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Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit

Titel: Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Heyerdahl
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mit gepökeltem Schinken servierte. Wer konnte wohl auf Carlo böse sein? Das Tonbandgerät wurde auf der Reise mit keinem Wort mehr erwähnt. Erst als wir auf der anderen Seite an Land standen, legte Santiago eines Tages die Hand auf Georges' breite Schulter und sagte ruhig:
    »Georges, was bin ich dir für das Tonbandgerät schuldig?«
    Wir waren alle gleichermaßen verblüfft. Georges drehte dem kleinen lächelnden Mexikaner langsam, ungeheuer langsam die Breitseite zu, dann lächelte er selbst von einem Ohr zum anderen und sagte:
    »Welches Tonbandgerät?«
    »Wie hast du das fertiggebracht?« fragten wir Santiago später.
    Er gab zu, daß er starke Zweifel hatte, ob er richtig handelte, als er die Spieldose ins Meer schubste. Aber er sei ehrlich davon überzeugt gewesen, daß sie irgendeiner dem Besitzer über den Schädel geschlagen hätte, wenn sie noch sehr viel länger dieselben Melodien gespielt hätte.
    Während die Wochen vergingen und wir sieben in der engen Korbhütte Tag und Nacht wie bei einer Familienfeier zusammengepfercht waren, segelte die Ra unter dem ewig gleichen Horizont weiter; er umschloß uns wie ein magischer Kreis. Vom 4. bis 9. Juni rollten die Wogen gemächlich dahin, der Wind war lau, einige von uns wollten Tag und Nacht nur schlafen. Der Papyrus hatte sein Ächzen und Knarren aufgegeben, er schnurrte jetzt wie eine Katze in der Sonne. Norman vertraute mir an, daß er sich Sorgen machte. Wir trieben langsam nach Südwesten, und wenn der Wind nicht auffrischte, bestand die Gefahr, daß wir von den Wirbelströmen vor den Küsten Mauretaniens und des Senegals erfaßt würden. Wir waren wieder ins Routengebiet von Schiffen geraten, ständig sahen wir nah und fern Schiffe, und in der Nacht zum 6 . Juni steuerte ein großer, erleuchteter Ozeandampfer frontal auf uns zu - so direkt, daß die Offiziere auf der Brücke den Schein unserer kleinen Paraffinlampe in der Mastspitze unmöglich entdeckt haben konnten; deswegen winkten wir wie wild mit unseren Taschenlampen. Der flaue Wind ließ uns kaum die Möglichkeit, mit Hilfe der Steuerruder wegzukommen. Der Riese fuhr lärmend in Festbeleuchtung auf uns zu und erhob sich drohend vor uns; plötzlich drehte er, von uns aus gesehen, nach steuerbord ab und brach sein mechanisches Donnergetöse ab. Ein wütender Verweis wurde so schnell von der Brücke zu uns herabgeblinkt, daß wir nur das Wort »please« auffingen, ehe der Riese ohne Motorkraft knapp 300 Meter von den Papyrusbündeln entfernt lautlos vorbeiglitt. Dann kochte es wieder um die Schraube, und der Stahlgigant lärmte in Festbeleuchtung nach Europa weiter.
    Den nächsten Tag fuhren wir bei flauem Wind durch eine Zone, in der wieder zahllose schwarze Asphaltklumpen dicht an der Oberfläche des klaren Wassers trieben. Drei Tage später war morgens das Meer um uns herum so schmutzig, daß wir die Zahnbürste nicht ins Wasser stecken konnten, und Abdullah brauchte eine Extraration Süßwasser für seine Gebetswaschungen. Der Atlantik war nicht mehr blau, sondern gräulichgrün und trübe, voller asphaltähnlicher Ölklumpen von Stecknadelgröße bis zur Größe eines Butterbrotes. Mittendrin schwammen Plastikflaschen. Es war, als seien wir in einen schmutzigen Großstadthafen gekommen. So etwas hatte ich nie gesehen, als ich hundertundeinen Tag mit der Kon-Tiki gefahren war und meine Nase stets dicht über dem Wasser hatte. Uns allen wurde klar, daß die Menschen tatsächlich im Begriff stehen, ihre wichtigste Lebensquelle, die unentbehrliche Filtrieranlage der Erdkugel, zu verunreinigen: das Weltmeer. Mit Grauen wurde uns bewußt, wie ernst die Lage für uns war und wie ernst sie erst für kommende Generationen sein wird. Schiffsreeder, Fabrikbesitzer und Behörden hatten das Meer von gewöhnlichen Schiffsdecks aus schnell vorbeigleiten sehen und nicht wie wir Woche um Woche Zahnbürste und Nase buchstäblich hineingetaucht. Das mußten wir allen zurufen, die hören wollen. Was hilft es, daß sich Ost und West an Land über soziale Reformen streiten, solange alle Nationen unsere gemeinsame Lebensader, das Weltmeer, zu einer gemeinsamen Kloake aus Ölrückständen und chemischem Abfall machen? Leben wir denn immer noch mit den mittelalterlichen Vorstellungen von der Unendlichkeit des Meeres?
    Wenn man auf einem Papyrusbündel über die Wellenkämme schaukelt und gleichzeitig ganze Kontinente vorbeigleiten sieht, begreift man merkwürdigerweise, daß das Meer doch nicht unendlich ist. Das

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