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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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uns bis zum Schluss nicht geglaubt. Tja, Andie, es gibt andere Länder, und, like, andere Sitten. Heißt die Karre nicht außerdem schon lange Bora bei uns? Mann, was das Schwätzen angeht, kommt Nick echt bald an sie ran. Er serviert weiter Häppchen von der Kalten-Kriegs-Platte.
    »... im Kontrollraum des Silos, die Kapsel genannt, saßen immer zwei Typen, jeder mit einem eigenen Abschuss-Schlüssel. Sie konnten die Rakete nur zusammen starten. So sollte verhindert werden, dass ein einziger durchgeknallter Army-Typ den dritten Weltkrieg auslöst ...«
    Irving scheint ein echter Messie gewesen zu. Er hat das Silo innen genauso abfucken lassen wie sein Apartment in Kuala Lumpur. Bei jedem Schritt wirbeln massenweise Staubmäuse über den Boden; in den Lampen, die den Gang beleuchten sollen, ist jede dritte Birne abgeraucht, und der Gestank wird mit jedem Meter schlimmer. Wahrscheinlich hat er hier nur seine Server abgestellt, für Strom und Kühlung gesorgt - und ist wieder abgezogen. Passt zu seinem fahrigen letzten Auftritt bei der LegaSys. Nick kurbelt weiter wie ein Irrer am Rad der Geschichte. Er fängt an zu klingen wie die Typen, die in diesen Landser-Heftchen früher ihre Kriegserinnerungen auswalzten. So nach dem Motto: Wir waren doch wer, oder? Nur dass der Krieg, von dem Nick, man könnte fast sagen: schwärmt, nie stattgefunden hat. Genau das fasziniert ihn wohl daran: Es ist alles nur ein Spiel, eine Frage des Was-wäre-wenn. Bei ihm lernt man wirklich, die Bombe zu lieben.
    »... und wusstest du, dass um ein Haar der Dritte Weltkrieg ausgebrochen ist? Wenn es nicht diesen Russen gegeben hätte, Stanislaw Petrow. Der saß am 26. September 1983 in der russischen Satellitenüberwachungszentrale, als plötzlich der Alarm losging. Das System meldete einen Raketenabschuss auf amerikanischem Territorium! Petrow ruft also beim Oberkommando an, und die fragen ihn, was denn los sei. In der Sekunde stand die ganze Welt am Abgrund. Wenn Petrow den Abschuss gemeldet hätte, wäre der Gegenschlag ausgelöst worden. Doch er blieb cool und sagte, es sei nur ein Fehlalarm. weil er wusste, dass die Amerikaner einen nuklearen Erstschlag niemals mit nur einer Rakete starten würden. Der hat uns allen den Arsch gerettet. Wir waren sooo nah dran.«
    Mein Fremdenführer kneift Daumen und Zeigefinger zusammen. An seinem Japsen zwischen den Sätzen merkt man, dass ihn das Fieber doch langsam anfrisst. Er läuft ganz klar auf Reserve.
    »Sollen wir mal Pause machen?«, biete ich an. An sich gibt es in der Kumpelwelt nur eine Antwort auf diese Frage: Nö, warum? Doch für solche kindischen Kämpfchen haben wir keine Zeit mehr. Also nickt der Beifahrer stumm, beugt sich vor und stützt sich mit den Händen auf seinen Kniescheiben ab. Bestimmt eine halbe Minute keucht er still vor sich hin. Das Ende des Ganges ist schon in Sicht - das Schott aus dem Video. In Echt ist es mit einem dunkelgrünen Lack gestrichen, der so bröckelig aussieht. Heißt Hammerschlag, oder so. Oben, in der Mitte und unten sind so große Schrauben dran, wie an einem Schott im Kriegsschiff, damit man den Gang, oder was auch immer dahinter kommt, luftdicht verrammeln kann. Es ist Zeit, mal zur Sache zu kommen.
    »Hast du schon eine Idee, wie wir den Hauptrechner knacken? Ich meine, ein IBM aus den Siebzigern ist nicht so mein Metier.«
    Mein Metier ist nämlich nichts, außer dem Überspielen von Lebenserinnerungen, die auf einem Tandy gespeichert sind. Nick reißt den Kopf hoch und läuft weiter, als ob nichts gewesen wäre.
    »Ja, äh, das geheime Datenarchiv. Wie gesagt, ein IBM-System: eine Batterie von 3330-Festplatten, gekoppelt an einen Mikrocomputer der Series/l aus den späten Siebzigern. Gesamtkapazität etwa ein knappes Gig. Wird höchstwahrscheinlich von einem 4978-Terminal gesteuert, mit Datensichtgerät. Da kommen wir schon irgendwie rein ...«
    Unglaublich. Allein das Wort Datensichtgerät! Nach all den Jahren schüttelt er immer noch solche Asse aus dem Ärmel. Den ganzen Kleinkram kann er sich unmöglich gestern im Flugzeug angelesen haben. Nein, das Wissen schlummert in seiner ganz persönlichen dunklen Zone. Doch, es muss gesagt werden: »Respekt!«
    Mit einem Gewinnerlächeln dreht sich der Beifahrer um.
    »Nichts Besonderes. Die Dinger standen auch bei der Nas ...«
    Schon beim »a« merkt er, dass er Scheiße gebaut hat, und bricht den Satz ab. Tja, Alter, raus ist raus. Du hast dich verquatscht: Die Datacorp hat also ein bisschen bei der

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