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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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einen Herzfehler. Außerdem gab's vorher - glaube ich - auch schon einen Toten; das Ganze ist also eine klassische Medienstory. Heute stirbt doch fast wöchentlich irgendein Irrer in Südkorea, weil er drei Tage am Stück vor Starcraft gehockt hat. Ich glaube nicht, dass solche Dinge irgendeine Bedeutung haben.«
    Damit liegt Nick ganz und gar nicht auf meiner Wellenlinie. Und weil er das genau weiß, lässt er keine Gelegenheit aus, zu betonen, dass er die Geschichte für eine wirre Aneinanderreihung von Zufällen hält, die allenfalls von einer großen FBI-Megaverschwörung zusammengehalten wird. Ich dagegen glaube fest an historische Wendepunkte, an denen viele Dinge, die eine Periode ausmachen, gleichzeitig eine neue Richtung bekommen. Musik, Filme, Spiele. Solche Kreuzungen erkennt man natürlich erst im Rückspiegel, aber dann umso deutlicher.
    »Ich denke, der Umschwung kam 1986; das würde ja auch zu deiner Double Dragon-Theorie passen. Challenger, Tschernobyl, Sandoz ...«
    »... nicht zu vergessen The Final Countdown von Europe«, grinst Nick. Unwillkürlich muss ich lachen.
    »Alter, du nimmst mich einfach nicht ernst. Aber 1986 war einfach Schluss mit lustig, schau dir mal die Videogames vor-und nachher an: Ein Jahr vorher kam noch ein Harmlos-Titel wie Ghost'n'Goblins raus - und danach ein Hammer wie N.A.R.C., wo der Held durch eine urbane Wüste voller Junkies, Dealer und Killer läuft, die ihn mit gebrauchten Spritzen bewerfen.«
    Nick scheint noch nicht ganz überzeugt zu sein.
    »Stimmt schon, das war natürlich ein echter Kontrast zu dem entspannten Gameplay von Missile Command, wo im Sekundentakt die russischen Interkontinentalraketen auf dich runterregneten.«Touché. Schätze, mein Versuch, 1986 zum Brennpunkt der jüngeren Geschichte hochzustilisieren, war wohl geleitet von einschneidenden persönlichen Erfahrungen in diesem Jahr. Immerhin hat Nick langsam seine Sprache wieder gefunden, und nach einigen Schnorchelzügen aus seinem Frappuccino unterbreitet er seine eigene Theorie der Dinge: »Wenn du unbedingt den Zeitgeist da mit rein ziehen willst, halte ich Tetris für die bessere Wahl ...«
    »...was ja auch 1986 rausgekommen ist.«
    »Ja, aber nur für den damals noch elitären IBM-PC. Alle anderen Ports erschienen später, kurz vor der Wende. Wir reden also von einem Spiel, das ein russischer Ingenieur, Alexey Pajitnov, erfunden hat, und das kurz nach dem Fall der Mauer ...«
    »... die bekannterweise hauptsächlich aus den länglichen I-Stangen und O-Blöcken bestand ...«.
    bringe ich ihn aus dem Konzept. Nick lacht. Ich versuche, ihn wieder auf die Schiene zu setzen: »Was du sagen willst, ist, dass Tetris den Kommunismus zum Einsturz gebracht hat?«
    »So ungefähr.«
    Klingt plausibel.
    »Auf Tetris als Ende der Goldenen Ära können wir uns einigen«, fasse ich zusammen.
    »Das haben zum ersten Mal ganz andere Leute gezockt. Bis dahin waren Spiele ja Kinderkram. Für die Eltern waren Games reines Teufelszeug, das obendrein eine Sehnenscheidenentzündung hervorrief. Tetris hat diese Grenze niedergerissen, weil ab da einfach jeder gespielt hat. Ich weiß noch, als ich meinem Dad Weihnachten' 90 einen Gameboy geschenkt habe - danach hat er praktisch die gesamten Feiertage durchgezockt. Meine Mutter meinte noch, ich solle ihm nie wieder so etwas schenken.«
    Gerade als Nick etwas sagen will, klingelt sein Telefon. Hektisch zupft er es aus der Brusttasche seiner Jacke und rennt zum Starbucks rein. Nach seinem hocherfreuten »Hi! « zu urteilen, scheint es keinen Todesfall zu geben.

LEVEL 23
    Nach dem Reinfall mit Pak-Mann von gestern haben wir uns entschlossen, heute eine Spielhalle zu besuchen, die garantiert noch nicht dichtgemacht hat - die Playland Arcade auf dem Pier in Santa Monica. Der Laden ist Sommerurlaub pur: In den Joysticks knirscht der Sand, Sonnenöl schliert über die Monitore, und die meisten Bildschirme flackern, weil die Salzwasserluft im Laufe der Zeit die Lötstellen auf den Platinen angeknabbert hat. Trotzdem ist auf das Playland Verlass: Der hölzerne Verschlag zwischen dem Parkplatz und der Mini-Achterbahn an der Spitze des Piers hat immer alle Klassiker da, wenn auch gut versteckt. Denn die besten Plätze, direkt vorne am Eingang zum Pazifik hin, sind für die neuesten Geräte reserviert. Hier blamieren sich schon jetzt, um zehn Uhr morgens, die ersten mexikanischen Teenager auf Dance Dance Revolution, Teil XXVI oder so. Weiter drinnen stehen die älteren Renn-und

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