der erste Erfolg: Ein Mensch, der höchstens vierzig Zentimeter groß sein würde.
    Die Familien sahen offenbar ihren Ehrgeiz darin, die vorgegebene Zahl von vier Kindern zu überbieten, zumal sich der Staat stark in die Erziehung einschaltete, vom Säuglingsalter an. Der Film zeigte eine Geburtenklinik, glückstrahlende Familien, Förderung der Kinder. Gebären war leicht, die Kinderpflege ein Spiel, die Menschen begannen in Überfluß zu leben.
    Es gab zwar harte Arbeit, aber das gehörte zur Mission, und der Film drückte das deutlich in einigen Szenen aus.
    Als die Vorführung zu Ende war, fuhr Chris Noloc in seinem Bericht fort: »Nur einige wenige von den Vertrauten des Professors hatten den Auftrag, in die Welt hinauszuhorchen. Als die Probleme wuchsen, schlich sich der Ungeist des Mißtrauens ein. Die Kolonie kapselte sich ein, Funkgeräte wurden zerstört, Nhak und seine Getreuen begannen systematisch die Vergangenheit zu löschen. Bei immer mehr Jugendlichen zeigte sich ein beängstigender Gedächtnisschwund. Die Hochstimmung übertünchte das über Jahre. Später wurde es als Schicksal, als unvermeidliche Begleiterscheinung des Verkleinerungsprozesses hingestellt.
    Da gab es einige, die meinten, gegen diesen Gedächtnisschwund werde deshalb so wenig unternommen, weil er die Vergangenheit auslöschen half. Dieser Leute hat man sich entledigt, unauffällig, aber gründlich. Sie wurden sozusagen aus dem Paradies vertrieben, in der Meinung, es sei ihr sicherer Untergang. Später waren sie und etliche andere unsere Rettung.
    Damals müssen sich für die Administration die Ereignisse überstürzt haben. Furchtbares bahnte sich an: Ziel war, eine Größe von zehn Zentimetern zu erreichen. Doch dann kam die Gewißheit und das Fiasko: Der Prozeß der Verkleinerung lief der Administration aus der Hand. Professor Nhak starb. Wissenschaftlicher Nachwuchs fehlte fast völlig; aus Mißtrauen waren nur wenige eingeweiht worden. Das Leben verlief schneller.
    Seht mich an!« Chris Noloc hatte abermals die Stimme erhoben. »Ihr haltet mich für Mitte dreißig, nicht wahr? Ich bin zwölf Jahre alt, habe die Hälfte meines Lebens bald gelebt!«
    Zum erstenmal, seit er sprach, erhob sich im Raum ein Raunen. Auch Hal gab es zunächst einen Stich. Der Gesprächspartner war ein Kind! Aber dann vergegenwärtigte sich Hal das Unsinnige dieses Gedankens. Es ist der Leiter einer Gruppe von Menschen in einer komplizierten, außergewöhnlichen Situation und hat gewiß mehr Verantwortung zu tragen und folgenschwerer zu entscheiden als ich!
    »Und zweitens war der Verkleinerungsprozeß nicht mehr zu stoppen, auch dann nicht, als wir längst nicht mehr genetisch beeinflußt wurden. Von Generation zu Generation wurden wir kleiner, bis heute.«
    Die Menschen im Iglu hörten beinahe atemlos zu, als Noloc das sagte. Eine drückende Traurigkeit breitete sich aus und Mitgefühl…
    Chris Noloc aber erzählte leichten Tons weiter, einiges trug er beinahe unernst vor.
    Hal drängte sich die Frage auf: Wenn sie den Verkleinerungserbkomplex entwickelt hatten, warum dann nicht auch den umgekehrten Vorgang? Als ob er den Gedanken erraten hätte, fuhr Noloc fort: »Sie waren

Weitere Kostenlose Bücher