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Exponentialdrift - Exponentialdrift

Titel: Exponentialdrift - Exponentialdrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Linien die Umrisse der Kontinente zeigten. »Das sagt es aus, ja, aber der eigentliche Witz ist das, was du siehst, wenn du ganz genau hinschaust.«
    Sie schauten ganz genau hin. Zwischen den dicken Linien verliefen zahlreiche dünne, die jedoch weder die Grenzen der Nationalstaaten noch sonst irgendwelche bekannten Strukturen nachzeichneten. Nordamerika etwa schnitten sie in eine Vielzahl ungleichmäßiger, länglicher, teilweise von der Nordgrenze Kanadas bis nach Mexiko durchlaufender Streifen. Europa war in drei ungleiche große Zonen unterteilt, ohne Rücksicht auf existierende Staatsgrenzen. Asien bot den Anblick eines Flickenteppichs, wie ihn kein Atlas je so ähnlich gezeigt hätte. Und so weiter.
    Und jedes der durch die dünnen Linien gebildeten Territorien war mit einem kleinen, fremdartig anmutenden Symbol versehen. Manche dieser Symbole wiederholten sich. Es gab zum Beispiel drei annähernd kreisförmige Gebiete, eines in Südamerika, ungefähr auf der Höhe von Kolumbien, eines mitten in Ägypten und eines an der Ostküste Chinas, in deren Zentrum jeweils das gleiche Symbol prangte. Manche Symbole waren klein und einfach, andere groß und kompliziert, doch keines davon ähnelte irgendeinem bekannten Zeichen.
    »Die Teilungslinien«, erklärte Peter Eisenhardt, »folgen keinerlei geographischen Gegebenheiten. Darauf habe ich sorgsam geachtet. Sie sind auch zum größten Teil auffallend gerade, was ihren willkürlichen Charakter unterstreicht. Noch mehr Mühe habe ich mir mit den Symbolen gegeben. Ich habe wochenlang in allen erreichbaren Bibliotheken geforscht, um sicherzustellen, daß keines davon einem Schriftzeichen irgendeiner irdischen Sprache ähnelt oder einem Herrscherwappen oder dergleichen. Alles neu erfundene Zeichen. Anbei bemerkt, eine ganz schön schwierige Aufgabe: an die hundert Zeichen zu erfinden, die es noch nicht gibt.«
    Yves lehnte sich bedächtig zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und begann, sachte zu nicken. »Schlau«,meinte er mit anerkennendem Lächeln. »Wirklich ganz schön schlau.«
    »Er ist eben ein kreativer Bursche, unser Peter«, grinste Lutz.
    Nur Wolfgang schüttelte sichtlich ratlos den Kopf. »Tut mir leid. Ich stehe auf der Leitung. Ich begreife nicht, was das bedeutet.«
    Eisenhardt sah den alten Schulfreund überrascht an. Aber es schien ihm in gewisser Weise zu gefallen, jedenfalls lehnte er sich genüßlich grinsend auf seinem Stuhl zurück, fuhr mit der Hand über das dünn gewordene Haar und sagte: »Eigentlich bedeutet es natürlich nichts. Jedenfalls habe ich mir viel Mühe gegeben, damit es nichts bedeutet. Der springende Punkt ist, daß dieses Bild alles mögliche bedeuten könnte .«
    »Ja, und?«
    Der Schriftsteller faltete die Hände und grinste nun geradezu hinterhältig. »Stell dir einfach dieses Bild vor, projiziert auf eine große Leinwand im NATO-Hauptquartier. Stell dir Ausdrucke davon vor, ausgehändigt an eine Handvoll Leute, die im Oval Office zusammen mit dem amerikanischen Präsidenten um den Tisch sitzen und beratschlagen müssen, was von dieser Botschaft aus dem Weltall zu halten ist. Wie wird dieses Bild auf sie wirken? Wie muß es für sie aussehen?«
    Begreifen trat in Wolfgangs Gesicht. »Als würden Außerirdische eine Invasion der Erde planen«, nickte er. »Und als hätten sie die künftigen Besitztümer schon unter sich verteilt.«
    Seine drei Mitverschwörer grinsten begeistert.
    »Genau«, sagte Eisenhardt. »Und ein Bild ist stärker als tausend Argumente. Diese Idee wird aufkommen, und niemand wird imstande sein, sie zu entkräften – wie denn auch? Von dem Augenblick an, in dem dieses Bild, die Botschaftaus dem All, um die Welt geht, wird es den Menschen gruseln vor dem, was da draußen lauern mag. Sie werden es nicht zugeben. Sie werden sich dessen vielleicht nicht einmal bewußt sein. Aber sie werden sich fürchten – und anfangen, zusammenzurücken.«
    Fortsetzung folgt ...

23. Mai 2002
Der amerikanische Präsident George W. Bush hält eine Rede vor dem Deutschen Bundestag. Sein Aufenthalt in Berlin wird von den schärfsten Sicherheitsvorkehrungen begleitet, die die deutsche Hauptstadt je erlebt hat.
    24. Mai 2002
Auf einem niedersächsischen Öko-Bauernhof wird in Futterweizen für Geflügel das als Krebs erregend verbotene Unkrautvernichtungsmittel Nitrofen gefunden. In den folgenden Tagen werden über 1000 Ökobetriebe vorübergehend geschlossen, Geflügel und Eier aus dem Handel genommen.
    25. Mai

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