Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit
trug ich die Verantwortung, wenn unser Leben auf dem Spiel stand.
Was sollte der Kameramann mitbringen? Alle wünschten sich etwas Obst, Santiago eine Schachtel Pralinen. Sonst nichts. Wir hatten mehr Wasser und Proviant, als wir verzehren konnten. Pökelfleisch, Schinken und Wurst, Krüge und Körbe voller Honig, voller Eier, Butter, getrockneter Früchte, voller Nüsse und ägyptischer Brotkekse. Das Deck war vorn und backbord vor der Hütte immer noch so mit Nahrungsmitteln beladen, daß kein Fußbreit Platz blieb.
Bärtige Männer. Nur Juri stand achtern bis zu den Knien im Badewasser und rasierte sich. Rote und schwarze Bärte. Abdullah wuchsen die Kopfhaare. Schwarze und weiße Hände zogen an denselben Reeps. So war es auch im Altertum gewesen - nichts Neues. Die Wandmalereien im alten Ägypten zeigen Männer mit blonden Haaren und Männer mit schwarzen Haaren, die an demselben Papyrusboot bauen. Unter dem Sand, auf dem wir die Ra bauten, hatte Pharao Chephren, der Sohn Cheops', am Fuße seiner Pyramide seine Königin bestattet und ihr Bildnis mit goldgelben Haaren und blauen Augen verewigen lassen. In einem Glassarg des Kairoer Museums liegt Ramses II neben mumifizierten Verwandten mit struppigem, schwarzem Haar; Ramses dagegen hat weiches, blondes Seidenhaar auf seinem Mumienschädel mit der gebogenen Nase. Der Norden hat kein Alleinrecht auf blonde Menschen mit heller Haut, es gab sie unzweifelhaft schon in den Ländern des Mittelländischen Meeres, in Kleinasien und Nordafrika, ehe es die Wikinger im Norden gab. Wenn überhaupt eine Verwandtschaft besteht, muß sie von Süden nach Norden bestehen, denn die Wikingerzeit begann erst dreitausend Jahre, nachdem in Ägypten Pharao Chephren seine blauäugige Blondine neben den mächtigen Zedernschiffen seines Vaters begraben hatte.
Blonde Männer mit Bärten. Sie waren unter der Urbevölkerung im Atlasgebirge ebenso alltäglich wie bei den Berbern in der Ebene um die Sonnenstadt an der marokkanischen Küste, wo ihre Nachkommen immer noch zu finden sind. Sie waren mit Frauen und Schafen von der afrikanischen Küste auf den Atlantik gefahren und hatten sich als Guanchen auf den Kanarischen Inseln niedergelassen.
Blonde Männer mit Bärten, die keine Wikinger waren; denn sie bauten Pyramiden und beteten die Sonne an. Sie kehren in allen Legenden wieder, die sich um die alten amerikanischen Kulturen von Mexiko bis Peru ranken. In dem ganzen tropischen Amerika, überall wo Pyramiden und Riesenstatuen als Ruinen einer entschwundenen Zeit liegen, bekamen die Spanier zu hören, daß sie nicht die ersten weißen Männer mit Bart waren, die über den Atlantik gesegelt kamen. Die Legenden berichten detailliert von Lehrmeistern mit dem gleichen Aussehen wie die Spanier. Diese hatten den umherstreifenden Vorfahren der Indianer beigebracht, Adobehäuser zu bauen und in Städten zu wohnen, Pyramiden zu errichten und auf Papier und Steine zu schreiben; überall schrieb man weißen und bärtigen Wanderern die Ehre zu, sich mit den Ureinwohnern des Ortes vermischt und gemeinsam mit ihnen die erste Grundlage der örtlichen Kulturen gelegt zu haben. Die Indianer hatten keinen Bartwuchs. Die Spanier benutzten die Legenden, um Mexiko und Peru zu erobern. Tausend Jahre, bevor die Spanier kamen, schufen amerikanische Künstler von Mexiko bis Peru Keramikfiguren und Steinstatuen von bärtigen Männern. Bevor die Wikinger den Atlantik befuhren, hatten die Maya weiße Männer mit goldenen Locken bei einer Seeschlacht an der Atlantikküste Mexikos gemalt. Als amerikanische Archäologen vor einigen Jahrzehnten eine farbenprächtige, säulengeschmückte Kammer in einer der größten Pyramiden Chichen Itzas öffneten, fanden sie die prachtvollen Wandmalereien und kopierten sie bis ins kleinste Detail, ehe die feuchte Tropenluft und die Touristen eindringen und alles zerstören konnten. Die Malereien stellten einen dramatischen Überfall auf nackte weiße Männer dar, die in gelben Booten mit hochgebogenem Bug und Achtersteven steuerten. Wie auf dem Relief aus dem alten Ninive schwimmt in den Wellen eine große Krabbe mit vielen Fischen und deutet an, daß die Seefahrer entweder vom Meer kommen oder auf das Meer zu fliehen versuchen. Dunkelhäutige Krieger mit Federn in den Haaren nehmen die weißen Seefahrer an Land in Empfang, binden ihnen die Hände, skalpieren ihre blonden Locken und legen einen von ihnen auf die Opferbank, während andere nackt von ihrem gekenterten Fahrzeug über
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