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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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und deutete auf die Birke mit dem abgetrennten Ast.
    Er nickte. »Wollen wir nachsehn?« fragte sie.
    Und jetzt war er ihr dankbar. Zumindest tut sie so, als sei ich kein Spinner, dachte er.
    Hal blickte zweifelnd zur Birke, seiner Kletterkünste gedenkend. Aber der Stamm schien ziemlich rauh zu sein, und er hatte schon unten zahlreiche Äste.
    Sie zogen sich rasch etwas über, und Hal stieg vor, bemüht, den Stamm nicht allzusehr zu erschüttern.
    Nach einiger Anstrengung hatte er den Ast erreicht. Er schaute über den Rand der kleinen Plattform und wäre vor Überraschung beinahe abgestürzt.
    Schnell gab er Djamila ein Zeichen, sie solle noch vorsichtiger klettern. Dann stieg er ein wenig höher, erreichte eine Gabel, lehnte sich bäuchlings an einen Ast und befand sich so mit dem Gesicht fast direkt über der Plattform.
    Djamila hatte unterdessen eine Stelle erreicht, von der aus sie ebenfalls über den Rand des Aststumpfes zu blicken vermochte. Ihr stieg das Blut ins Gesicht, ihre Augen bewegten sich nervös, den Mund hatte sie wie zu einem Ruf geöffnet und vergessen, ihn wieder zu schließen.
    Sie sahen auf einen Flugplatz!
    Schon die Ordnung schloß jeden Zweifel aus, vernünftiges Wirken vor sich zu haben: In einer Reihe standen sieben Minihubschrauber streng ausgerichtet, davor ein Anzahl abgestellter Filigrangabelstapler und ähnlicher Geräte. Die Hubschrauber – offensichtlich verschiedenen Typs – befanden sich am Rand einer glatten, etwa zwei Zentimeter breiten Piste. Hal schloß daraus messerscharf, daß nicht senkrecht startende Flugzeuge ebenfalls auf diesem Stützpunkt starten und landen konnten.
    Ziemlich an der Peripherie des Plateaus standen viereckige Quader, richtiger: Quaderchen. Hal hielt sie für Bauwerke, weil er Öffnungen sah, wie Einstiche von einer kantigen Nadel, die er für Fenster hielt.
    Etwa in der Mitte der Plattform erhob sich ein fast vier Zentimeter hoher, trinkröhrchendicker Turm.
    Eigenartig muteten geometrisch begrenzte Algen- und Flechtenwucherungen an, die auf dem alten Holz einen guten Nährboden fanden, wie Grünanlagen sahen sie aus.
    Erstaunlicherweise wiesen sowohl die Flugapparate, soweit Hal das in dieser Miniaturausführung überhaupt zu erkennen vermochte, als auch die Bauten den Entwicklungsstand des vorigen Jahrhunderts – er schätzte letztes Viertel – auf.
    In Löchern am Rand des Plateaus, die irgendwelche Wespen oder ein Wurm gebohrt haben mochten, machte Hal winzige, körnchenartige Gegenstände aus.
    Nur bei angestrengtestem Hinsehen glaubte er, auf dem schmutziggrauen Untergrund neben den Grünflächen auch hin und wieder eines der Stäbchen krabbeln zu sehn.
    Mit einem Blick verständigten sie sich. Djamila nickte und begann mit dem Abstieg. Hal folgte vorsichtig.
    Sie erwartete ihn unten. »Mann«, flüsterte sie, »was machen wir jetzt?«
    Er wußte es nicht. Er war sich auch der Tragweite dieser Entdeckung noch keineswegs bewußt, aber er ahnte, daß irgendwo eine Lawine voller Ereignisse hing und daß der Föhn, der sie auslösen würde, schon blies.
    »Wir brauchen einen Beweis«, sagte Djamila plötzlich laut, »sonst glaubt uns kein Mensch.«
    Hal schlug sich vor die Stirn. Sie hatte recht, und schon schickte er sich an, die Birke erneut zu besteigen.
    »Halt, bleib noch!« Djamila ergriff Hals Hand. »Das müssen wir überlegen. An die – Stäbchen denkst du wohl nicht?«
    Wieder hatte sie recht.
    Sie setzten sich auf ihre Folie. Abwechselnd sahen sie zur Birke, immer befürchtend, daß sich dort ihr kleiner Schwarm auf Nimmerwiedersehen erheben könnte. Es bliebe dann eine Vision, nichts weiter. Sie berieten.
    Dann bestieg Hal die Birke erneut. Er nahm wieder den Platz auf dem Ast ein, schob Daumen und Zeigefinger behutsam an einen der winzigen Hubschrauber von hinten heran und klemmte ihn vorsichtig zwischen die beiden Fingerkuppen. Er fühlte sich stachelig hart an.
    Daraufhin schüttelte er das Apparatchen mehrmals hin und her und setzte es wieder auf, aber ohne es loszulassen. Er hielt es so eine ganze Minute, bemüht, einen Krampf zu vermeiden.
    Sollten sich wider Erwarten Stäbchen darin befunden haben, hatten sie jetzt Gelegenheit zu flüchten. Jedes vernünftige Wesen würde das tun, wenn es galt, einer unbekannten Gefahr zu entrinnen.
    Dann steckte Hal den Hubschrauber in das mitgebrachte Etui, verschloß es sorgfältig und stieg vom Baum. So etwas wie Triumph bemächtigte sich seiner, obwohl es nachgerade keine Heldentat war,

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