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Extra scha(r)f

Extra scha(r)f

Titel: Extra scha(r)f Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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Okay, und los!«
    Leider erwische ich nicht den richtigen Takt. Ich war nämlich so beschäftigt damit, meine Anweisungen zu brüllen, dass ich zu spät eingesetzt habe. Manche halten mit der Musik Takt, andere mit mir. Ein totales Tohuwabohu, und es kommt sogar zu schlimmeren Zusammenstößen als zuvor. Ich kann gar nicht hinsehen. Stattdessen hefte ich den Blick auf die Nordwesteuropa-Meisterin zu meiner Linken und versuche, mich an ihr zu orientieren, zumal sie den Eindruck erweckt, als wüsste sie, was sie tut. Mein Herz rast, meine Beine bringen mich fast um, und ich weiß nicht mehr, was ich mit den Armen machen muss, die lediglich eng an meinen Körper gepresst sind. Ich gebe bestimmt eine Witzfigur ab.
    Ich spähe zu der Uhr an der Wand. Wir haben erst elf Minuten hinter uns gebracht. Wie zum Teufel soll ich die restlichen neunundvierzig überstehen? Mein Kopf ist völlig leer. Mir fallen keine Motivationssprüche ein, und das Lächeln ist mir mittlerweile vergangen. Ich spähe wieder zur Glasscheibe. Daniel hat es mittlerweile aufgegeben, sich zusammenzureißen, und liegt brüllend am Boden. Ruby steht neben ihm und macht ein äußerst besorgtes Gesicht.
    Moment mal. Worüber macht sie sich denn Sorgen? Ich weiß - Ruby ist sowohl ausgebildete Trainerin für Spinning als auch für Aerobic! Sie war damals die beste in ihrer Ausbildungsklasse am YMCA - wahrscheinlich hat sie einen Doktortitel in Aerobic. Aber warum steht sie dann mit besorgtem Gesicht vor dem Saal, während ich mich hier zum Oberaffen mache.
    »Immer schön weitermachen«, rufe ich und stürze gleich darauf zur Tür. Ich öffne sie und stecke meinen verschwitzten Kopf in die kühle Luft außerhalb. »Ruby, könntest du bitte deinen Hintern -« Erst als ich das Wort »Hintern« im Saal widerhallen höre, wird mir bewusst, dass mein Mikro noch an ist.
    Aber Ruby begreift sofort. Sie nimmt mir das Headset vom Kopf und betritt die Hölle beziehungsweise Studio 3, um sich an die Arbeit zu machen. Währenddessen lasse ich mich draußen gegen die Wand sinken und vernehme Rubys Anweisungen. »Okay, Mädels, seid ihr noch fit? Seid ihr bereit für Kniebeugen? Gut, alle mit mir im Takt, und vier, und drei, und zwei, und eins ... Sehr gut. Und weitermachen, noch einmal acht, und acht, und sieben, und sechs ...«
    So geht das also. Im Prinzip wusste ich das.
    Daniel ist vor lauter Lachen nicht fähig zu sprechen. Uber sein Gesicht kullern dicke Tränen. Eigentlich müsste ich diejenige sein, der nach Heulen zumute ist.
    »Du gemeiner Hund. Warum hast du mir nicht gesagt, dass Ruby frei ist?«
    »Ich konnte nicht ahnen, dass sie heute früher kommt. Ehrlich .J. Komm mal her, dein String sitzt ganz schief.«
    Als er sich herunterbeugt, um an meinem Hintern herumzufummeln, versetze ich ihm einen deftigen Schlag auf den Hinterkopf. Dann entferne ich mich. Hinter mir übertönt Rubys fröhliche, selbstbewusste Stimme Daniels Schmerzensschreie. »Okay, fantastisch ... Und jetzt versuchen wir Folgendes. Shuffle, Step, Jump und halbe Drehung. Gleich noch einmal, Shuffle, Step ...«
    Für wen hält die sich eigentlich? Für eine zweite Paula Abdul?

Das bisschen, in dem ich mich fürchterlich, gemein und unverzeihlich aufführe
    Ich kann selbst nicht glauben, dass ich das öffentlich eingestehe.
    Dabei habe ich überlegt, ob ich dieses Kapitel einfach weglassen soll. Schließlich wären es nur wenige Abendstunden gewesen, die ich übersprungen hätte. Kaum der Rede wert. Wem wäre das schon aufgefallen? Keiner Menschenseele.
    Doch dann habe ich mir überlegt, dass ich meine schändliche Tat nicht verschweigen kann, ohne ein noch schlechteres Gewissen zu bekommen.
    Trotzdem fällt mir dieses Geständnis schwer. Vielleicht sollte ich von Anfang an erzählen und das Ganze in einen Zusammenhang betten, dann klingt es unter Umständen nicht mehr ganz so schlimm. Zwar immer noch schlimm genug, wie ich zugeben muss, aber nicht so schlimm, dass ich befürchten muss, auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden.
    Also, von Anfang an:
    Nach meinem missglückten Auftritt als Aerobic-Trainerin stellte ich mich unter die Dusche. Leider ließ sich meine schlechte Laune nicht abwaschen. Ich war stinksauer. Auf Daniel, natürlich. Nach dem, was er sich mit mir erlaubt hatte, konnte er sich warm anziehen. Das würde ein Nachspiel haben. Mit Lydia hätte er sich so einen Scherz niemals erlaubt. Jamie hatte Recht mit seiner Behauptung, ich hätte einen Killerinstinkt. Zumindest

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