Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit
Rückenschmerzen und mußte zu Bett gebracht werden. Abdullah übergab sich, heilte sich aber selbst mit einer Medizin aus zwölf Knoblauchzehen. Die Brücke begann bedrohlich zu knacken und mußte schnell mit neuen Reeps und Stagen verstärkt werden. Juri hatte die glänzende Idee, die Ente Sindbad nach achtern umzusiedeln, wo sie in dem Teich an Bord glücklich umherschwamm. Safî bekam aus Wut darüber Durchfall, hielt sich aber, wie immer bei solchen Gelegenheiten, am äußersten Rand der Papyrusrollen auf. Sie war unglaublich sauber geworden. Plötzlich schnellte eine Schar von fast zwei Meter langen Thunfischen aus den Wellen, und da wurde Safi so hysterisch, daß sie sich in einem Korb versteckte, aus dem sie keiner herauslockte, bis Georges sie nach Einbruch der Dunkelheit in ihren speziellen Schlafkoffer in der Hütte steckte.
Wieder hüpften die Mäste in ihren flachen Holzschuhen, und die Ra krümmte sich wie bei wilden Turnübungen nach allen Richtungen, den Wellen folgend. Zum ersten Mal hörten wir sie einen neuen, heiseren Laut ausstoßen. Es klang wie heftiger Wind, der hin und her blies, wenn unsere zehntausend zusammengebundenen Binsen im Wasser schwankten. Boden, Wände und Dach der Korbhütte wanden und krümmten sich auch unter neuen Lauten. Die Kisten unter uns verzogen sich, so daß die Deckel festsaßen, und wir konnten an keiner Stelle liegen, sitzen oder stehen, ohne nicht die Bewegungen der Unterlage mitmachen zu müssen. Die Pardunen spannten die Mäste bedrohlich, aber bei diesem heftigen Seegang trauten wir uns weder, sie zu schricken, noch sie anzuziehen. Es war beißend kalt, doch Georges, Juri und Norman tauchten sicherheitshalber unter die Schilfbündel. Als sie heraufkamen, berichteten sie uns mit klappernden Zähnen, der Papyrus befände sich in bestem Zustand, aber jetzt hänge der Achtersteven förmlich wie eine Bremsvorrichtung nach unten. Es mußte etwas geschehen.
Da riß sich das Steuerruder auf Steuerbord von dem Gleitklotz los und tanzte bei dem Versuch, sich auch aus der Halterung auf der Brücke zu ziehen, wie wahnsinnig umher. Es wurde ein Kampf, bei dem wir bis zu den Hüften in Wasserkaskaden standen, ehe wir es einfangen und mit unseren dicksten Tauen an seinem Platz festbinden konnten. Überall waren Fische, und Georges spießte mitten in dem Chaos eine Makrele auf. Es mußte etwas geschehen, um die Wassermassen zurückzuhalten, die schließlich mit ungeheurer Gewalt achtern hereinbrachen. Wie lange würde der Achtersteven diese enorme Belastung aushalten? Ein Holzboot wäre schon längst quer durchgebrochen.
Wir mußten versuchen, die Wasserkaskaden einzudämmen. Wir sammelten unseren ganzen Papyrusvorrat, und dann stand Abdullah achtern bis zu den Schenkeln im Wasser und band mit Santiagos und Carlos Hilfe die Papyrusrollen zu einem Bollwerk gegen die Wellen fest. Plötzlich, als eine der wildesten Wogen ihren Kamm an Bord warf, standen sie bis zur Brust im Wasser. Abdullah wurde mehrere Male über Bord gespült, hing aber an der Rettungsleine fest und lachte nur, wenn er wieder an Bord kroch. Er besaß ja den magischen Gürtel. Nach der Arbeit dankte er Allah.
Was ich befürchtete, trat ein. Je höher wir das Wehr bauten, um so mehr Wasser hatte auf dem Papyrussteert Platz, denn der Papyrusboden war ganz dicht geworden und ließ das Wasser nicht durchlaufen. Und weil das Wasser nicht ungehindert hinausströmen konnte, wurde der Achtersteven von der gewaltigen Wasserlast noch tiefer gedrückt. Deswegen versuchten wir, Abdullahs Bollwerk wieder zu entfernen, aber weil das ursprüngliche Dollbord jetzt tiefer gedrückt war als zuvor, stürzten so viele Tonnen Meerwasser herein, daß die Kiste mit dem Rettungsfloß zwischen den Brückenpfählen schwamm. Uns blieb nichts anderes übrig, als das Bollwerk in aller Eile wieder festzubinden. Wir schnitten sogar mit einem Messer die Taue von zwei kleinen Papyrusbooten durch, die wir für den Notfall an Bord hatten, und verwendeten den frei gewordenen Papyrus dazu, Abdullahs Schilfrand zu erhöhen. Schließlich trennten wir unsere ägyptischen Papyrus-Rettungsgürtel auf, die nach Malereien in den alten Gräbern angefertigt waren. Als wir endlich kein einziges Papyrusschilf mehr hatten, war der Rand höher und der Teich achtern dadurch tiefer als je zuvor geworden. Er bedeckte jetzt das ganze Achterdeck, aber die Wasserkaskaden, die über das Papyruswehr stürzten, waren weit schwächer. Mittelschiff und Vorderdeck waren
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