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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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Im SO36 gewesen, im Linientreu oder gar – haha - im Big Eden? Wie üblich, wenn ihn Unwürdige wie wir ansprachen, blieb er betont freundlich, ließ uns aber gleichzeitig spüren, wie sehr ihn jeder Satz anstrengte.
    »Nö, haben Video geguckt.«
    Was, das ganze Wochenende?, fragte einer von hinten. Der Berger grinste nur, steckte seinen Autoschlüssel in die Tasche, und dann sagte er diesen unfassbar coolen Satz, in seinem - warum auch immer - perfekten Englisch: »Hey, ignorance is blissl«
    Genau, Nichtswissen ist Glück. Scheiß auf Kuala Lumpur, »Käi Ell«,wie hier alle sagen. Scheiß auf Land und Leute. Jetzt einen Big-Mäc essen, BBC World gucken und dann mit der U-Bahn zurück zum Flughafen rasen, ohne auch nur einen einzigen Quadratzentimeter Malaysia mitbekommen zu haben. Wir haben es uns verdient, irgendwo hinzufahren und dort absolut nichts zu erleben, außerhalb des Kopfes. Wir sind alt genug, um ignorant zu sein, oder, Berger? Wir wissen, dass wir nichts wissen wollen. Gott, wie schön ist es, nicht mehr auf dem Schulhof zu sein und bei allem mitreden zu müssen, sondern stattdessen die selektive Ignoranz zu pflegen. Einfach mal über etwas nichts wissen, das ist wahrer Luxus. Teile der Welt einfach ausblenden - die Champions League, Quadfahren oder eben KL. Nick schnarcht auf dem Bett rechts vor sich hin. Vor dem Bauch hält er ein Kissen umklammert und schmatzt ab und zu. Er hat's gut, der funktioniert wie eine Schlafpuppe: Sobald er seinen Körper in die Horizontale bringt, pennt er ein, da kann drum herum passieren, was will. Nur in absoluten Notfällen schraubt er sich zusätzlich ein paar Ohropax rein. Andie hat es echt gut gemeint: Unser Zimmer - ein Rechtsabbieger - liegt im einundzwanzigsten Stock, mit Panorarnablick über die Stadt, kostet sicher ein Vermögen. Das wird unsere Reisekostenrechnung ordentlich aufblasen. Süß, sie hat sich sogar dran erinnert, dass wir am liebsten im Doppelzimmer pennen, so als Reminiszenz an unsere Kumpeltouren. vielleicht spart das wieder ein paar Dollar, und sie hat uns dafür die Aussicht spendiert? Egal. Ich lehne mich mit der Stirn an die Fensterscheibe und starre runter. Am Fuß des Hotelturms schlängelt sich eine vierspurige Autobahn vorbei, auf der ein paar einsame rote Taxis mit weißem Dach Richtung Innenstadt kriechen. So eins hat uns hier vor fünf Stunden halb tot ausgespuckt. Wir scheinen mitten im Stadtpark von Kuala Lumpur zu wohnen. Um uns herum türmt sich ein schwarzes Gebirge auf, aus dem nur die Wipfel der Palmen herausragen - als ob Colonel Trautman das Hotel mitten im Dschungel abgesetzt hätte. Der Park reicht weit in die Stadt hinein, bis zu den Türmen der Innenstadt, die sich in den Nachthimmel strecken. Arrogante Klötze, in denen die Weyland-Yutani oder die Tyrell Corporation residieren könnten. Und als ob die voll erleuchteten Etagen nicht schon auffällig genug wären, werden sie zusätzlich noch mit Scheinwerferbatterien von unten angestrahlt - wie Kathedralen, denen der tropische Dunst einen Heiligenschein verpasst hat. Ein besonderer Ignoranz-Erfolg: Wir haben das einzige Zimmer im Hotel erwischt, von dem aus man die Türme des Ölkonzerns Petronas nicht sehen kann, das Wahrzeichen der Stadt, auf das hier jedermann furchtbar stolz ist. Es sind die größten Zwillingstürme, die man mit Petrodollars kaufen kann, oder so. Hat da nicht mal ein Bond-Film gespielt? Jedenfalls verdeckt von unserem Zimmer aus gesehen ein anderer Wolkenkratzer die Türme. Nur am Glimmen um den Sichtverderber herum ist zu erkennen, dass ein Gigant hinter ihm steht. Ich ziehe mich leise an und schleiche auf den Flur raus. Er ist mit Teppich ausgelegt, wie im Dorint daheim, nur schöner: ein Mosaik aus hell-und dunkelbraunen Rechtecken, das perfekt zum dunklen Holz der Decke passt. Aus den Ritzen glimmt warmes Licht. Der Aufzug kommt. Fast geräuschlos gleitet die Tür auf, und eine Grotte aus Messing lädt zur Fahrt ein. Stumm schwebt der Fahrstuhl runter ins Wellness-Stockwerk. Jetzt irgendwas Gesundes, nach dem ganzen Flugzeugdreck. Der Sportraum sieht wie in allen Hotels auf der Welt aus: etwas zu helle Neonröhren, die guten Geräte mit der Schnecke drauf, am Eingang ein kleiner Berg mit blauen Handtüchern. Keine Überraschungen, gut. Ich steige aufs Laufband und trotte halbherzig los. Lästige KörperVerwaltung. Für so einen Topladen quietscht die Maschine ziemlich laut. Drüben, in der Ecke bei den Gewichten, drückt sich ein weiterer

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