Extrem: Die Macht des Willens (German Edition)

die von der Distanz fast identisch mit der alten war, jedoch um einiges berechenbarer erschien als die ursprüngliche Strecke. Gemeinsam kommunizieren, gemeinsam diskutieren und gemeinsam Kompromisse finden, das waren die entscheidenden Attribute an diesem Abend in San Pedro wie auch während des gesamten weiteren Laufprojektes.
    Was ich bei diesem Abenteuer gelernt habe, war, dass man alleine langfristig nicht zum Erfolg kommt. In mir wohnen zwei Typen: der Einzelkämpfer und der Teamplayer, die unterschiedlich ausgeprägt sind. Ich würde mich als individualistischen Teamplayer bezeichnen. Individualistischer Teamplayer − können Sie sich mit diesem Begriff anfreunden? Individualität finde ich nach wie vor ungemein wichtig und erfolgsentscheidend. Und wenn man seine Individualität und Andersartigkeit in ein Team miteinbringt, damit jeder davon profitieren kann, ist das doch viel effektiver, als wenn alle Teammitglieder gleichgeschaltet sind, sich immer anpassen und bei jeder wichtigen Entscheidung nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner kommen. Ein Team ist umso erfolgreicher, je unterschiedlicher die Gruppe zusammengesetzt ist und je verschiedener die Meinungen und Ansätze der Gruppenmitglieder sind. Gegensätze ziehen sich bekanntermaßen an und diese Regel gilt auch bedingt für ein gut funktionierendes Team. Wenn selbst bei einer Individualsportart wie Laufen Teamspirit erfolgsentscheidend sein kann, wie sieht es dann erst im Berufsleben, im Studium oder in der Schule aus? Wie viele Aktivitäten vollbringen wir gemeinsam mit anderen Menschen? Bei wie vielen Situationen agieren wir nicht alleine, sondern im Team? Beim gemeinsamen Lernen auf eine Klassenarbeit. Teamwork. Beim erfolgreichen Abschluss einer großen Vertragsunterzeichnung. Teamwork. Wenn Mama und Tochter gemeinsam die Einkäufe erledigen. Teamwork. Wenn bei einem wichtigen Fußballspiel alle Spieler an einem Strang ziehen. Teamwork.
    Ein mongolisches Sprichwort sagt: „Mit einer Hand lässt sich kein Knoten knüpfen.“ Das gilt im Sport wie auch im Berufs- und Alltagsleben.

Selbstmarketing oder wie man sich ins rechte Licht rückt
    „Selbstmarketing, das ist doch etwas für Leute, die im Rampenlicht stehen wollen. Menschen wie Dieter Bohlen, Reinhold Messner oder Franz Beckenbauer. Für mich als Arbeiter oder Angestellter spielt dieses Thema keine Rolle“, so hört man oft. Wirklich? Wie soll denn bitte Ihr Chef, Ihr Arbeitgeber, Ihr Traumpartner auf Sie aufmerksam werden, wenn keiner von Ihnen und Ihren Qualitäten weiß? Wenn Sie Ihr Licht unter den Scheffel stellen? Wenn Sie nur im stillen Kämmerlein sitzen und keiner mitbekommt, was für eine tolle Frau oder was für ein toller Kerl Sie sind? Sie können das beste Produkt auf der Welt haben, wenn kein Mensch von dessen Existenz weiß, wird es auch keiner kaufen. So einfach ist das. Ein bisschen Marketing in eigener Sache kann niemandem schaden. Einfach nur gut zu sein, genügt heutzutage nicht. Der Leistungssport dient dafür wieder als Paradebeispiel. Es gibt Tausende von hochbegabten Fußballspielern, die sich auf einem ähnlichen Leistungslevel befinden. Doch wie viele schaffen es tatsächlich, ganz nach oben zu kommen? Jeder Fußballfan kennt Beckham, Zidane, Figo oder Ballack, aber wie viele Spieler gibt es, die fast genauso gut das runde Leder bedienen können und die niemand groß beachtet? In anderen Bereichen bewerben sich mehr als hundert hochqualifizierte Absolventen um eine Stelle. Wer macht das Rennen?
    Einfach nur Leistung zu bringen, reicht heutzutage nicht mehr aus. Es ist entscheidend, diese auch zu zeigen und zu kommunizieren, um erfolgreich sein zu können. Studien haben bewiesen, dass die Leistung nur zu zehn Prozent darüber entscheidet, ob jemand befördert wird. Die Selbstdarstellung macht hingegen ganze dreißig Prozent aus (Kontakte und Beziehungen sind übrigens zu sechzig Prozent am Erfolg beteiligt). Sie können noch so weit laufen, das größte Talent aller Zeiten sein, an der besten Universität studieren und die beste Leistung erbringen: Wenn Sie sich und Ihre Leistung nicht vermarkten, bleibt der große Erfolg aus.
    Das wurde mir nach den ersten Jahren in meiner Laufkarriere bewusst. Ich hatte gerade meine ersten Ultramarathons absolviert. Niemand hat sich für mich und meine sportlichen Leistungen interessiert. Okay, meine Familie und meine Freunde. Selbst als ich an den anspruchsvollsten Laufveranstaltungen der Welt teilnahm, nahm die Öffentlichkeit