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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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empfangsbereit.
    »Alter?«
    Wieder nur Lakenrascheln. Wahrscheinlich quält er sich gerade durch einen dieser horrormäßigen Jetlag-Träume, in denen alle Menschen immer zerfetzt werden oder verbrennen. Er pennt wie üblich im rechten Bett, weil das maximal weit weg von der Klimaanlage steht, in deren gewaltigem Luftstrom er sonst einen steifen Hals kriegt, wie er behauptet. Schade, dass er schläft, dabei hätte ich so 'nen guten Eröffnungszug fürs Auto-Ausfüllen: Bitte ergänzen Sie diese Liedzeile: »Why does it hurt ... «
    Vermutlich würde er den Rest der Zeile - »when my heart misses a beat« - nur so rausballern. Den Satz sagt die Frau am Anfang von »Dr. Mabuse«.
    Achtung: Bitte an dieser Stelle eine Pflichtzote einfügen, schließlich kommt in »Mabuse« ein Stück von »Busen« vor. Jaja, die geistige Armut männlicher Heranwachsender kann gar nicht groß genug eingeschätzt werden. Propaganda hieß die Kapelle und kam aus Düsseldorf, was einen auf eine diffuse Art stolz machte. Im Grunde genommen ist es aber bedeutungslos, ob man die erste Zeile des Hits noch kennt oder nicht, genauer gesagt, es ist scheißegal. Denn fürs Unesco-Weltkulturerbe reicht der Kram ohnehin nicht. Als wir uns die Propaganda-CD letztens aus Spaß nochmal reingetan haben, konnten wir den Synthiebrei keinen Song lang aushalten. Er war einfach nur schlecht. Komisch ist, dass die Nostalgier trotzdem nicht nachlässt. Kaum hat man gemerkt, dass ein Kindheits-Hit im Licht der Gegenwart von Schrott zerfällt, schwärmt man schon vom nächsten - der unterm Reality Check genauso zerbröseln würde. Es ist wie mit den alten Games, die wir immer rauskramen. Selbst das von uns so verehrte Impossible Mission schrumpft »am Ende des Tages« - wie es der Nickmeister ausdrücken würde - auf zwei Dinge zusammen. Jump und Run. Plus ein Puzzlespiel, das kein Mitglied der menschlichen Rasse jemals interessiert hat. Deshalb zockt es sich heute so zäh. Das Spiel ist zwar dasselbe. nur der Mensch am Joystick nicht. Sind meine Augen überhaupt schon auf? Es ist so dunkel. und so ruhig. Die Klimaanlage kann völlig ungestört vor sich hinbrummen, nicht mal ein Trucker, der möglichst früh auf dem Bock sitzen will, lässt seinen Kenworth einen Meter vor dem Motelzimmer warmlaufen. Hat die Null-Sterne-Absteige doch noch ihre Vorteile. In zwei Stunden geht unsere elektronische Schleichfahrt also weiter. Vielleicht sollten wir eine falsche Fährte legen, um unsere Verfolger abzuschütteln. Wir könnten zum Beispiel an der Tanke mein Telefon anschalten und es bei irgendeinem fremden Pick-up auf der Ladefläche deponieren. Dann würden die Bluthunde von der Datacorp hinter dem herhetzen. Klingt zu einfach. Vermutlich würde der Beifahrer diese Idee in einer Nanosekunde zerlegen und mich als totalen Kindergarten-Agenten entlarven. Warum muss er immer recht haben? Warum muss er überhaupt immer alles haben? Wenn er wenigstens ein Angeber wäre, dann könnte man ihn einfach hassen. Aber nein, er muss ja so wahnsinnig gut und bescheiden sein - und kriegt trotzdem alles. Keine Frage: Nick hat die Dinge im Griff, oder zumindest tut er so, als hätte er sie im Griff, auch jetzt, auf unserer Dienstreise.
    »Ist doch alles glattgegangen mit dem Hubschrauber«, würde er sagen, wenn ich ihn drauf anspreche. Ja, alles ganz easy, nur ein bisschen Flug-Nerdwissen ausspielen, und schon müssen die Bösen abdrehen. Aber glaubt er wirklich, dass die Sache hier gut ausgeht jetzt, wo es keinen John mehr gibt, der uns den Rücken frei hält? Shaun und die anderen hungrigen Karrieristen in der Company werden doch über Leichen gehen, um das Tape in die Hände zu kriegen. Und selbst wenn wir die Sache durchstehen: Wie geht es danach weiter, im Leben nach der Datacorp? Vielleicht fällt dann ja ein Krümel von seinem Glückskeks für mich ab, wäre echt höchste Zeit. Es würde völlig reichen, wenn mal eine Frau hinter der Schiebetür am Flughafen auf mich wartet. Sie muss kein Schild mit »Kee« drauf hochhalten, ein Blumenstrauß reicht. Das wär's. Nick raschelt weiter. Gute Nacht, John-Boy. Du weißt doch, Alter, dass ich's dir in Wirklichkeit gönne.

#25 T-3: 21:44
    Komm schon: Gib doch zu, dass du es brauchst, du Stück! Du brauchst mal wieder ein ordentliches Gerät! Eine geschlagene Stunde friemelt Nick jetzt schon am Autoradio rum. Erst mal hat er alle Sender auf Mittelwelle durchgescannt - mit dem üblichen Ergebnis: Entweder kreischen irgendwelche

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