Extra scha(r)f
der SAS anzugehören.
»So musst du zumindest keine Angst haben, dass ich schwanger werden könnte«, kontere ich.
»Du etwa glaubst, ich arbeite tot für dich und du bekommst eine Bastard und lebst in dreckige Sosialwohnung?«, springt er direkt darauf an.
Ich gebe mich nicht geschlagen. »Du bist doch derjenige, der sich in den Kopf gesetzt hat, dass ich heiraten und Kinder kriegen soll.«
»Esakt! Du endlich heiratest. Wie deine Bruder.«
»Wozu die Eile? Er und Soualla sorgen doch für ständigen Nachwuchs.«
Soulla ist zum zweiten Mal schwanger. In dem Tempo, in dem sie zunimmt, wird ihr Bauch bald dicker sein als der von Dad.
»Soulla und Andoni mich machen stolz.«
»Und was mache ich dich?«
»Du mich treibst zu weiße Glut.«
»Könnt ihr endlich damit aufhören? Ich versuche nämlich der Handlung zu folgen«, schaltet sich meine Mutter plötzlich ein, wobei sie offenbar vergessen hat, dass sie sämtliche Folgen bereits gesehen hat und dass sie sich zudem sämtliche Wiederholungen in den nächsten Jahren ebenfalls ansehen wird.
»Fernseher ist unwichtig. Deine Tochter ruiniert seine Leben, und du guckst in die Fernseher? Ich gerade erkläre sie, dass sie muss setzen Prioritete.«
Mum verdreht die Augen. Hör nicht auf ihn , soll das heißen, also lasse ich es.
»Vielleicht ich hole die junge Mann«, murmelt mein Vater.
Ich höre nicht auf ihn. Ich werde mir jetzt ein Bad genehmigen, aber vorher muss ich noch unbedingt Harveys SMS löschen. Wir sind schon seit einem Monat auseinander, warum habe ich sie nicht schon längst gelöscht? Das macht den Eindruck, als würde ich ihm hinterhertrauern, was garantiert nicht der Fall ist - wäre Harvey mir nicht zuvorgekommen, hätte ich ihm den Laufpass gegehen. Egal, jedenfalls hat Emily mir hinterhergeschnüffelt und einige von Harveys SMS gelesen, und seitdem ist sie -
Moment mal, was für ein junger Mann?
»Was für ein junger Mann?«, frage ich.
»Jimmy, du und deine große Klappe«, fährt meine Mutter meinen Vater an.
Ich bekomme Panik. »Was für ein Mann, Dad?«, wiederhole ich, »Einen Doktor, und wenn wir nicht bald -«
»Das reicht, sei still«, fährt meine Mutter ihm über den Mund. »Ich habe dir gesagt, dass ich mich heute Abend nicht über den Arzt unterhalten will. Du weißt ganz genau, dass das hier meine Lieblingsserie ist.«
»Was für ein Arzt?«, frage ich.
»Wer ist Arzt?«, sagt Emily schläfrig, die von unseren lauten Stimmen aufgewacht ist.
»Doctor Who«, scherzt Mum im Glauben, sie könnte mit dem dümmsten Witz der Weltgeschichte (abgesehen von meinem Cheechand-Chong-Witz, aber der kommt mir jetzt schon uralt vor) vom Thema ablenken.
Aber Dad ist nicht zu bremsen. »Theglitsa, ich arrangiere eine Treffen zwischen dich und die junge Mann«, verkündet er.
»Vergiss es«, widerspreche ich mit lauter, fester Stimme. Die Worte »arrangieren«, »Treffen« und »junger Mann« in einem Satz haben bei mir stets dieselbe Wirkung. Nackte Panik. »Mum, bitte sag ihm, er soll mich damit in Ruhe lassen«, wende ich mich Hilfe suchend an sie.
Es ist nicht das erste Mal, dass wir diese Unterhaltung führen. Seit ich zwanzig bin, lässt mein Vater nichts unversucht, um mich unter die Haube zu kriegen. So liegt er mir ständig in den Ohren, dass es schlau sei, so wie er jung zu heiraten, eine Familie zu gründen und trotzdem sein ganzes Leben vor sich zu haben. Normalerweise sagt meine Mutter ihm dann, er soll mich damit in Ruhe lassen. Sie möchte, dass ihre Töchter ihre Freiheit genießen, dass wir unbeschwert sind, solange wir können. Sie erinnert ihn dann immer daran, dass sie den Fernseher einige weitere sorglose Jahre ganz für sich alleine hätte haben können, wäre sie nicht den Bund der Ehe eingegangen und hätte fortan auf den Fernsehgeschmack ihres Mannes Rücksicht nehmen müssen. Oh ja, ein Opfer aus Liebe.
»Lass sie in Frieden«, erwidert meine Mutter automatisch, ohne den Blick von der Mattscheibe zu lösen.
»Mum, es ist mein Ernst«, insistiere ich. Ich will, dass sie für mich kämpft wie sonst auch. Für mein Recht auf ein ausschweifendes Leben in einer freien Welt, statt als Bäuerin (na schön, dieser Bauer ist zufällig Arzt) in einer Einöde ohne Handy und ohne bunte Hochglanzmagazine zu enden, in einem fernen Land namens Zypern, am Arsch der Welt.
»Schrei nicht so, Charlie«, schreit Emily. »Lass dir lieber heifen. Alleine findest du doch eh keinen anständigen Mann, das weißt du doch.«
Eine
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