Expedition Mikro
letzten Augenblick seine Beule. Er sah Hal abwartend an.
Hal erzählte so präzise und knapp wie möglich. »… und du bist der erste, mit dem wir darüber reden«, schloß er. »Du müßtest das über deinen UNO-Ausschuß bearbeiten, denke ich.
Ich sehe keinen anderen Weg.«
Sie hatten sich, Gwen und Hal, gemeinsam auf ein Produktionsstudium vorbereitet. Hal hatte die Verfahrensautomation gewählt, während Gwen es mit der Produktionskultur versuchte. Später merkte er, daß ihm etwas rein Technisches mehr gelegen hätte. Nach einer durchschnittlichen Betriebspraxis wurde er Mitarbeiter im Territorialrat zweihunderteinunddreißig; er wurde durch das Koordinierungszentrum mehrmals ausgezeichnet und hatte sich als Mitglied einiger interterritorialer Gremien – so auch im UNO-Ausschuß zum Schutz territorialer Räume – Einfluß erworben. Gwen zählte zu jenen, denen man nachsagt, daß sie eine Sache, einmal angepackt, auch positiv zu Ende führen.
Im übrigen war er genau wie Hal immer zu einem Ulk aufgelegt. Nur mit seinen Lebensgefährtinnen klappte es nicht so richtig, obwohl er sich durchaus unter »verträglich und ausgeglichen« einordnen ließ. Hal war objektiv genug einzuschätzen, daß es tatsächlich meist an der Tücke der Situation gelegen hatte: Die erste fühlte sich plötzlich zur Astroarchäologie hingezogen und grub auf dem Mars nach Resten rätselhafter Kulturen, ziemlich erfolgreich, wie man ab und an hörte, aber auch ziemlich hartnäckig. Der zweiten gefielen die häufigen Reisen Gwens nicht. Aber Ev schien ihn, wie man so sagt, im Griff zu haben.
»Einer Psychoillusion habt ihr euch nicht ausgesetzt?« fragte Gwen nach einer kleine Pause. Und er fuhr fort: »Nein, sonst hättet ihr ja das Ding nicht.«
Gwen war ein Mann von schnellen Entschlüssen. »Paß auf«, sagte er, »ich versuche, mit Professor Agel – nein, der ist nicht da –, mit Professor Fontaine sofort Kontakt aufzunehmen. Er ist bei uns Gutachter. Dann komme ich zu dir, und wir fahren gemeinsam zu ihm. Djamila auch.«
»Bis dahin wird sie zurück sein«, setzte er auf Hals Einwand hin dazu. Hal freute sich über Gwens Plan; denn als zweite Position stand auf seiner Notiztafel: Professor Fontaine.
Sie diskutierten drei Stunden. Professor Fontaine war ein praktischer Mann. Als Hal den Hubschrauber vor ihn hinstellte, zog er lediglich die Nase kraus und ließ Hal, ergänzt durch Djamila, ausreden.
»Wann war das?« fragte er dann. Sie sagten es ihm.
»Der Baum ist also noch da – natürlich!« Er sprach wie zu sich selbst. Dann sah er aus dem Fenster.
Der schöne Vorfrühlingstag glitt in eine kalte klare Nacht.
»Morgen, sechs Uhr bei mir«, bestimmte der Professor. »Die Formalitäten mit Ihren Arbeitsstellen erledige ich.« Er sah hoch, wurde sich offenbar seines Administrierens bewußt. »Ich gehe doch wohl nicht fehl, wenn ich annehme, daß Sie dabeibleiben wollen?« Er lächelte. »Spätestens übermorgen, Kollege Kasper, müßte dein Ausschuß die Arbeit aufnehmen.«
Hal war bei den Ausführungen des Professors nicht so recht wohl. Er dachte an seine Katalysatoren, mehr aber an das Gesicht Royls, seines Chefs. Bei ihm wird der Gedanke, daß ich für unbestimmte Zeit irgendeinem Unsinn nachgehe, wenig Verständnis auslösen, dachte er. In seinen Augen ist alles, was sich außerhalb des Kombinats in irgendwelchen Ausschüssen und Gremien abspielt, Unsinn oder doch zumindest von sehr untergeordneter Bedeutung, also fast überflüssig. Natürlich wird er auch diesmal so etwas nicht offiziell verlauten lassen.
Eigentlich ist er ein fröhlicher Mensch, überlegte Hal weiter, aber mit einem beträchtlichen Schuß ins Technokratische, und er ist wohl auf dem besten Weg zu einem Fachidioten, setzte Hal boshaft seinen Gedanken hinzu; eingestandenermaßen nicht ganz objektiv, ihm war seine Studie ins Gedächtnis geraten. Trotzdem, wir haben im Kombinat schon Beachtliches geleistet, auch in meiner Abteilung. Ob das in Royl das Gefühl, bedeutend zu sein, gestärkt hat? Da muß dann natürlich meine Nebenbeschäftigung stören, na ja.
Hal dachte an die Tagung der Psychologen, und sein Unwohlsein verstärkte sich. Bei einem mutmaßlich so langen Fernbleiben konnten ihm allerhand Fäden aus den Fingern gleiten. Aber schließlich birgt unsere Entdeckung auch einiges in sich!
Nur, wenn man Royl das sagen könnte, ob er den winzigen Menschlein etwas abgewönne? Wir leben in einem Zeitalter, in dem alles möglich ist oder
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