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Extrem: Die Macht des Willens (German Edition)

Extrem: Die Macht des Willens (German Edition)

Titel: Extrem: Die Macht des Willens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Bücher
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Gepäcktransport vom Veranstalter gestellt. Des Weiteren ist die Strecke markiert und genau beschrieben. Als Athlet kannst du dich voll und ganz auf dich und das Rennen konzentrieren und musst im Prinzip nur noch laufen. Bei der Atacama Challenge war dies anders. Dort existierte keine präparierte Strecke, es gab keine festen Versorgungsstationen und es kamen nur selten Übernachtungsmöglichkeiten. Der Faktor „Unbekannt“ war hier um einiges größer. Deshalb war beim Wüstenlauf eine lange Planungsphase erforderlich, die eine Person alleine gar nicht hätte bewältigen können. Wie sieht die genaue Route aus? Wo gibt es Wasser und Benzin auf der Strecke? Auf welcher Höhenlage bewegen wir uns jeweils? In welchem Zustand sind die Schotterpisten? Auf welche Weise stellen wir in der Wüste die Kommunikation sicher? Wie hoch sind die Temperaturen im Mai bei Nacht und am Tag? Was sind die Anforderungen an das Begleitfahrzeug? Benötigen wir Genehmigungen? Welche Mindestreserve an Wasser und Benzin müssen wir zu jeder Zeit dabei haben? Ist ein Training in der Höhenkammer erforderlich? Fragen über Fragen. Die Beantwortung dieser Fragen setzte Teamwork voraus.
    In der Wüste wäre ich ohne eine adäquate Versorgung, den Transport der Ausrüstung und all die aufmunternden und motivierenden Worte nicht weit gekommen. Eigene Ansprüche der Teammitglieder wurden zurückgestellt und man konzentrierte sich auf die gemeinsamen Interessen und den erfolgreichen Ausgang des Projekts. Das bedeutete, dass Christian und Benjamin oft stundenlang geduldig an einem Standort ausharrten, bis ich zu ihnen in meinem Lauftempo aufschloss. Sie hätten in dieser Zeit auch die Landschaft auf eigene Faust erkunden oder sich einfach nur entspannen können. Das bedeutete auch, dass mein Team häufig Aufgaben wie Zeltabbauen oder Lageraufbauen übernahm, die auch in meinen Bereich fielen, von mir aber wegen Erschöpfung nicht mehr ausgeführt werden konnten. Benni und Christian waren in der Wüste für mich Freunde, Motivatoren, Seelentröster, Zuhörer, Logistiker, Fahrer und Köche in einer Person.
    Ein wichtiger Punkt bei solchen Projekten ist natürlich jedes Mal die Dokumentation. Für die Auswertung des Projektes in den Medien und für meine Vorträge benötige ich qualitativ hochwertiges Bild- und Videomaterial, durch das ich meinen Lebensunterhalt bestreite. Da ist es für mich entscheidend, mit Christian einen Partner an meiner Seite zu wissen, der intuitiv meine Bedürfnisse erkennt und die jeweiligen Situationen und Ereignisse wie selbstverständlich foto- und filmtechnisch festhält.
    Natürlich waren nicht die gesamten zwei Wochen über nur Friede, Freude, Eierkuchen. Das funktioniert nicht, wenn man 24 Stunden lang in der Wüste bei extremen Bedingungen ununterbrochen zusammen ist. Dann treten auch Meinungsverschiedenheiten auf. Das ist ganz normal und gut so. Wenn man zu allem Ja und Amen sagt, kann man in meinen Augen nicht von Teamspirit sprechen. Ich erinnere mich noch gut an den Abend in San Pedro de Atacama. Wir hatten gerade die fünfte Etappe absolviert und einen Stopp in diesem reizvollen Wüstendorf eingelegt. Christian und Benjamin hatten Bedenken wegen der weiteren Streckenführung. Unsere Funkgeräte hatten schon nach den ersten Etappen ihren Geist aufgegeben und damit standen wir vor einem ernsthaften Problem. Zudem befand sich auf unserem GPS-Gerät nicht die Karte, die wir für den weiteren Streckenverlauf dringend benötigten. Ihrer Meinung nach war die geplante Route ohne dieses Equipment zu gefährlich. Ohne Frage, wir befanden uns in einer kritischen Situation. Wir hatten eine enorm wichtige Entscheidung zu fällen, die den weiteren Verlauf dieses Projekts erheblich beeinflusste. Den ganzen Abend besprachen wir sehr intensiv die möglichen Alternativen. Zum ersten Mal während des Laufs saßen wir über mehrere Stunden zusammen und diskutierten miteinander. Dabei kamen auch Themen zur Sprache, die sich in den ersten Tagen des Laufs angestaut hatten. Dieses Gespräch in San Pedro de Atacama stellte sicherlich den wichtigsten Tag während des gesamten Projekts dar. An diesem Abend wurde mir klar, dass wir ein gutes Team sind, dass wir menschlich zueinander passten, dass wir offen und ehrlich auch über unangenehme Dinge sprechen konnten, faire Diskussionen führten und auch bei wichtigen strategischen Entscheidungen weiter an einem Strang zogen. Nach sorgfältiger Recherche vor Ort kamen wir auf eine neue Route,

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