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Extrem laut und unglaublich nah

Extrem laut und unglaublich nah

Titel: Extrem laut und unglaublich nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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Bildhauerei bestand im Grunde darin, mich immer wie der in die richtige Position zu bringen. Ich war seine Skulp tur. Er versuchte, mich so zu gestalten, dass er sich in mic h verlieben konnte .
    Er drückte meine Beine auseinander. Seine Hände legten sich sanft auf die Innenseiten meiner Schenkel. Ich drückte meine Schenkel zusammen. Er drückte sie auseinander.
Im Nebenzimmer zwitscherten Vögel.
Wir suchten einen Kompromiss, mit dem wir leben konnten. In der nächsten Woche hielt er meine Beine von hinten, und in der übernächsten war er hinter mir. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mit jemandem schlief. Ich fragte mich, ob er das wusste. Ich hätte am liebsten geweint. Ich fragte mich: Warum schlafen die Menschen miteinander?
Ich sah die unvollendete Skulptur meiner Schwester an, und das unvollendete Mädchen erwiderte meinen Blick.
Warum schlafen die Menschen miteinander?
Wir gingen zusammen zur Bäckerei, in der wir uns damals begegnet waren.
Zusammen und jeder für sich allein.
Wir setzten uns an einen Tisch. Auf dieselbe Seite, mit Blick auf die Fenster.
Ich musste nicht wissen, ob er mich liebte.
Ich musste wissen, ob er mich brauchte.
Ich schlug in seinem Buch die nächste leere Seite auf und schrieb: Bitte heirate mich.
Er betrachtete seine Hände.
JA und NEIN.
Warum schlafen die Menschen miteinander?
Er nahm seinen Stift und schrieb auf die nächste und letzte Seite: Keine Kinder.
Das war unsere oberste Regel.
Einverstanden, erwiderte ich auf Englisch.
Wir sprachen nie wieder Deutsch miteinander.
Am nächsten Tag heirateten dein Großvater und ich.

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DAS EINZIGE TIER
    Das erste Kapitel von Eine kurze Geschichte der Zeit las ich, als Dad noch am Leben war, und ich bekam superschwere Bleifü ße, als ich begriff, wie relativ unbedeutend das Leben ist und dass mein Dasein, gemessen am Universum und gemessen an der Zeit, eigentlich gar nichts wert war. Als Dad mich an diesem Abend richtig gut zudeckte und wir über das Buch sprachen, fragte ich ihn, ob er nicht eine Lösung für das Problem wisse. »Welches Problem?« »Das Problem, dass wir eigentlich so unbedeutend sind.« Er sagte: »Gut – was wäre, wenn dich ein Flugzeug mitten in der Sahara absetzte und du dort ein einziges Sandkorn mit einer Pinzette um einen Millimeter verschieben würdest?« Ich sagte: »Vermutlich würde ich jämmerlich verdursten.« Er sagte: »Ich meine den Moment, in dem du das Sandkorn verschiebst. Was würde er bedeuten?« Ich sagte: »Keine Ahnung. Was denn?« Er sagte: »Denk darüber nach.« Ich dachte darüber nach.»Ich denke mal, dann hätte ich ein Sandkorn verschoben.« »Was bedeuten würde?« »Was be deuten würde, dass ich ein Sandkorn verschoben hätte?« »Was bedeuten würde, dass du die Sahara verändert hast.« »Echt?« » Echt ? Die Sahara ist eine riesige Wüste. Und sie existiert seit Millionen von Jahren. Und du hättest sie verändert!« »Stimmt«, sagte ich und richtete mich auf. »Ich hätte die Sahara verän dert!« »Und das würde bedeuten?«, fragte er. »Was denn? Ver rat es mir.« »Ich rede nicht davon, die Mona Lisa zu malen oder Krebs zu heilen. Ich rede davon, dass man ein Sandkorn um einen Millimeter verschiebt.« »Ja?« »Wenn du es nicht getan hättest, wäre die Menschheitsgeschichte auf die eine Art ver laufen …« »Hmhm?« »Aber du hast es getan, also …?« Ich stell te mich auf mein Bett, zeigte auf die Sterne, die unter der Zimmerdecke klebten, und schrie: »Ich habe den Lauf der Menschheitsgeschichte geändert!« »Ganz genau.« »Ich habe das Gesicht des Universums verändert!« »Sehr richtig.« »Ich bin Gott!« »Du bist Atheist.« »Ich existiere überhaupt nicht!« Ich ließ mich wieder aufs Bett fallen, genau in seine Arme, und wir mussten beide lachen.
    So ähnlich fühlte ich mich, als ich beschloss, alle New Yor ker namens Black aufzusuchen. Obwohl die Sache ziemlich unbedeutend war, war sie immerhin etwas, und ich musste et was tun, wie Haie, die sich ständig bewegen müssen, weil sie sonst sterben, darüber wusste ich Bescheid.
    Wie auch immer.
    Ich beschloss, die Namen in alphabetischer Reihenfolge abzuarbeiten, von Aaron bis Zyna, obwohl es natürlich praktischer gewesen wäre, sie nach Bezirken zu ordnen. Außerdem beschloss ich, meine Mission zu Hause so gut wie möglich zu verheimlichen und außer Haus so ehrlich wie möglich zu sein, denn genau das war erforderlich. Wenn mich Mom also fragte: »Wo willst du hin und wann bist du wieder

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