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Exponentialdrift - Exponentialdrift

Titel: Exponentialdrift - Exponentialdrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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FOLGE 32
    D ER HIMMEL ÜBER Dortmund war grau und gestaltlos an jenem 13. April, einem Samstag, an dem es wohl nirgends in Deutschland anders aussah. Der Taxifahrer am Bahnhof verzog das Gesicht, als Jürgen Röber das Fahrziel nannte, den Alten Markt – eine Regung, die nachvollziehbar wurde, als der Wagen nach wenigen Minuten Fahrt an einem von Brauereigaststätten umringten Platz hielt und die Taxameteranzeige noch nicht einmal den einstelligen Bereich ernsthaft ausgeschöpft hatte. Röber stieg aus, gab ein für die Verhältnisse eines Klinikarztes großzügiges Trinkgeld und schritt auf das verabredete Lokal zu.
    »Nicht am Telefon«, hatte Professor Schmidt beharrt. Soweit Röber wußte, glaubte sein ehemaliger Doktorvater herausgefunden zu haben, daß alle elf Jahre ein Mann aus einem längeren Wachkoma erwachte und der Überzeugung war, ein Außerirdischer zu sein, der einen menschlichen Körper quasi übernommen hatte. Na schön. Eine halbwegs brauchbare Story für eine Folge von Akte X vielleicht, aber kaum etwas, über das man am Telefon nicht reden durfte.
    Der Professor war schon da, an einem kleinen Tisch, der für vertrauliche Gespräche gut gewählt war. »Meine Schwester wohnt hier in Dortmund«, erklärte er zur Begrüßung und reichte ihm die bereitliegende Speisekarte. »Das heißt, ich muß heute abend noch die Kondition für ein vorzügliches Essen mitbringen; deshalb bleibe ich bei einem Glas Wein. Aber Sie sind selbstverständlich eingeladen.«
    Also hieß es auswählen und bestellen, und als Röbers Bier kam, war schon klar, daß sein alter Lehrer nicht die Absichthatte, ihn in die Hintergründe seiner rätselhaften Suche einzuweihen. »Ich kann Sie nur dringend bitten, mir einen Kontakt zu dem Mann zu verschaffen. Und keine weiteren Fragen zu stellen, in Ihrem eigenen Interesse.«
    Röber traute seinen Ohren nicht. »Sie erwarten im Ernst, daß ich den ganzen Weg hierher auf mich nehme, nur um Ihnen etwas zu sagen, das ich Ihnen genausogut am Telefon hätte sagen können?«
    Der Professor nahm einen geradezu andächtigen Schluck Wein. »Ich bitte Sie, mir zu vertrauen.«
    »Dazu muß ich mehr erfahren, tut mir leid.«
    »Ich könnte es Ihnen erklären«, sagte der ältere Mann, »aber Sie würden mich eines Tages dafür verfluchen.«
    »Das, was ich weiß, hat mir ein Mädchen gesagt, das einmal als Sekretärin für Sie gearbeitet hat und das kurz danach ermordet wurde. Meinen Sie das?« Röber merkte, daß er sich in Rage redete. »Oder meinen Sie den Umstand, daß ich als Tatverdächtiger gelte? Nicht mehr als Hauptverdächtiger, immerhin, aber verdächtig genug, daß ich mir die Fahrt hierher auf der nächstgelegenen Polizeidienststelle genehmigen lassen mußte. Denken Sie nicht, daß ich ein Recht habe, zu erfahren, was gespielt wird, wenn ich schon eine der Spielfiguren bin?«
    Sein ehemaliger Professor starrte in sein Weinglas, als lägen auf dessen Grund die Antworten auf alle Fragen. »Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder ich irre mich, dann ist es unerheblich, ob Sie Einzelheiten meines Irrtums erfahren. Oder ich habe recht. Aber in dem Fall wissen Sie eigentlich schon zuviel, Jürgen. Sie haben bloß noch nicht die richtigen Schlußfolgerungen gezogen.«
    »Haben Sie etwas mit der Ermordung des Mädchens zu tun?«
    »Nein.«
    Röber musterte den alten Wissenschaftler mißtrauisch.»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen glaube«, bekannte er schließlich. »Aber mir wird immer klarer, daß ich auf keinen Fall nachgeben werde. Entweder Sie verraten mir, was es mit all dem auf sich hat, oder Sie erfahren den Namen des Mannes nicht, den Sie suchen.«
    »Ich finde ihn irgendwann auch ohne Sie.«
    »Schön. Dann machen Sie es ohne mich.«
    »Jürgen ...« Es klang beschwörend. Röber erwartete fast, daß der Professor ihm die Hand auf den Arm legen würde, aber das tat er nicht, sondern beließ es bei einem eindringlichen Blick. »Wir haben es hier mit einem Phänomen zu tun, das eines Tages die perfekte Waffe sein könnte. Nicht irgendeine Waffe, sondern die absolute, die endgültige Waffe. Ist es wirklich Ihr Ehrgeiz, Mitwisser eines solchen Geheimnisses zu werden? Ein einziger Fehler, und Ihr Name wird für den Rest der Menschheitsgeschichte zum Synonym für den Leibhaftigen. Wollen Sie das?«
    Röber erwiderte den Blick unwillig. »Ich habe mein Angebot gemacht. Es liegt bei

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