Export A
vollgefüllt mit Informationen und Reaktionen, der mir Handlungen diktiert. Ich bin Befehlen gefolgt, weiter nichts.
Mein Körper griff unter Beteiligung beachtlicher Mengen Adrenalin auf seine instinktiven Triebe zurück und verschaffte mir einen Verteidigungsexzess. Gemeinsam schlugen wir auf die Angst ein. Wir wollten sie besiegt sehen und kannten kein Mitleid.
Es war unvermeidbar. Ich konnte nicht sehen, was mir vorherbestimmt war, nicht aus meiner Perspektive.
Gott hat nichts verhütet. Er hat ihn einfach Amok laufen lassen, diesen Willen, diesen Körper, meine Natur. Vermutlich hat Gott die Fähigkeit einzugreifen schon vor langer Zeit eingebüßt.
Die Natur, die er in sieben Tagen auf die Erde geklatscht hat, diese deterministisch verknüpfte Kette, die ihren Gesetzen nur gehorcht, um sich im entscheidenden Moment gegen selbige aufzubäumen, die letztlich immer ihren Willen durchsetzt, was weiß Gott noch von ihr? Gleicht sie dem Bild, das er einst erdacht hat? Findet das Wort, sein Wort, noch Begriffe für sie? Ist sie nicht längst ihr eigener Herr?
Natürlich wusste der »Schöpfer« genau, was geschehen würde. Er wusste, dass die Erschaffung der Natur einen Kontrollverlust mit sich bringen würde, und sogleich beschloss er, diesem Verlust einen Namen zu geben. »Freier Wille« sollte der unvermeidliche Bastard heißen, Sohn von Mutter Natur, entstanden durch Selbstzeugung, genährt, gestärkt und gewachsen an ihrem Busen. Nein, Gott greift nicht ein, verhindert nichts. Nichts.
Ich kann nicht glauben, dass ich verantwortlich bin. Es waren die Hände, nicht ich! Ich war nicht die Ursache, habe nichts entschieden, nur ausgeführt. Ich war nur das Instrument meines Willens, unwissend und unschuldig.
Wem beteuere ich meine Unschuld?
Niemand hört mich. Meine Selbstgespräche führen nicht zur Absolution.
Ich frage mich, worauf ich noch hoffen darf.
Die Last der Verantwortung lähmt mich. Ich misstraue meinen Handlungen. Aus Unentschlossenheit lebe ich weiter. Was erwartet mich?
Wo werde ich zu Hause sein, wenn nicht in der Lüge?
Jedes Lächeln ein Betrug, jedes Wort eine Unwahrheit. Meine Gesten sind nichts als fauler Zauber.
Ich mache mir mein Lügenbett und kann doch der Wahrheit nicht entgehen, die sich in meinen Träumen entfaltet. Bilder, Erinnerungen, Namen – meine Häscher gönnen mir keine Ruhe. Sie messen mich mit dem Maß jener, die das Ausmaß des freien Willens nicht kennen. Nacht für Nacht wiegen sie mein Herz und seine Taten gegen die Feder ihrer Gerechtigkeit. Meine Tat wiegt schwer. Man muss mich verurteilen.
Ja, ja verdammt, ich bin schuldig. Für alle hier in diesem Raum bin ich schuldig.
Mrs. Williams blickt in meine Richtung.
Was sieht sie? Was weiß sie?
Ich darf sie nicht ansehen, sonst wird sie es sehen, es aus meinen Augen lesen. Sie wird sich nähern, meinen Kupfergeruch wittern, einen Tropfen, einen Spritzer von Kyles Blut entdecken, der mich verrät.
Mein Kopf ist schwer. In den Schläfen pocht es. Die anderen sind nah, so nah.
Irgendwann klingelt es.
Ich stehe auf und gehe. Es gibt kein wohin.
Dream on.
Der Schnee glänzt grünlich grau. Ich wate durch kalte Schwärze. Pyritkristalle zersplittern unter meinen Sohlen.
Der Himmel ist blendend leer. Am Horizont glimmert es silbrig. Ich begreife: Die Gestirne sind zu Staub zerfallen, pudrige Überreste überziehen die Erde.
Ein Irrlicht leitet mich. Es blinkt vor mir her, zwinkert mir zu und verschwindet. Ich bleibe allein zurück.
Farblose Leere blendet mich, zerstört mir die Augen. Blind lasse ich mich auf die Knie fallen, taste haltsuchend im Staub und finde eine Wölbung im Schwarz.
Meine Handflächen gleiten über die Erhebung, spüren Konturen und Stoff. Temperatur, Festigkeit und Form lassen keinen Zweifel zu:
Es ist ein Mensch.
Da sind Muskeln und feine Härchen, Sehnen und Knochen und ein bewegliches, rundes Plättchen – vielleicht die Kniescheibe?
Der Oberkörper ist feucht, nass und schmierig. Warme, metallisch riechende Flüssigkeit sprudelt meinen Fingern entgegen.
Plötzlich das Geräusch eines Lichtschalters.
Auf das Klack hin erscheint eine grüne, geschlängelte Leuchtlinie. Die Lichtschlange.
Sie schwillt an, wird heller, immer heller.
Dann platzt die aufgeblähte Helligkeit. Gleißendes Tageslicht ergießt sich über das Land.
Ich sehe meine Finger in Kyles Kopfwunde stecken.
Dream on.
Ich öffne die Tür, vorsichtig, nur einen Spalt breit.
In der Küche brennt Licht. Eine
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