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Extra scha(r)f

Extra scha(r)f

Titel: Extra scha(r)f Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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geladene Waffe könnte nicht bedrohlicher sein als ihr Kommentar. Harvey und ich gingen ungefähr ein halbes Jahr miteinander, und in dieser Zeit schickte er mir unzählige SMS. Schweinische SMS. Wenn wir es nicht gerade miteinander trieben, simste er mir ständig, wie sehr er das bedauerte - er war besser im Verfassen von Kurznachrichten als im Bett. Ich hatte großen Spaß an Harveys Liebesbotschaften, aber ich wünschte, ich hätte sie alle direkt gelöscht, nachdem ich sie gelesen hatte. Wie konnte ich nur so blöd sein und mein Handy unbeaufsichtigt herumliegen lassen, wo mir doch klar sein musste, dass Emily herumschnüffeln würde. Mag sein, dass sie (wie ich hoffe) noch zu jung ist, um alles verstanden zu haben, was Harvey mir gesimst hat, aber dieses kleine Miststück erpresst mich dennoch seitdem.
    Ich ignoriere sie und schreie: »Mum, sag es ihm.«
    »Warum du schreist so?«, schreit Dad jetzt ebenfalls. »Du hältst deine Mund und hörst zu. Seine Vater und ich, wir sind Freunde seit unsere Kindheit, aber lange Zeit keine Kontakt mehr. Seltsam, aber seine Vater kommt in meine Sanwitsch-Laden. Er nicht weiß, das ist meine Geschäft. Eine Wunder. Wir erkennen wieder und ist gleich wie in alte Zeiten. Du musst wissen, heute er ist eine erfolgreiche Geschäftsmann. Mode exklusiv. Er hat Fabrik für Kleider auf Fonthill Road.«
    Mode exklusiv. Ich muss ein Lachen unterdrücken. Die Fonthill Road in Finsbury Park ist von den Mailänder Laufstegen etwa so weit entfernt, wie man käme, ohne diesen Planeten zu verlassen. Statt einer kleinen, exklusiven Modeauswahl von Dolce & Gabbana oder wenigstens von Marks & Spencer führt Dads Bekannter vermutlich Kleidung in Übergrößen für, äh, Mollige (wenn man aus Islington stammt) beziehungsweise für Fettleibige (wenn nicht).
    »Jedenfalls ich möchte sie einladen zum Essen Sonntagmittag«, fährt er fort. »Du sagst hallo, wie schön, Sie kennen lernen, bye bye. Einfach wie Kinderspiel.«
    »Jimmy, ich koche nicht für fremde Leute, und schon gar nicht Sonntag.«
    Seltsam. Meine Mutter kocht nicht einmal für Leute, die ihr nicht fremd sind, beispielsweise für uns, unabhängig davon, was für ein Tag ist.
    »Doch, ich rufe an morgen. Ich lade ein für Sonntag«, widerspricht Dad, womit er vom eigentlichen Thema völlig abschweift.
    »Gut, dann lass mich wissen, um welche Uhrzeit sie kommen, damit ich sichergehen kann, dass ich nicht zu Hause bin«, murmle ich.
    »Frauen, stur wie Esel«, erwidert er, ebenfalls murmelnd. Plötzlich wird er wieder munter, als hätte es die ganze Diskussion nicht gegeben: »Hey, ihr wollt wissen, was ich habe gekauft heute? ... Nein, ich nicht verrate. Ich hole aus Wagen.«
    Er springt auf und eilt in Richtung Wohnungstür.
    Ich sehe meine Mutter an, die sich erneut dem Fernseher zugewandt hat. Sie sieht nicht sonderlich beunruhigt aus, aber sie wird ihn doch nicht machen lassen, oder? Ich muss mit ihr reden. Ich muss Gewissheit haben, dass sie nicht gerade in einer komischen Phase der Wechseljahre steckt, an deren Ende sie sich auf Dads Seite stellt und mich an meinen zukünftigen Ehemann verhökert.
    Das ist meine letzte Wort. Fünf und fünfzig Schafen, und sie gehört dir ... Sagen wir fünfzig.
    Aber bevor ich den Mund aufmachen kann, erscheint Dad wieder auf der Bildfläche und verkündet: »Wer will eine Stück Kuchen?« Dabei hält er die größte Torte mit Schokoladenglasur empor, die ich jemals gesehen habe.
    »Nein, danke«, sage ich grummelnd.
    Zehn Minuten später ist nur noch die Hälfte der Monstertorte übrig. Der Rest ist in null Komma nichts in die Bäuche meiner Mutter, meines Vaters und Emilys gewandert. Mit ihren schokoladeverschmierten Mündern sehen sie aus wie Kleinkinder, die gerade einen Süßwarenladen ausgeraubt haben. Dieses Ekel. Er weiß ganz genau, dass ich bei Schokolade nicht widerstehen kann. Ich kann mich nicht mehr beherrschen. Ich beuge mich vor und schneide mir unauffällig ein Stück von dem Kuchen ab. Dad bemerkt es und zwinkert mir zu. »Leckere Kuchen, nicht?«, sagt er grinsend, als ich den ersten Bissen im Mund habe.
    Lecker? Der Kuchen ist einfach köstlich. Lieder sollten über ihn geschrieben werden, Straßen nach ihm benannt.
    »Ganz okay«, entgegne ich. Was so viel heißen soll wie: Der Umstand, dass ich von dem Kuchen esse, bedeutet keinesfalls, dass ich auf mein Recht verzichte, mich gegen deine hinterlistigen Versuche zu wehren, mich mit dem Erstbesten zu verkuppeln, der einen

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