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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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früher einmal beschaulichen Täler. An manchen Stellen schrappt die Straße so dicht an den steilen Felswänden vorbei, dass immer wieder kleine Brocken auf die Standspur regnen. John ist kein Idiot. Er weiß, dass die Strecke das perfekte Revier für jeden jungen Highway-Bullen ist, der mal seine Radarpistole antesten will - kurvig, unübersichtlich und mit ständig wechselnden Tempolimits. Und wer erwartet schon um halb zwei nachts eine Kontrolle? Deshalb befolgt er penibel jedes Schild, bremst brav vor jeder Kurve runter, lässt jedes Auto, das auch nur halbwegs schneller ist, sofort vorbei. Nur nicht auffallen, so kurz vor dem Ziel. Ob wir wohl reden dürfen? Mal probieren. Ich stupse Nick an.
    »Und?«
    Kurz die Luft anhalten - nein, Johns Nacken zwei Reihen vor uns bewegt sich nicht; es scheint ihm egal zu sein, was wir machen, solange der Job erledigt wird. Seit wir eingestiegen sind, hat er kein Wort mehr verloren. Gespenstisch. Erstaunlich, wie konzentriert er fährt, und das ohne Schlaf. Wahrscheinlich hat er wirklich was eingeworfen, so wie die Typen in Gladbeck. Nick schüttelt gedankenverloren den Kopf, ohne seinen Blick von den Ausdrucken zu lösen. Von meinem Platz aus ist nur eine Wüste aus zweistelligen Hexadezimal-Zahlen zu erkennen, völlig unverständlicher Salat. FB 12 BB FB 34 AB OB DO CD 7B 3B 76 30 00 oder so.
    »Alter, wo soll ich anfangen?«, murmelt Nick resigniert. „Ich hab doch keine Ahnung, was für ein Prozessor in einem Spionagesatelliten aus den Achtzigern steckt! Oder was so ein Fluglageprogramm macht.«
    Okay, dann sollte ich ihn besser nicht weiter stören. Wie schön wäre es, in diesem Moment etwas beitragen zu können, einen »sachdienlichen Hinweis« geben können, wie es bei Ede Zimmermann immer hieß? Doch mir bleibt nichts zu tun, als aus dem Rückfenster zu schauen, auf das erste Grau des Morgens am Horizont zu warten - und darauf, dass Nick eine zündende Idee hat. Ich bin nur noch der Beifahrer des Beifahrers, absolut nutzlos. Im Prinzip war mir schon immer klar, warum sich Nick mit mir abgibt: weil er durch und durch Nostalgiker ist. Für ihn kann das einzig Wahre nur in der Vergangenheit liegen. Er will die alten Rechner, die alten Charthits, die alte Flamme -und den alten Freund. Ich gehöre zum Betriebssystem seiner Jugend und bin deshalb unersetzlich. Was John wohl bei der Sache verdient? In meinem Kopf ist der Deal ganz simpel, wie eine Story aus einem alten Jerry-Cotton-Heftchen - eigentlich die einzige Prosa, der ich mit meinem Vorabendserien-Gucker-Hirn immer problemlos folgen konnte. Also, John sagt: »Liebes NRO, klar besorgen wir euch die prähistorische Software, die euer Satellit braucht. Und sicher, wir entfernen auch die Fehler. Allerdings nur, wenn vorher eine Summe X auf meinem Konto bei der Great Caiman Bank eingeht.«
    Dann bringt er die Idioten aus Germany dazu, das Tape auszulesen und das Debugging zu übernehmen. Und damit die auch bis zum Schluss mitspielen, nimmt man die Familie des Superhirns ins Visier, als Druckmittel für Notfälle. Elegant, das passt wieder. Schließlich würde sich ein weißer angelsächsischer Protestant wie Major Tom niemals dazu herablassen, so etwas Unkultiviertes zu tun wie uns eine Waffe an den Kopf zu halten, um zu kriegen, was er will. So was tun nur Proleten aus Gladbeck. Natürlich gäbe es einen ganz einfachen Weg, diese Sache hier zu beenden, doch das würde selbst Nick mir niemals verzeihen. Auf einmal wird der Beifahrer unruhig. Er sortiert hektisch die zweite Seite nach oben, dann die dritte, dann holt er wieder die erste nach vorne, so, als vergleiche er die Zahlenkolonnen miteinander. Je mehr er raschelt, desto schneller wippt sein Knie auf-und ab. Klare Sache, er wittert was. So aufgekratzt war er das letzte Mal, als die ersten Szenen aus »Episode 1« im Netz auftauchten und auf dem Cover von Wired stand: »Believe the Hype!«
    Hoffentlich wird die Enttäuschung diesmal nicht so schlimm. Er zögert nochmal kurz, dann schiebt er die erste Seite der Ausdrucke rüber.
    »Alter, das isses!«, platzt er heraus. Irgendwas scheint ihn so aufzuwühlen, dass er sogar vergisst, weiter in Beichtstuhl-Lautstärke zu reden. Johns nass geschwitzte Nackenfalte zuckt beim überraschend lauten »Alter« kurz, doch er dreht sich nicht um.
    »Was ist was?«, flüstere ich rüber.
    »Der Code! Ich weiß, für welchen Prozessor der ist. Das gibt's ja nicht ...«
    »Spuck's aus.«
    »Erinnerst du dich noch an die RCA Studio

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