Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
offenbar alles, was sie gesucht hatte.
    Jetzt brauchte sie noch einen möglichst langen Stock, wie sie sagte, dessen Beschaffung deshalb problematisch war, weil der Rote, wie es seiner Art entsprach, jeden Augenblick unvermittelt losstürmen konnte.
    Schließlich seilte sich Karl an und holte einen geeigneten Ast, den er vom Sitz aus in der Umgebung ausgemacht hatte.
    Er war gespannt, was Gela vorhatte. Da sie ein wenig geheimnisvoll tat, fragte er nicht weiter.
    Sie hantierte an ihrem Sitz und an dem Stock herum. Er konnte ihr Tun nicht genau verfolgen, da sie ihm die Sicht versperrte.
    Wenig später sagte Gela befriedigt: »So!«
    Dann sah es Karl Nilpach: Gela hatte die mitgeführte Gasleuchte an den Stock, die Druckflasche an ihren Sitz gebunden, entzündete jetzt die Lampe und hielt sie mit dem Stock dem Roten vor den Kopf.
    Karl Nilpach war erregt. Er hatte Gelas Vorhaben sogleich begriffen. Der Rote lief zum Licht, und er war ein außerordentlich dummes Tier. Insofern hatte Gelas Plan viel für sich.
    Zunächst rührte er sich nicht. Aber sein linker Fühler, den sie von den Sitzen aus sehen konnten, spielte nervös. Und dann rannte er los.
    Gela probierte allerlei und wurde übermütig, als der Erfolg eintrat. Sie lachte, redete dummes Zeug mit dem Roten, der, je nachdem wie sie die Lampe hielt, ob links oder mehr rechts vor seinem Kopf, stets in die gewünschte Richtung schwenkte.
    Und der Rote lief. Nach einer Stunde hatte er eine Strecke zurückgelegt, die dem Pensum des ersten Tages entsprach. Der Ritt war freilich nicht wenig anstrengend. Die Sitzstange erwies sich nicht als das bequemste, und da der Rote die Hindernisse überkletterte, wie sie kamen, das heißt beinahe ebensooft vertikal wie horizontal lief, wurde von den Reitern ständige sportliche Aktivität gefordert. Aber die Stimmung war gut.
    Sie hatten wieder Graswald erreicht. Als Gela den Roten, da sie annahmen, bereits in der Nähe des Zieles angekommen zu sein, zum zweitenmal einen kräftigen Halm hochlotste, trat die Sonne hinter den Wolken hervor. Der Rote beschleunigte seinen Vertikallauf. Und gerade als Gela in der Ferne den umgestürzten Baumriesen auszumachen glaubte, erhob sich der Rote erneut in die Luft und flog mit der bekannten hohen Geschwindigkeit gen Süden, immer der Sonne entgegen.
    Gela schrie und fuchtelte dem Tier mit der Lampe vor dem Kopf herum, freilich ohne das geringste Resultat. Das Licht der Sonne überstrahlte das der Lampe um ein beträchtliches.
    Glücklicherweise währte der Flug nur ganz kurze Zeit. Wieder wurde das Vorwärtsstürmen jäh unterbrochen. Nach einer wilden Spirale, bei der sie beide Mühe hatten, nicht aus den Sitzen geschleudert zu werden, saß der Rote auf einer eigenartigen und, wie sich sogleich herausstellte, vibrierenden, wandernden vertikalen Fläche merkwürdiger Struktur. Sie bestand aus gebündelten, mannsstarken Strängen grünlicher Färbung, rechtwinklig zueinander und geometrisch regelmäßig angeordnet, die miteinander so verwoben waren, daß sie alternierend unter- und übereinander verliefen.
    Bevor sie sich genauer orientieren konnten, schrie Gela plötzlich auf: »Dort unten, unser Platz!«
    Karl fuhr herum. Ja, das war er, kein Zweifel. Er hatte ihn schließlich oft genug aus der Höhe betrachtet.
    Aber da war noch etwas: Unter ihnen wogte es, sie bewegten sich vorwärts, schwebten jetzt in großer Höhe über den Stubben hinweg, mit einem ausgreifenden Ruck.
    »Los, runter!« schrie Karl. Schon waren sie am Ziel um tausend Fuß vorbei. Er faßte Gelas Hand, Gela begriff, sie zertrennte ihre Halteleine und glitt von der Sitzstange.
    Sie fielen eine Weile an der merkwürdigen, faltenwerfenden Steilwand entlang, die sich in raumgreifenden Rucken von ihnen entfernte. Dann stampften – schon fern – verschwommen zwei gewaltige Säulen, deren Anblick in Gela eine vage Erinnerung wachrief.
    Wenig später tauchten sie und Karl wieder ein in den schon sattsam bekannten Grasdschungel aus breiten, langen Blättern und Stangen, grün und gelbbraun, kreuz und quer.
    Später, immer wenn der Blick nach vorn frei wurde, stand vor ihnen hoch aufragend das Stubbenmassiv.
    Obwohl der Marsch nicht weniger beschwerlich war als am Vortag, gingen sie doch mit einem ganz anderen Elan an die Überwindung der Hindernisse. Bald schwitzte n beide. Sie waren jedoch guter Dinge, malten sich aus, was die anderen für Augen machen würden.
    Sie erörterten auch das merkwürdige wandelnde Hindernis, das den

Weitere Kostenlose Bücher