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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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sofort ein, keine weitere Eingabe war möglich, egal, auf welche Taste wir hämmerten. Abgestürzt war der Rechner also auf jeden Fall. Jetzt ging es um die Wurst: Hatte der Befehl tatsächlich die Hardware zerstört? Dann hätte der Rechner auch nach einem Reset nicht mehr funktionieren dürfen, also wenn man ihn einmal aus-und wieder angeschaltet hat. Ein schneller Blick nach hinten, ein schneller Blick zur Seite. Betz stand immer noch mit dem Rücken zu uns; hinten auf seinem Hawaiihemd schien das 3K-Logo durch, Edith Kumar, ihre Shirts musste man damals einfach haben. Nick drückte den Netzschalter einmal kurz runter und gleich wieder hoch. Der Bildschirm wurde schwarz ...und er blieb schwarz! Der Cevi wachte nicht mehr auf. Wir hatten ihn getötet. Jetzt bloß nicht rumschreien oder sonst wie auffallen! Langsam, und ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schlichen wir uns aus der Computerecke. Zur Rolltreppe, durch den Haupteingang - und dann nur noch rennen, rennen, rennen. Sicher ist sicher. Erst als wir wieder am Busbahnhof waren, gönnten wir uns eine Pause und fielen keuchend auf die Wartebank. Nick erinnert sich noch an jede Einzelheit jenes Tages.
    »Ja ja, ich weiß noch, die Sache bei Betz. Wahrscheinlich hab ich die Kiste damals einfach zu schnell wieder angeschaltet«, sagt er und nimmt seine Rechnertasche hoch. Das ist das Signal zum Aufbruch. Ohne mich zu fragen, marschiert er los. Ich stehe noch eine Sekunde am Geländer rum und eise mich dann auch los. Vielleicht lässt er sich ja mit einer Zwischenfrage ausbremsen?
    »Wer weiß. Möglich, dass der Todes-Poke doch gewirkt hat ...«
    Nick legt die Stirn in Falten. Er liebt diese Art von Meinungsaustausch einfach: Ich komme mit meiner Meinung - und gehe mit seiner Meinung. Deshalb lässt er die Sache nicht auf sich beruhen: »Beim Commodore PET...«
    »Die Kisten mit eingebautem Monitor, die im Physiksaal standen und dann irgendwann abgeräumt wurden, um Platz für den Apple II zu machen?«, unterbreche ich ihn. Der Beifahrer schaut etwas genervt, akzeptiert den Zwischenruf dann doch, weil er mit der von ihm so geliebten Vergangenheit zu tun hat.
    »Genau. Ob es jetzt genau das Modell war, bin ich mir nicht sicher ...«
    Wie jetzt, nicht sicher? Nickybaby, ich bin enttäuscht. Du wirst alt. Er spürt, dass die Begeisterung seines Publikums nachlässt, und legt technisches Bonusmaterial drauf, um seinen Ruf als Lexikon zu retten.
    »... also beim PET gab es jedenfalls so einen Todes-Befehl, Fast Print Poke genannt. Wenn man den eingab, drehte der Videochip durch und die analoge Elektronik im Monitor brannte durch.«
    Ich bin nicht überzeugt: »Einspruch. Also meine Definition von einem Killer Poke ist, dass ein reiner Software-Befehl die digitale Hardware zerstört, nicht irgendwelche analoge Peripherie. Wenn du einen Röhrenfernseher hundertmal pro Minute umschaltest, brennt der ja auch irgendwann durch.«
    Holla, jetzt geht die Fahrt natürlich richtig los. Die Ehre des Beifahrers, eines Menschen mit abgebrochenem Informatik-Studium, steht auf dem Spiel. Aus dem Stand startet Nick eine Gardinenpredigt, die sich gewaschen hat: Seine Stimme überschlägt sich, die Adern an seiner Schläfe pochen, er verschluckt erst Worte, dann halbe Sätze, bis sich seine gesamte Leidenschaft in einer wahren Explosion von EDV-Sprech entlädt: »... und was ist, wenn du die Firmware in einem Router per PDOS phlashst. Dann ist das Gerät gebrickt. Das müsste ja dann nach deiner tollen Definition ein Killer Poke sein.«
    Zeit für die kalte Dusche.
    »Ja, da haste wohl Recht«, sage ich unbeeindruckt. Zischsch. Eine Wolke, dunkler als aus dem Monitor eines gekillten Commodore PET, quillt aus Nicks Ohren. Blitzschnell dreht er sein Gesicht nach vorne. Gerne würde er mehr sagen, aber er quetscht nur ein »So schaut's aus« aus dem Mundwinkel; das »du Ignorant!« denkt er so laut hinterher, dass man es fast hören kann.

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    Langsam kommt das Kongresszentrum in Sicht. Direkt daneben grüßt zum letzten Mal die analoge Lebensfreude - ein Straßencafé. Lachende Studenten haben die ersten Reihe besetzt und Weizenbiere vor sich aufgebaut; es sind genau solche Cliquen, in denen wir früher gerne Mitglied gewesen wären. Welche Pärchen sind wohl zusammen, und welche nur friends with benefits, fragt sich der dreckige alte Mann. Einige der Studentinnen sehen echt top aus. Was allerdings nicht viel bedeutet. Schließlich sehen an Tagen wie diesem ohnehin alle Mädels aus,

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