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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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einen nächsten, dickeren Halm zu erklimmen. In wenigen Augenblicken war dessen Krone erreicht. Der Rote verhielt, begann eigenartig zu wippen. »Was jetzt?« fragte Gela und drehte sich zu Karl Nilpach um. Plötzlich stand Schrecken in ihrem Gesicht. Karl drehte sich ebenfalls um. Hinter ihnen klappte der rote Panzer auf. »Schnell runter oder festhalten«, rief Karl. »Er wird fliegen!«
    »Also festhalten!« schrie Gela zurück. Sie klammerte sich an die Rundungen der zwei angeklebten Gabelbeine und vergewisserte sich mit einem Blick, daß der Knoten der Sicherungsleine saß.
    Gela fühlte sich einigermaßen sicher. Sie drehte sich um.
    Hinter dem Deckel, der wie ein riesiges, gewölbtes Tor abstand, entfalteten sich schnell glitzernde Flügel. Und mit einem Blitzstart waren sie in der Luft. Erst sah es nach einem Absturz aus, dann fing sich der Rote, zog eine rasante Spirale und flog in rasender Geschwindigkeit Richtung Südsüdost.
    Gela schüttelte alle aufkommende Bangigkeit von sich, die der luftige Flug, die hohe Geschwindigkeit und das mehr als unsichere Ziel des Fluges ihr einflößen wollten. Sie ließ das Bild der Landschaft auf sich wirken.
    Das Gelände bot sich im wesentlichen so dar, wie sie es tags zuvor vom Hubschrauber aus gesehen hatten. Sie flogen in einem lichten Wald von Riesenbäumen über eine grüne Fläche hinweg, aus der ab und an hell Stubben heraufleuchteten. Gela hielt vergebens nach dem einen Ausschau. Sie glaubte, daß sie ihn erkennen würde. Sie erinnerte sich, daß ein eigenartig gesplitterter Riesenstamm unweit davon gelegen hatte.
    Karl Nilpach betrieb andere Studien. Er schätzte, was außerordentlich schwerfiel, die Geschwindigkeit und stellte am ausgebauten Hubschrauberkompaß die Flugrichtung fest. Gerade als er Gela seine Bedenken zurufen wollte, wurde der Flug jäh unterbrochen. Die hohe negative Beschleunigung drückte sie an die Leine.
    Der Rote hatte sich auf eine gekrümmte, außerordentlich rauhe, vertikalstehende Fläche niedergelassen, mit dem Kopf nach oben.
    Kaum hatten sich Gela und Karl auf der Sitzstange eingependelt, wendete er, wobei sie wiederum alle Hände voll zu tun hatten, um nicht abgeworfen zu werden; denn der Rote drehte sich so, daß seine linke Seite, an der sie saßen, sich nach unten wandte. Er begann behend – offenbar war er außerstande, langsam zu laufen – die rauhe Fläche abwärts zu klettern.
    Dann war er auf dem Boden, der aus braunen, wirr durcheinanderliegenden Bohlen bestand, zwischen denen nur spärlich Pflanzen sprossen. Über diesen Boden kroch eifrig der Rote und vollführte mit seinen Reitern beinahe halsbrecherische Artistenübungen.
    In der Ferne ragten Felsen aus dem Boden, manchmal schoß ein fliegendes Tier über sie hinweg, einmal kreuzte auch eine Ant den Weg.
    Unter den sechs Füßen des Roten bebten und hoben sich die Bohlen, »Riesennadeln von den Bäumen« hatte Karl sie genannt.
    Der Rote ging geradeaus, ungeachtet der Tatsache, daß es oft nur wenige Fuß links oder rechts wesentlich leichter gewesen wäre. Er erklomm Stapel, rutschte, kippte beinahe um. Beharrlich strebte er einem Lichtfleck zu, den die Sonne auf den Boden zeichnete. Als er ihn erreicht hatte, verhielt er eine Weile. Er machte sich mit knackenden Zangen über etwas her.
    Gela beugte sich vor und wandte sich dann schaudernd an Karl Nilpach. »Er frißt so ein großes Tier, wie es Chris vorgestern geschossen hat. Und wie schnell das bei dem geht!«
    Dann war Stille. Der Rote wollte offenbar die Reise nicht weiter fortsetzen.
    Nun sahen sie es: Der Lichtfleck war erloschen. Wahrscheinlich hatten sich Wolken vor die Sonne geschoben. Vergewissern konnten sie sich nicht, die Kronen der Baumriesen, verdeckten die Sicht nach oben.
    »Wo sind wir wohl, Karl?« fragte Gela.
    »Das ist natürlich immer ungenauer festzustellen«, antwortete Karl. »Aber ich meine, so an die zwölf Meilen westlich von unserem Ziel.«
    Nach einer Weile sagte Gela plötzlich mit nur schlecht verhaltener Freude: »Karl, ich habe da so eine Idee, wie wir den Roten in eine gewünschte Richtung lenken könnten. – Vielleicht lohnt sich ein Versuch…«
    Karl sah Gela erwartungsvoll an.
    »Er ist der Sonne entgegengeflogen, vorhin«, erläuterte Gela hastig, »und du hast erzählt, daß er wie irr zum Feuer drängte.
    Das könnten wir ausnutzen. Reich mir mal dein Gepäck her und halt mich ein wenig fest!«
    Karl hielt Gela an den Schultern. Sie kramte eine Weile, dann hatte sie

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