Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit
Wüstenverwandten in einem zusammenhängenden Gürtel von Mexiko bis Peru bereits mit dem erfahrenen Blick des Metallurgen nach Gruben zu suchen, um Gold, Silber, Kupfer und Zinn zu gewinnen. Kupfer und Zinn legierten sie so, daß sie wie die Kulturvölker des Altertums jenseits des Atlantiks Geräte aus Bronze herstellen konnten. In dem ganzen Gebiet zwischen Mexiko und um die Landenge von Panama bis Peru stellten Juweliere Filigranarbeiten - die oft edelsteinbesetzt waren -in Form von Broschen, Nadeln, Ringen und Schellen aus Gold und Silber her, wie sie nur von den besten Meistern in der Alten Welt geschaffen wurden. Gerade die Goldschmiedekunst sollte ihr Untergang werden. Denn die unendlichen Schätze aus edlen Metallen in Mexiko, Mittelamerika und Peru zogen die Konquistadoren, die Kolumbus im Kielwasser folgten, weit stärker an als die einfachen Stein- und Beinprodukte der Indianerstämme im übrigen Amerika, die erst von modernen Ethnographen gesammelt wurden.
Dieselben Indianer, die plötzlich begannen, Steine zu behauen, Adobe zu formen, Erze abzubauen, Papier herzustellen, die großen tiefen Geheimnisse des Kalenderjahres zu erforschen und die Erinnerungen des Geschlechtes niederzuschreiben - dieselben Indianer kamen in Mexiko und Peru darauf, zwei unbrauchbare Baumwollarten zu kreuzen, bis eine künstliche Sorte mit langer Wolle entstand, so daß sich ein Anbau in regulären Plantagen lohnte. Als die Baumwollernte anlief, begannen sie, genau wie in der Alten Welt, zu karden und zu spinnen, und als die Zwirnknäuel lang genug und in allerlei haltbare Farben eingefärbt waren, stellten sie genau die beiden Typen liegender und stehender Webstühle auf, wie sie im Altertum auch an den östlichen Küsten des Mittelländischen Meeres verwendet wurden. Darauf webten sie Bildteppiche, die mit ihren feinen Maschen und in ihrer ausgesuchten Qualität zu den besten der Welt gezählt werden dürfen.
Ehe die Keramikkunst in der Alten Welt erfunden wurde, bauten die erwachenden Kulturvölker in ganz Nordafrika Flaschenkürbisse an, höhlten sie aus und benutzten sie als Wasserbehälter, nachdem die Schale über dem Feuer getrocknet war. Diese Pflanze war so allgemein verbreitet und beliebt, daß sie heute noch den Schilfbootsbauern von Äthiopien bis zum Tschad in gleicher Weise dient. Irgendwie war dieses afrikanische Nutz-gewächs zu den Kulturvölkern in Mexiko und Peru gelangt, wo es auf genau dieselbe Weise verwendet wurde und eine der wichtigsten Nutzpflanzen war, als die Spanier kamen. Man sollte glauben, daß Hai und Bohrwurm ihr ein Ende bereitet hätten, wenn sie allein über den Atlantik getrieben wäre, oder daß sie verfault wäre, ehe die Indianer sie an dem entgegengesetzten Ufer gefunden und ihre Verwendungsmöglichkeiten erkannt hätten.
Nicht nur hatten sich die Baumwollzüchter in Amerika diese nützliche Kulturpflanze zugelegt, die sie so fleißig benutzten; es gelang ihnen auch, die Keramik zu erfinden. Sie mischten, formten und färbten den Ton und brannten ihn zu Wasserbehältern. Sie stellten Krüge her, Henkel, Schüsseln, Vasen, Kannen, Spinnwirtel, Flöten und Figuren von dem gleichen allgemeinen Aussehen und mit den gleichen besonderen Details wie die alten Keramiken in Mesopotamien und Ägypten. Selbst so eigenartige Produkte wie dünnwandige Krüge in Form von vierbeinigen Tieren mit einem Ausguß auf dem Rücken - die hergestellt wurden, indem der Künstler zuerst eine aus zwei Hälften bestehende negative Gußform anfertigte -kehren bei den Töpfern auf beiden Seiten wieder; ebenso flache und zylinderförmige gravierte Keramiksiegel zum Stempeln und Verzieren von Stoffen, durch Drucken und Rollen. Das merkwürdigste ist vielleicht, daß in den Gräbern der Olmeken aus der Zeit vor Christus kleine Keramikhunde liegen, die genau wie modernes Spielzeug auf richtigen Rädern rollen; das findet man auch in den mesopotamischen Gräbern des Altertums. Das ist besonders bemerkenswert, weil es bis zu dieser Entdeckung eines der Hauptargumente isolationistischen Denkens war, daß das Rad in Amerika vor Kolumbus unbekannt gewesen sei.
Woher hatten die Maya und Inka übrigens ihre eigentümlichen Hunde, wie wir sie aus ihrer Kunst und von zahlreichen sorgfältig mumifizierten Exemplaren kennen, die mit ihren Besitzern im Peru der Vor-Inkazeit begraben liegen? Niemand weiß es. Man hielt zwei Hunderassen unbekannten Ursprungs, sehr verschieden von der zottigen, ringelschwänzigen
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