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Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit

Titel: Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Heyerdahl
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Sauermilch. Die Sonne brannte auf alles hernieder; das Summen der Fliegen wurde völlig von plappernden, schreienden, murmelnden Menschenstimmen übertönt, die in drei verschiedenen Wüstensprachen feilboten und feilschten, während Hunderte von Rindern brüllten, und einige Tausend Esel, Ziegen und Kamele schrien, meckerten und trompeteten, alles übertönt von den taktfesten Hammerschlägen der Waffenschmiede auf Dorchklingen und Speerspitzen aus klingendem Metall. Nun entfernte sich eine malerische Gruppe schwarzer Gestalten aus dem Chaos zum See hin, mit Geschrei und Stockschlägen jagten sie alle ihre Haustiere vor sich her, im wesentlichen afrikanisches Vieh mit riesigen gebogenen Hörnern. Am Strand zogen sie sich nackt aus, schnürten ihre ganzen Habseligkeiten zu einem Bündel zusammen, das sie auf dem Kopf balancierten, während sie die Herde in den See trieben und ihr hinterherzuschwimmen begannen. Im Gegensatz zu Europäern scheinen viele von ihnen gegen den Bilharzia-Wurm immun zu sein, wenngleich die Krankheit unter den Völkern am See grassiert und viele Menschen in Wracks verwandelt hat.
    Die Leute, die hinter ihrem Vieh herschwammen, hatten sich auf stoß-zahnförrnige Schwimmer gelegt, einige aus einer balsaähnlichen Holzart, andere aus Papyrus, genau wie die Einmannschwimmer, die ich in Peru und auf der Osterinsel gesehen hatte. Bald sahen wir nur noch die schwarzen Köpfe, hohe Bündel balancierend, hinter den krummen Spitzen der Stoßzähne, die aus dem Wasser ragten; und vor den Köpfen wimmelte es von großhörnigen Tierschädeln, die auf eine langgestreckte Insel auf der anderen Seite der See-Enge zusteuerten. Dies sei eine Buduraa-Familie, erklärte Abdullah, die auf dem Markt Vieh gekauft habe, und jetzt bringe sie es nach Hause auf ihre Insel, Ein weißer Sandstreifen und vereinzelte Dompalmen verrieten, daß die Insel festen Grund besaß. Zwei andere Inseln mit wiegenden Papyrusblüten, aber ohne Sand, waren gerade auf dem Weg über die See-Enge.
    Während wir selbst hinauspaddelten, erfuhren wir von Omar, durch Abdullah als Dolmetscher, daß viele Buduma-Familien auch auf schwimmenden Inseln wohnen. Omar und Mussa waren selbst auf einer solchen Insel geboren worden, und Mussa wohnte immer noch dort draußen, er hatte nur Fische nach Bol gebracht. Es gab große Mengen Fisch im See, die größten von ihnen waren länger als Menschen. Es gab auch Krokodile und Flußpferde, aber jetzt waren nicht mehr viele übriggeblieben. Vieh und anderes Haustier fuhr mit seinen Besitzern auf vielen der schwimmenden Inseln umher, und für die Zöllner in Nigeria war es oft ein Problem, wenn eine Buduma-Familie mit Vieh und anderen irdischen Gütern aus der Republik Tschad in ihre Republik hineintrieb, ohne die Grenze des Weilers verlassen zu haben. Wenn eine Familie ihren Weidegrund von einer Insel auf die andere verlegte, schwamm sie gewöhnlich, aber wenn sie draußen fischte oder zu fernen Küsten über den großen See wollte, benutzte sie immer ein Papyrusboot. In Bol hatten wir gehört, einzelne Papyrusboote wären so groß gebaut worden, daß sie vierzig oder mehr Tonnen befördern konnten, und Mussa behauptete, er habe einmal mitgeholfen, einen großen Kaday zu bauen, der achtzig Stück Vieh zusammengepfercht über den offenen See beförderte. Ein anderer hatte zweihundert Mann an Bord gehabt.
    Die Berichte über die Tragfähigkeit des Kaday klangen unglaublich; aber als Mussa, Omar, Abdullah und ich auf unser kleines, in aller Eile gebautes Papyrusboot sprangen, begann ich es zu glauben. Es war so schmal, daß ich mich rittlings darauf hätte setzen können, wir standen aufrecht und balancierten, ohne daß es im geringsten schwankte oder sich bog. Das Wasser, das von ferne so blau aussah, war bei weitem nicht klar, und ich hatte nicht die mindeste Lust, in die Würmersuppe zu fallen. Hier am Schilfrand war es besonders gefährlich, denn der kleine Wurm kommt von einer Schnecke, die am Schilf lebt. Die beiden Bootsbauer wechselten den Platz, balancierten hin und her, drückten sich an uns vorbei und hielten uns, damit wir nicht über Bord gestoßen wurden. Und was sie auch taten, das kleine Fahrzeug schwamm unerschütterlich ruhig wie ein aufgeblasenes Schlauchboot hoch über dem Wasser. Auf einer Insel fanden wir im Schilf ein altes, halbverfaultes Papyrusboot, das mit der Oberfläche in Höhe der Wasserlinie trieb. Die meisten Taue waren in Auflösung begriffen, aber das Wrack trug mich immer

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