Extra scha(r)f
beschloss ich, von nun an einen zu haben, selbst wenn mich das killen würde.
Meine Stimmung verschlechterte sich noch mehr, als ich anschließend zum Empfang ging. Dort erwartete mich Jarvis, der Manager der Boutique: »Hey, das war toll vorhin. Ich habe auch schon einen passenden Titel für dein nächstes Aerobic-Video: Charlies spastische Tanzübungen.«
Wirklich zum Brüllen komisch. Gut zu wissen, dass der Erfolg des Zone nicht von meinen Tanzkünsten abhängt.
Es war erst halb sechs. Meine Schicht ging eigentlich bis acht, aber ich zog meine Jacke an und übergab an meinen Stellvertreter Daniel. »Mach dich auf etwas gefasst, Freundchen«, zischte ich ihm zu, bevor ich ging.
Mein Plan war, nach Hause zu gehen und in Ruhe nachzudenken. In erster Linie über Sasha, mich und diesen Heuchler. Und sobald mir eine Lösung zu unserem Dreiecksverhältnis eingefallen war, musste ich mir etwas wegen Daniel überlegen. Ich war überzeugt, dass der Aerobic-Kurs kein harmloser Scherz von ihm war, sondern dass er mich absichtlich ins offene Messer laufen ließ. Aber warum? Lydias Worte hallten wie ein böser Fluch in meinem Kopf wider. Daniel - mein bester Freund - hasste mich.
Auf meinem Nachhauseweg wurde meine Wut immer größer. Ich dachte, wenn ich mit so einer Laune ankomme, dann kann Emily sich auf etwas gefasst machen. Sie schuldete mir nämlich noch ein paar Erklärungen. Kopfmassage , dass ich nicht lache.
In der U-Bahnstation klingelte auf einmal mein Handy. Ich sah auf das Display: DER MIESE, FALSCHE FRAUEN-IN-SERIE-BE-GLÜCKER, DER SICH OFFENBAR FÜR DEN GRÖSSTEN HÄLT.
Das stand natürlich nicht auf dem Display, sondern lediglich die Kurzform »Karl«. Obwohl ich einen Moment lang versucht war, das Handy auszuschalten, war ich gleichzeitig zum Streiten aufgelegt, und an wem hätte ich das besser auslassen können als an Karl Benjamin? Folglich nahm ich den Anruf entgegen.
Drei Minuten später saß ich in der U-Bahn nach South Ken statt nach Wood Green. Nicht, um Sex zu haben, verstanden?
Ich dachte an Blaize. Und zwar ausschließlich an Blaize. Sehen Sie, der Umstand, dass Karl mich angerufen hatte, war für mich ein mehr oder weniger handfestes Indiz, dass er nichts mit Sasha haben konnte. Außerdem, war Sasha heute Nachmittag nicht mit Ben verabredet? Wären Ben und Karl identisch, dann wäre er jetzt mit Sasha zusammen, statt sich mit mir zu treffen. Es war zwar alles reichlich konfus, aber während der Fahrt reifte in mir die Gewissheit, dass Karl Benjamin und Ben Soundso zwei völlig verschiedene Männer waren. Ganz sicher. Hundertprozentig. Zumindest neunzigprozentig.
Was nicht bedeutete, dass ich ihm die Sache mit Blaize nicht übel nahm.
Ich stellte die Dinge sofort klar, als er die Wohnungstür öffnete. »Karl«, begann ich in ernstem Ton, »wir müssen miteinander reden.«
»Ja«, erwiderte er und rieb sich nachdenklich die Stirn, »finde ich auch. Ich muss dir nämlich etwas beichten.«
Seine Ankündigung haute mich beinahe um. Karl wollte reden? Wo er doch sonst nie viele Worte verlor und mir so gut wie nichts von sich erzählt hatte.
Ich folgte ihm in das Wohnzimmer und nahm Platz, während er Getränke holte. »Für mich bitte Kaffee«, rief ich ihm nach, als er in der Küche verschwand - ich wollte für alle Fälle nüchtern bleiben.
Karl kehrte mit einer Flasche Champagner ins Wohnzimmer zurück. Woher kam eigentlich seine Vorliebe für Schampus? Die meisten Männer stellen sich Bier in den Kühlschrank (zu der angebrochenen, sauer gewordenen Milch und dem Fertiggericht für die Mikrowelle), aber Karl hatte einen Champagnervorrat, als rechne er jeden Moment mit einer Hochzeitsgesellschaft. Er zog den Korken aus der Flasche und schenkte uns zwei Gläser ein. Dann setzte er sich und schüttete mir sein Herz aus. Na schön, das ist vielleicht ein wenig übertrieben, aber verglichen mit dem, was er bisher von sich gegeben hatte, sprudelte es förmlich aus ihm heraus.
»Ich war nicht ehrlich zu dir, Charlie«, begann er bedächtig. »Du weißt schon ... wegen Blaize.«
Er erzählte mir alles. Demnach kennen Karl und Blaize sich seit ungefähr einem Jahr, und sie treffen sich (zum gelegentlichen Beischlaf), wann immer es ihre Freizeit erlaubt. Er erzählte mir, er sei so eine Art Personal Trainer (und gelegentlicher Beischläfer) von Blaize und dass es ihnen trotz des knallharten Geschäfts gelungen sei, eine enge Freundschaft (mit gelegentlichem Beischlaf)
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