Expedition Mikro
das winzige Ding zu greifen. Es ging leichter, als eine Fliege zu fangen.
Er war kaum zu Boden gesprungen, als es über ihm summte.
Von der Plattform schwirrte es hoch – bestimmt die restlichen Hubschrauber! Er konnte sie nicht zählen, weil sie schnell und durcheinander flogen. Es sah aber nicht aus wie Flucht, eher wie Suche. Sie kreisten zunächst, verteilten sich dann in der Umgebung. Schon schwirrte einer um Hal, er hätte ihn mit Leichtigkeit mit der Hand zu Boden schlagen können. Wenig später umkreisten ihn alle.
Spaßeshalber pustete Hal nach einem.
Djamila, seine Absicht erkennend, rief: »Nicht!«
Aber da fing der kleine Apparat in Hals Lufthauch bereits an zu trudeln, wurde nach unten gedrückt. Der Pilot schien aber sehr erfahren zu sein. Er steuerte so, daß die Schraube voll im Wind stand, und ließ sich vom Luftstrom hinwegtragen.
Plötzlich waren sie verschwunden. Wenig später landeten sie – und darüber freuten sich Hal und Djamila besonders –, einer nach dem anderen, auf der Plattform.
Sie hatten beschlossen, um schnell in das Wohngebiet zurückzukommen, die Vakubahn zu benutzen, denn um diese Tageszeit war das mit der Fliegerei so eine Sache. Der von ihnen zu benutzende Korridor ging quer durch die Stadt. Und Hal hatte schon einigemal erlebt, daß der Flugregelcomputer seinen Aufgaben alles andere als Ehre gemacht hatte. Wartezeiten von zwei Minuten waren dann an den Einmündungen der Trassen keine Seltenheit.
Sie flogen deshalb mit ihrem Nahgleiter, mit dem sie gekommen waren, nur bis zur Station. Nach einer knappen Stunde betraten sie ihren Wohntrakt.
Natürlich hatte Hal die Katalysatoren für diesen Tag abgeschrieben. Djamila ging in den Hort. Den Sohn, der in der letzten Zeit ein wenig über die Stränge schlug, durften sie nicht vernachlässigen, trotz allem.
Sie hatten sich aber einen gemeinsamen Plan gemacht, dessen ersten Teil Hal nun zu verwirklichen trachtete.
Zuerst rief er Gwen Kasper an.
Gwen sah etwas mitgenommen aus.
Da die x-Komponente von Hals Videogerät einen Defekt hatte – bis etwa eine Minute nach dem Einschalten gab es eine gewaltige Verzerrung des plastischen Bildes –, traf ihn scheinbar die Beule an Gwens Kopf fast an der Nase. Deshalb frage Hal zunächst: »Was ist dir denn zugestoßen?«
»Treib Sport oder bleib gesund«, brummte Gwen und kühlte mit einem blanken Eiswürfel.
DA beugte sich Ev, Gwens Gefährtin, ins Bild und sagte:
»Unsinn, laß dir nichts einreden, Hal. Gealbert haben sie, der Herr Vater und seine Tochter. Looping mit dem Gleiter. Aus vier Meter Höhe sind sie heruntergefallen.«
Gwen machte eine hilflos wirkende Bewegung, aber da platzte Hal voller Ungeduld schon los: »Du kennst mich?«
fragte er schlau.
»Hm?« fragte Gwen zurück, sein Gesicht drückte nicht gerade höchstes Verständnis aus. »Hältst mich für normal?« fragte Hal hartnäckig weiter.
Gwen sah Hal mit gerunzelter Stirn an. »Bis vor einer Minute tat ich das noch«, sagte er anzüglich.
Hal ging nun zielgerichtet vor. »Wofür hältst du das?« fragte er und schuf vollendete Tatsachen. Er schüttete den Minischrauber auf den Tisch, hielt die Lesekamera davor und – zum Abschätzen der Größe – seinen kleinen Finger.
Nun kannte Gwen Kasper seinen Freund Hal als einen, wenn auch im Regelfall unernsten, aber im allgemeinen ernst zu nehmenden Menschen. Und sie hatten sich manche Nacht manche Problemdiskussion geliefert. Es war eine von jenen zwar lockeren, aber immerwährenden echten Freundschaften, die sie verband. Sie wußten etwa, was sie voneinander zu halten hatten. Deshalb ging Gwen auf Hals Frage auch ernsthaft ein.
»Für die sinnlose Freizeitbeschäftigung eines offenbar sehr begabten Bastlers«, antwortete er. »Und wenn das Ding auch fliegt?« fragte Hal lauernd.
»Für die Auswirkung eines drückenden Knorpels in deiner Erbmasse«, setzte er unbeeindruckt die Beantwortung von Hals Frage fort.
Das Wort »Erbmasse« saß irgendwie, kroch in Hals Unterbewußtsein. – »Nein, ohne Quatsch«, sagte er. »Djamila ist Zeuge!«
Das war ein Argument. Mila war als eine sehr konsequente, nicht gerade bequeme Partnerin bekannt, immer geradezu. Sie spann im allgemeinen nicht, das wußte auch Gwen.
»Dann laß ihn eben mal fliegen«, sagte Gwen ergeben.
»Im Augenblick habe ich keine Piloten dazu«, antwortete Hal bedauernd.
Gwen faßte sich an den Kopf, besann sich jedoch und verschonte Hal mit dem bekannten Tippen, befühlte statt dessen im
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