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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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kennen gelernt hatte und dass wir dort versuchen würden, das Tape auszulesen. Also musste er nur noch ein Motel finden, das möglichst nah am Bruderhof liegt, und auf dem Parkplatz den Mietwagen aus Denver lokalisieren. Für Profis kein Problem, schließlich kann man die Rentals leicht an den kleinen Strichcodes hinter der Windschutzscheibe erkennen. Und um die Zimmernummer zum Wagen herauszufinden, reicht in der Regel ein kleines Gespräch mit dem Motelbesitzer. Clever, unser Chef. Stolz präsentiert der Beifahrer unsere Ausdrucke. John lässt den Daumen wohlwollend über die Ecken der Blätter gleiten.
    »Die Daten vom Tape? Great! We'll get that OCR'd.«
    Optical Character Recognition - er will die Seiten also einscannen lassen, um so an die Daten zu kommen. Major Tom macht trotz seines ramponierten Äußeren einen zufriedenen Eindruck. Er beginnt, die Papiere zwischen seinen Beinen zusammenzurollen, während er die Hintergrundstory runterrattert.
    »Die Sache ist so: Die amerikanische Regierung hat ein kleines Problem mit ihren, äh, National Technical Means of Verification.«
    Er zögert kurz. Dann fällt ihm wohl ein, dass wir längst wissen, welchen Zweck die Daten auf dem alten Band haben und dass es gar keinen Grund mehr gibt, irgendwelche Tarnworte zu benutzen. Also schaltet er auf Klartext um.
    »Es scheint ein Problem mit einem alten Satelliten der Keyhole-Serie zu geben ...«
    Seine Geschichte klingt unglaublicher, als Nick sie sich jemals hätte ausdenken können. Und das will echt was heißen.

#42 T-2: 04:49
    Hat er gekokst? Oder vielleicht Speed eingeworfen? Genau, dazu würde sein Verhalten passen: Erst quasselt er hyperselbstbewusst herum, als ob er drei Meter groß und kugelsicher wäre, und im nächsten Moment klingt er jammerig wie ein Selbstmordkandidat. Wahrscheinlich sind daran nur die Medikamente schuld, mit denen sie ihn im Krankenhaus vollgepumpt haben. Erstaunlich, was das Zeug aus einem souveränen, ja übermenschlichen Mann macht. Jedenfalls ist es schwierig, aus Johns wirrem Gefasel herauszuhören, worum es geht, zumal er ständig zwischen Englisch und Deutsch wechselt. Trotzdem hält das Nick nicht davon ab, strebermäßig jeden seiner Sätze mit einem »klar« oder »hm-hm« zu quittieren. Nur eine Sache kommt klar rüber: Die Kacke ist am Dampfen. Einer der Aufklärungssatelliten, die die Amis Anfang der Achtziger hochgeschossen haben, reagiert nicht mehr auf die Kommandos der Bodenstation. Als Zwangsempfänger von Sput-Nicks gesammelten Nasa-Dönekes weiß ich natürlich, dass das ständig passiert und andauernd irgendwelche antiken Satelliten in den Zombie-Modus verfallen. Doch die allermeisten stürzen dann einfach nur ab oder verglühen in der Atmosphäre. Keyhole 11/9 scheint anders zu sein. Das fliegende Teleskop taumelt da oben durch die Dunkelheit und wird in wenigen Stunden mit einem anderen Satelliten zusammenstoßen. John schaut auf seine Uhr, eine teure Breguet.
    »Es bleiben nur noch ungefähr zwei Tage, um den Satelliten auf eine sichere Flugbahn zu bringen - sonst droht eine Kollision.«
    Nick setzt seine verständnisvolle Das-Ende-der-Welt-ist-nah Miene auf.
    »Reden wir hier über einen Event der Klasse Cosmos-Iridium?«
    »Im besten Fall ... «, orakelt John und setzt die Flasche an. Seine stecknadelkopfgroßen Pupillen rasen die Decke entlang und bleiben am Rauchdetektor hängen. Nick nutzt die Pause, um mir eine Erklärung zuzuraunen.
    »Ende der Nuller ist ein alter russischer Cosmos-Kommunikationssatellit mit einem der Teile von Iridium zusammengestoßen - du weißt schon: Über diese Dinger laufen die Satellitentelefone mit den klobigen Antennen. Jedenfalls hat niemand die Kollision kommen sehen -und Boom«, er schlägt die Fäuste zusammen, »auf einmal waren zweitausend Trümmerteile mehr im Orbit unterwegs, die andere Satelliten oder die ISS in Stücke hätten blasen können. Die Folge wären weitere Kollisionen, die weitere Trümmerteile produzieren, die weitere Kollisionen verursachen, und so weiter.«
    Sein Zeigerfinger fährt aus.
    »Du musst immer dran denken: Alles, was da oben rumfliegt, ist so schnell wie eine Gewehrkugel; da wirkt ein zehn Zentimeter großer Splitter wie sieben Tonnen Sprengstoff. Und jetzt stell dir mal vor, dass die Trümmer von Keyhole 11/9 einen oder mehrere GPS-Satelliten wegputzen: Sofort wäre alles außer Gefecht gesetzt - Schiffe, Lkw-Flotten, automatische Containerbrücken. Die Erde würde stillstehen.«
    John nickt vor

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