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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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sich wie zum Gebet.
    »... und am Schluss waren sie nur noch Beamte.«
    Mit bleibt nichts übrig, als betroffen zu nicken. Seine Analyse trifft den Nagel auf den Kopf. In der Hoffnung, wieder in fröhlichere Welten eintauchen zu können, stoße ich mit meiner Tüte gegen seine Tüte und bringe einen Toast aus.
    »Auf die alte Nasa!«
    Doch der Beifahrer ist noch nicht fertig. Mit glänzenden Augen schaut er zu den Türmen hoch, während er einen tiefen Schluck aus seiner Tüte nimmt. Jetzt kann das Schlusswort nicht mehr weit sein.
    »Stell dir mal vor.«
    Er zeigt auf den Brückengang, der die Türme verbindet.
    »Ungefähr bis da hin reichte die Spitze der Saturn-V-Rakete, mir der sie zum Mond geflogen sind - das größte und schwerste Fluggerät, das die Menschheit jemals gebaut hat ...«
    Alles klar, theatralische Wortwahl, jetzt kommt gleich das große Überhaupt und dann ist Schluss.
    »... und überhaupt: Selbst wenn die Amis wollten, könnten sie keine Saturn-V mehr bauen, weil die Techniker das nötige Wissen mit ins Grab genommen haben. Davon ganz abgesehen, dass niemand mehr genug Geld für so eine Aktion locker machen könnte. Mit dem Mondflug ist es genau dasselbe wie mit der Concorde: Kein Land oder kein Unternehmen auf der Welt hätte mehr die Milliarden, um einen neuen Überschalljet zu bauen oder sonst eine große Vision zu verfolgen. Nein, ich sag's dir: Die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wird als goldene Ära der Hardware in die Geschichte eingehen. Und man wird uns noch heftig dafür beneiden, dass wir das mitgekriegt haben!«
    Am liebsten würde ich »Amen« sagen, doch dann würde die Predigt weitergehen. Also murmele ich nur »wahrscheinlich« und starre entschieden solidarisch in den Himmel. Warum schmeckt Bier eigentlich besser, wenn man beim Trinken mehr als hundert Meter freie Sicht in die Ferne hat? Sogar dieser lächerliche Teich schafft es, die Tiger-Plörre zu adeln und die goldene Stunde noch etwas goldiger zu machen. Die Aussicht tut einfach gut, und dass die Bodenfliesen noch glühen, obwohl uns die Türme längst mit ihren Schatten eingeholt haben, auch. Kühl von oben, warm von unten, Panoramablick - was will der Rentner mehr? Ruhe vielleicht. Aber die gibt's nicht. Denn direkt vor unserer Nase turnt ein kleiner malayischer Junge mit einer Handycam rum. Er fuhrwerkt wild mit dem Zoomhebel herum und schreit dabei ständig Regieanweisungen zu seinen Eltern rüber, die sich gerade eben mit einem lauten Stöhnen auf den Stufen neben uns fallen gelassen haben. Um ihnen zu zeigen, wie schlaff sie aussehen, dreht der Junge kichernd das Display um. Mensch, das ist es!
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    Zuzugeben, dass er was nicht weiß, war noch nie die Stärke des Beifahrers. Und sollte sich ausnahmsweise doch mal eine Wissenslücke auftun, versucht er alles, damit es nicht auffällt. Das läuft immer gleich ab: Erst mal rettet er sich mit einem »so« über die Runden. Anstatt zu sagen »wusste ich nicht«, eiert er rum und behauptet »das wusste ich so nicht«, Das soll dann klingen, als ob er es anders gewusst hätte, sich aber nicht an die trivialen Details erinnern kann. Danach startet er sein nächstes Ablenkungsmanöver: Er lässt sich alles genau erklären, nickt währenddessen wohlwollend und schiebt ein »exakt« oder »genau« dazwischen. Mit dieser Taktik erreicht er, dass man am Schluss das Gefühl hat, er habe einem was erklärt. An diesem Punkt sind wir fast angekommen. Der Beifahrer nickt doller als ein Wackeldackel auf der Rückbank eines Audi 100, während er ständig dazwischenquatscht - »ja, doch, klar, Pixelvision, ich erinnere mich«.
    Ich lasse ihm den Spaß und klappe den Dienstrechner auf, um aus dem DCSNet schnell die Details zu meiner Theorie zu fischen. So, wie es aussieht, stehen wir kurz davor, das Rätsel der Kassette aus Irvings Apartment zu lüften. Mal sehen, ob mir auch so eine kulturhistorische Einordnung gelingt, wie Nick sie zu allem und jedem aus dem Ärmel schütteln kann.
    »Also:1987 bringt Fisher Price in den USA eine Videokamera für Kinder raus. Das Medium Musikvideo ist auf dem Höhepunkt seiner Popularität angekommen. Es ist das Jahr legendärer Clips wie Land of Confusion von Genesis - das mit den Puppen aus Spitting Image ...«
    Nick gackert vor sich hin.
    »Und nicht zu vergessen das Hair-Metal-Meisterwerk der Dekade: Whitesnake mit Here I go again. Unerreicht die Dame auf der Haube des Jaguar.«
    Weiteres Kichern, leichtes Erröten. Wie hält Sabina

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