Extra scha(r)f
Männer mit multiplen Namen. Eigentlich wollte ich mich gar nicht mit ihm treffen, wirklich nicht, aber Sie wissen ja, wie solche Dinge manchmal eine Eigendynamik entwickeln ... nicht wahr?
Nach meinem oberpeinlichen Auftritt in jener Nacht im Krankenhaus schämte ich mich jedes Mal ganz fürchterlich, wenn ich daran dachte. Und das tat ich oft - wahrscheinlich hatte das etwas mit Dinos weißem Arztkittel zu tun. Irgendwann beschloss ich spontan, Dino anzurufen, um mich zu entschuldigen. Sie können sich nicht vorstellen, was für ein Hickhack das war. Zuerst rief ich in der Zentrale des Krankenhauses an, wo ich mit einer Abteilung verbunden wurde, die mich wiederum an eine andere Abteilung verwies, wo mein Anruf zu einer anderen Klinik durchgestellt wurde, die mich wiederum erst einmal auf die Warteschleife legte, bevor ich endlich den Richtigen am Apparat hatte ... Es hat ewig lange gedauert, wahrscheinlich Jahre - ich verlor nämlich jegliches Zeitgefühl. Wäre ich ein medizinischer Notfall gewesen, dann läge ich jetzt schon tot unter der Erde. Dabei wollte ich mich nur entschuldigen.
Als ich Dino schließlich an der Strippe hatte, war ich so nervös - ganz zu schweigen davon, dass ich fast am Hörer eingeschlafen war -, dass ich zunächst keine Entschuldigung herausbrachte. Stattdessen waren meine Begrüßungsworte, wenn ich mich recht entsinne: »Eigentlich darf ich gar nicht mit dir sprechen. Mein Vater will nämlich deine gesamte Familie verklagen.«
»Und warum rufst du dann an?«, erwiderte er, eine Frage, die nicht unberechtigt war.
Es gelang mir, meine Scham zu überwinden, und ich sagte: »Äh, ich glaube, ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich war bei unserer letzten Begegnung nicht sehr nett zu dir ... Sogar alles andere als nett ... Tja. Tut mir wirklich Leid ...«
Ich lauschte in den Hörer, aber am anderen Ende der Leitung blieb es stumm, also redete ich schnell weiter. »Weißt du, so etwas sieht mir normalerweise überhaupt nicht ähnlich, es war nur so, dass ich total unter Stress stand und es mitten in der Nacht war und -«
»Mhm, ich weiß, was du meinst«, sagte Dino, wobei es klang, als wüsste er gar nichts. »Hör mal, tut mir Leid, aber ich bin hier gerade mitten in einer Operation ...«
In diesem Augenblick hätte ich mich für meinen großartigen Spontaneinfall, mich telefonisch bei Dino zu entschuldigen, selbst ohrfeigen können. Mir wurde derart heiß, dass der Telefonhörer an meinem Ohr zu schmelzen begann.
»Ja, ein ziemlich komplizierter Eingriff«, fuhr er fort. » Ich muss die Lunge entfernen, aber das kleine Katzenbaby wird bestimmt nichts spüren.«
Oh Mann, ich habe Tränen gelacht. Wahrscheinlich vor lauter Erleichterung. Und weil es lustig war. Aber hauptsächlich aus Erleichterung.
»Unsere Eltern haben die Sache ziemlich vermasselt, nicht?«, meinte Dino.
»Total. Aber wenn sie kein Wort mehr miteinander reden, heißt das doch nicht, dass wir nicht Freunde sein können. Oder? « Ich kreuzte die Finger hinter meinem Rücken.
»Freundschaft klingt gut. Was hältst du davon, wenn wir gemeinsam darauf anstoßen?«
Ganz ehrlich, mit dieser Frage hatte ich nicht gerechnet, und ich brauchte ungefähr ... eine Zehntelsekunde, um Ja zu sagen.
Ich schätze, ein Psychiater würde mir rebellisches Verhalten unterstellen, weil ich immer das will, was ich nicht haben kann, und der Eigensinnigkeit meines Vaters mit Eigensinn begegne. Aber was Dino betrifft, ist das Blödsinn. Ich treffe mich mit Dino, weil ich total auf ihn abfahre. Ich habe nie abgestritten, dass er niedlich aussieht, aber nun weiß ich, dass er zudem schlau, humorvoll und sogar tierlieb ist. Außer gegenüber Wüstenspringmäusen, aber damit habe ich kein Problem. Schließlich sind das nichts weiter als verkappte Ratten, nicht?
Derselbe Psychiater würde mir zweifelsohne dazu raten, meinem Vater das Treffen mit Dino nicht zu verheimlichen - um mit Ehrlichkeit und Offenheit die Familienbande zu stärken. Auch das halte ich für Blödsinn. Ich werde meinem Vater unter keinen Umständen etwas davon sagen. Dad ist nämlich nicht nur auf die Georgious nicht gut zu sprechen, sondern hat mit den Griechen an sich ein Problem - »eine blöde Bauernvolk« lautet sein neuer Standardkommentar, mit vollem Mund, die Füße hochgelegt.
Dabei ist es nicht so, dass mein Vater seine Pläne aufgegeben hat, mich unter die Haube zu bringen. Gestern Abend sagte er noch: »Theglottsa, ich kenne eine Mann, die war gestern
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