Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit
Häusern, nur die Musik, die ich jetzt ganz deutlich vernahm. Trommeln und Holzflöte, oder vielleicht war es eine Art Trompete. Ich tastete mich weiter, durch das ganze Dorf, und jetzt war die Musik ganz nahe. Nun sah ich auch den Schein einer Paraffinlampe. Ich hatte die Häuser auf der anderen Seite hinter mir gelassen und sah eine Menge Schatten, die ununterbrochen am Lampenschein vorbeiglitten, immer in derselben Richtung. Hier war ein offener Platz, wahrscheinlich der Anfang der Wüstenebene. Ich tastete mich um die letzte Ecke eines Lehmzaunes, an den ich mich lautlos anlehnen konnte. Allmählich konnte ich weitere Gestalten erkennen. Stehende und sitzende Zuschauer. Ich stieg über ein paar Kinder, die an derselben Mauer kauerten und hypnotisiert auf die Vorgänge am Lichtschein starrten. Niemand nahm in der Dunkelheit von mir Notiz. Hier hatten sich ganze Menschenmassen versammelt. Es war das beste, unbeweglich und ungesehen an der Mauer stehenzubleiben. Tatsächlich befanden sich überall verhüllte Gestalten, und alle starrten nur auf den endlosen Zug, der an der Lampe vorbeiwandelte, Leute, die das Licht im Kreis umtanzten, Scharen von Männern, die die Füße nachzogen und sich hoch- und niederbeugten, die Arme zur Erde senkten und gen Himmel hoben, immer wieder in einem großen Kreis herum, während die leidenschaftlichen Trommeln und das Blasinstrument ihre betörenden orientalischen Töne in die dunkle Nacht sandten. Ich konnte die Musikanten innerhalb des Ringes gerade noch sehen. Irr Inneren geschah etwas Seltsames, das ich nicht richtig erkennen konnte Manchmal erschienen unter den Tänzern zwei Frauengestalten, dann sah es so aus, als würden sie auf einer Art Stuhl wippen, ein andermal schier es, als würde sie jemand rückwärts an den Haaren herumziehen. Es war unmöglich, einen richtigen Überblick zu bekommen. Ich blinzelte und konzentrierte mich, um besser sehen zu können, als etwas meine Aufmerksamkeit ganz in Anspruch nahm. Ein tanzender Mann hatte den Kreis verlassen und schritt nun im gleichen Rhythmus direkt auf mich zu. In der Hand trug er ein kurzes Schwert, das er im Takt des Tanze schwang.
Das mußte ein Zufall sein, in der Dunkelheit hatte er mich bestimmt nicht gesehen. Oder? - Nein, er hatte mich auf dem Korn, das war nicht länger zu verkennen. Das Schwert schwang und schwirrte zuletzt genau vor meiner Nase. Ich zwang mich dazu, den tanzenden Mann anzulächeln um zu zeigen, daß ich einen guten Scherz wohl vertragen konnte, aber aus dem schwarzen Gesicht leuchteten keine weißen Zähne zurück. Düster und unbeirrbar setzte der dunkle Araber seinen rhythmischen Tanz und sein drohendes Schattenfechten fort. Ich sah, daß der Rundtanz in Hintergrund ungestört fortgesetzt wurde. Wenn nur dieser verdammt Kerl nicht gewesen wäre! Nach weiteren Versuchen, zustimmend zu lächeln, ging mir plötzlich auf, daß es hier nichts zu lächeln gab. Der Man: war unverschämt, beleidigend, die Situation im höchsten Grade demütigend. Und das Fechten war jetzt so zudringlich, daß die Schwertspitz dicht vor meinen Augen blitzte und bald erschreckend nahe an mir vorbei abwechselnd zu beiden Seiten meines Gesichtes in die Wand fuhr.
Ich dachte verzweifelt nach. Wenn ich das Schwert an der Klinge packt« würde ich mir die Finger zerschneiden. Den Mann hinter dem Schwert konnte ich nicht erreichen. So wie er tanzte, wirkte er fast ein wenig unsicher auf den Beinen, wie in Trance. War er betrunken? Alkohol hatte ich nicht gesehen. Stand er unter Drogen? Ich wußte keine Antwort. Ich wußte gar nichts mehr. Ich mußte jetzt handeln, sonst würde mich das Schwert ins Gesicht treffen.
Und ich tat etwas. Rein intuitiv. Unwillkürlich dachte ich an die Meinigen und daran, daß sie mich für verrückt halten müßten, wenn sie mich jetzt sehen könnten. Ich begann zu tanzen, im selben Takt zu tanzen wie der Bandit mit dem Schwert. Auf der Stelle zunächst, um nicht direkt in das Schwert hineinzulaufen. Der Araber mußte überrumpelt werde wenn er überhaupt reagierte. Und mir schien, als komme er einen Augenblick aus dem Takt. Dann tanzte er mit. Beide tanzten wir, er rückwärts und ich vorwärts im selben Takt, in den Lichtkreis hinein und weiter in den Ring um die Lampe. Man machte uns automatisch Platz, ohne daß auch nur irgend jemand die geringste Notiz genommen oder den Rhythmus verändert hätte. Und nun war ich so blind damit beschäftigt, mitzukommen und genau das gleiche zu tun wie die
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